Es könnte das Amargeddon der europäischen Banken werden: Die Reform der schon bisher strengen Kapitalmarktvorschriften "Basel IV". Am 28. und 29. November geht es daher um viel, wenn die letzten Details der Reform in einer letzten Runde diskutiert werden.
Über 100 Banken in der EU betroffen
In Europa wären 103 Banken von der Reform betroffen. Die geplanten Änderungen bezieht sich auf die sogenannten risikogewichteten Aktiva. Mit dieser Kennziffer wird das Risiko anhand des Volumen des Risikos und des Risikogewichts innerhalb einer Bank ermittelt. Auf Basis dessen wird dann die Höhe des vorgeschriebenen Eigenkapitals festgelegt. Dieses Vorgehen ist schon bisher die Grundlage sämtlicher Basel-Verträge. Nur dass jetzt soll die Latte für die nötige Eigenkapitaldeckung von Risiken noch einmal deutlich höher gelegt werden soll.
Bis zu 65 Prozent steigende Risikounterlegung möglich
Demnach könnte der Zuwachs bankintern notwendigen Deckung der Risiken auf 40 bis 65 Prozent steigen, warnt Philipp Wackerbeck von Strategy&, der Strategieberat von PwC. Zu den Risiken, die unterlegt werden müssen zählen das Kreditrisiko, Marktrisiko, operationelles Risiko, Kontrahenten-Kreditrisiko und Credit-Value-Adjustment-Risik.

300 Milliarden Euro notwendig, um Reformvorschriften zu erfüllen
Die neuerliche Verschärfung der Vorschriften dürfte europäische Banken vor massive Probleme stellen, dieses Geld aufzubringen. Eine Abschwächung der Vorschläge zur Vermeidung volkswirtschaftlicher Risiken gilt daher laut Philipp Wackerbeck von Strategy& als wahrscheinlich. Er rechnet letztlich mit einem Anstieg des Kapitalbedarfs von 10 bis 20 Prozent.
40 Milliarden Euro Kapitalbedarf für österreichische und deutsche Banken
Der Kapitalbedarf dürfte dennoch groß sein. Strategy& geht von einem zusätzlichen Bedarf für die Banken in der EU von 300 Milliarden Euro aus. Zum Vergleich: Europäische Banken weisen bisher, aufgrund intensiver Nutzung interner Risikomodelle, nur rund die Hälfte des durchschnittlichen Risikogewichts amerikanischer Institute auf. "Großbanken werden wegen ihrer breiten Anwendung interner Modelle die Reform umso deutlicher spüren“, analysiert Andreas Putz, Geschäftsführer bei Strategy& Österreich. Der zusätzliche Kapitalbedarf der österreichischen und deutschen Banken beläuft sich nach der Strategy&-Analyse des aktuellen Diskussionsstandes und bei einer abgeschwächten „Basel IV“-Reform auf bis zu 40 Milliarden Euro.

Austro-Banken vor neuer Spar- und Kündigungswelle?
Banken in Österreich und Deutschland bekommen die Auswirkungen unter anderem aufgrund ihrer hohen Kreditvolumina an Firmenkunden besonders zu spüren. Hinzu kommt das Niedrigzinsumfeld, das derzeit Banken das Geldverdienen schwer macht. "Geschäftsmodelle vieler Banken werden bestenfalls stagnieren, die Kosten werden deshalb weiter gesenkt werden müssen", stellt Wackerbeck klar.
Negative Auswirkungen auf Firmenkredite und die gesamte Volkswirtschaft
Die Prognosen lassen es an eindeutigen Aussagen nicht missen: "Zusätzliche Kapitalerfordernisse werden Banken aus eigener Kraft nicht mehr erwirtschaften können", ist Wackerbeck überzeugt. Eine weitere Folge: Risiken in den Bilanzen der Banken müssen abgebaut werden, wie etwa Kredite, deren Einbringlichkeit auf tönernen Füßen steht. Das dürfte vor allem Firmenkredite betroffen sein. Der Ausblick der Strategieberater ist damit auch für die gesamte Volkswirtschaft ernüchternd: "Der Abbau von Risikoaktiva wird negative Konsequenzen für die europäische Volkswirtschaft und die Finanzstabilität haben.