Tiefkühlspezialist Iglo macht bei Erbsen auf besseres Bio
Ohnehin schon Corona-Krisengewinner, könnte Tiefkühlspezialist Iglo mit FLEISCH-ERSATZ aus Erbsen erneut einen Coup landen.
FELIX FRÖHNER, IGLO. "Wir haben zwar schon 35 Prozent Marktanteil, aber das bedeutet für uns nur, dass noch weitere 65 Prozent zu holen sind."
Als die Corona- Hamsterkäufer ihre Einkaufswagerl in den Supermärkten füllten, gehörten die drei T zu den begehrtesten Produktgruppen: Toilettenpapier, Teigwaren und Tiefkühlprodukte. Ganz besonders rasch leerten sich die Iglo-Meter in den Kühltruhen. "Während der drei Monate hatten wir 20 bis 25 Prozent mehr Umsatz im Lebensmittelhandel", freut sich Felix Fröhner, Geschäftsführer der Österreich-Tochter des internationalen, über die Mutter Nomad börsennotierten Lebensmittelkonzerns.
Jetzt könnten indirekte Corona-Effekte den Erfolgslauf des werbestarken Marktführers (170,4 des insgesamt 535 Millionen Euro schweren Tiefkühlmarkts in Österreich wandern zu Iglo) noch prolongieren. Denn Fröhners nicht ganz zufällig jüngst gelaunchte Produktinnovationen passen zu zwei im Nachhall des Social Distancing ohnehin boomenden Küchentrends wie Ananas auf den Toast Hawaii.
Mit Starkoch Jamie Oliver als Testimonial einer ganzen neuen Sortimentsgruppe erleichtert man erstens den Lockdown-bedingt wachsenden Zwang, selbst in der Küche zu stehen. Und zweitens trifft die neue "Green Cuisine"-Range für Fleischersatzprodukte auf einen Vegan-Boom, der durch diverse Schlachthaus-Corona-Cluster in Deutschland und Österreich noch befeuert wird. Fröhner keck: "Wir haben zwar schon 35 Prozent Marktanteil, aber das bedeutet für uns nur, dass noch weitere 65 Prozent zu holen sind."
Iss was g'scheit's
Tatsächlich zählen Tiefkühlprodukte mit einem Plus von 11,6 Prozent seit 2016 schon lange zu den absoluten Wachstumsführern im Lebensmittelhandel. Iglo machte im selben Zeitraum sogar 15,4 Prozent.
Fröhner führt dafür neben Convenience und weniger Lebensmittelverschwendung vor allem Frischeargumente ins Treffen - immerhin stammen zwei Drittel seiner Produkte regional aus dem Marchfeld, Niederösterreich (10.000 Tonnen Gemüse und 3.500 Tonnen Erdäpfel): "Wir konzentrieren uns seit Jahrzehnten auf Nachhaltigkeit und Geschmack. Da haben wir in vielen Fällen geschmacklich sogar die besseren Produkte als die Biolandwirtschaft."
Freilich, echtes Bio ist für ihn kein Thema. Die zu erwartenden Ertragsverluste würden zusätzliche Zulieferer außerhalb des Marchfelds nötig machen - und das würde den Markenkern aushebeln.
Keine toten Tiere
Für die neuen Fleischersatzprodukte greift man allerdings ohnehin auf Zulieferungen aus Deutschland zurück. Statt des üblichen Soja oder Pilzmischungen kommt dabei Erbsenprotein zum Einsatz. Nicht zum ersten Mal in Österreich, so etwa ist das oberösterreichische Start-up VeggieMeat mit seiner Marke vegini schon seit Jahren mit ähnlicher Rezeptur in den Supermärkten vertreten.
Die Hülsenfrucht ist auch der geeignete Ausgangsstoff für alle, die zwar Fleisch schmecken, dafür aber keine Tiere töten wollen: viel Protein für ein anhaltendes Sättigungsgefühl, ein hoher Faseranteil. Und die Eigenschaft als Emulgator, um Gewürze ohne künstliche Zusatzstoffe binden zu können.
Und die nächsten Innovationen werden bereits angedacht. Etwa neue Rezepturen für eine extraknusprige Panade der Fischstäbchen - das meistverkaufte Produkt von Iglo. Oder auch neue Verpackungen samt "Nutrition Score", einer Lebensmittelampel, die auf einen Blick Gesundheitsaspekte signalisiert.
Grün, gelb, rot
Noch verbietet der Gesetzgeber Auszeichnungen dieser Art, auch die übrige Industrie ist skeptisch. Dennoch fordern viele Konsumentenschützer diese Transparenz, und Iglo würde auch durchaus mitgehen. Wohl in der Annahme, dass ohnehin die Mehrheit der 240 Produkte ein freundliches Grün bekommen würde.
Wie sehr die Corona-Krise mit ihren erzwungenen Verhaltensänderungen in Haus und Küche der frostigen Branche in die Hände gespielt hat, zeigt sich jedenfalls auch an den Werbeprospekten großer Elektrohändler, staunt selbst Iglo-Chef Fröhner: "Plötzlich waren Tiefkühler auf den Coverseiten der Flugblätter in Österreich abgebildet. Derartige Geräte sind normalerweise eher hinten versteckt."