Bad Gastein: „Weit von einer Bettenburg entfernt“
Endlich wurden die neuen Umgestaltungspläne für das Zentrum des traditionsreichen Kurorts Bad Gastein präsentiert - die Aufmerksamkeit galt aber vor allem einem umstrittenen Zubau.
Gerhard Steinbauer, Bürgermeister Bad Gastein
„Am Straubingerplatz geht es rund“, sagt Bürgermeister Gerhard Steinbauer mit lachenden Augen. Denn vor einigen Wochen sind im jahrzehntelang vom Verfall geprägten Ortszentrum von Bad Gastein die Baumaschinen aufgefahren. Die Bau- und Renovierungsarbeiten beim historischen Gebäudeensemble am Straubingerplatz, direkt am berühmten Wasserfall von Bad Gastein, haben begonnen: Das Hotel Straubinger, das Badeschloss und die Alte Post sollen bis Ende 2023 revitalisiert werden. Damit ist der Anfang vom Ende des „toten Zentrums“ (Steinbauer) im berühmten Kurort gesetzt.
Am 24. Februar traten nun Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer, die Projektbetreiber der Münchner Hirmer-Gruppe, das Wiener Architektenbüro BWM, die Salzburger Landeskonservatorin und Steinbauer an, um die Pläne zu präsentieren. Eine Summe „im mittleren zweistelligen Millionenbereich“ will Christian Hirmer investieren, um die Gebäude wieder in Stand zu setzen und ein Fünf-Sterne- (Straubinger) sowie ein Vier-Sterne-Superior-Hotel (Badeschloss) mit der zur Unternehmensgruppe gehörenden Hotel-Schiene Travelcharme zu betreiben.
35 Meter hoher Hotelturm
Das Hauptaugenmerk gilt aber derzeit dem Zubau hinter dem Badeschloss: ein 35 Meter hoher Turm, der 88 der insgesamt 150 Zimmer beherbergen soll. Schon im Vorfeld der Präsentation waren in sozialen Medien erste Fotografien von Entwürfen zirkuliert und hatten für Debatten gesorgt. Der 13-geschoßige Bau mit Lobby und einem Pool auf dem Dach überragt das Badeschloss markant und ist auch auf den offiziellen Renderings ein Blickfang. Die Fassade aus dunklem Kunststein – sandgestrahlter Fertigbeton – „soll felsenartig wirken“, führte Markus Kaplan von BWM-Architekten aus. Auf kritische Nachfragen antwortete der Architekt mit dem Hinweis: „In Bad Gastein hat es historisch immer Maßstabssprünge gegeben.“ In Summe sei das neue Ensemble mit 150 Betten aber „weit von einer Bettenburg entfernt.“

Rendering-Modell von Bad Gastein mit dem vieldiskutierten Hotel-Turm (im Kreis links vorne).
Trotz Pandemie und einer verzögerten Infrastrukturentwicklung im Ort will die Hirmer-Gruppe am Fertigstellungs- und Eröffnungstermin 2023 festhalten. Durch eine Umreihung der Projekte wird der geplante Fußgängertunnel zwischen Bahnhof bzw. Seilbahn und Ortszentrum erst drei Jahre später kommen und plangemäß jetzt 2026 fertig gestellt - der trend hat exklusiv darüber berichtet. „Das ist für uns natürlich nicht gegenstandslos“, kommentiert Hirmer-Projektleiter Daniel Eickworth den misslichen Umstand. Denn neben der verzögerten Anbindung sind auch Felssprengungsarbeiten bei laufendem Hotelbetrieb alles andere als wünschenswert. Eickworth beruft sich aber auf „Zusagen der Gemeinde, dass die großen Erdbewegungsarbeiten frühzeitig erledigt werden.“
Bürgermeister Steinbauer will sich jedenfalls die Vorfreude nicht nehmen lassen. „Das war die Initialzündung für weitere Projekte“, hofft er: „Einige sind ja schon im Kielwasser.“
Bad Gastein - Bad Regina
Autor David Schalko und sein neuer Roman "Bad Regina"
Der Kurort Bad Gastein lieferte auch die Vorlage für das fiktive "Bad Regina", dem Schauplatz des neuen, fünften Romans von Autor David Schalko.
Bad Regina ist ein düsterer Heimatroman. Ein chinesischer Immobilientycoon kauft darin eine Stadt in den Alpen auf und lässt sie zu einer Geisterstadt verfallen, die nicht einmal mehr für Dark-Tourism-Fans interessant scheint. Zwischen geschlossenen Hotels, verfallenem Kasino und leeren Lokalen fristen nur noch 46 Verbliebene ihren Alltag. Für Gesprächsstoff sorgen einzig die aufgenommenen syrischen Flüchtlinge. Bis Othmar, der von der Gicht gebeutelte ehemalige Betreiber des berühmtesten Partyklubs der Alpen, beschließt, dem chinesischen Investor einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Grotesken und fiese Pointe
Inspiriert vom Schicksal des einst mondänen Alpenkurorts Bad Gastein jagt Schalko den Leser durch einen düsteren zeitgenössischen Heimatroman voller grotesker Gestalten und mit fieser Pointe. Eine überbordende Geschichte über Familienverstrickungen, Rache, Hass und Neurosen, die sich zwischen Querverweisen und Zitaten von David Lynch über Thomas Bernhard bis zu Friedrich Dürrenmatt auch als eine über das Lebensgefühl in Europa lesen lässt.
Im Interview mit dem trend (Ausgabe vom 15. Jänner 2021) erklärt Schalko dazu: "Ich habe schon vor zwei Jahren zu schreiben begonnen. Die Idee gab es schon lange vor Corona, weil wir oft in Bad Gastein Urlaub gemacht haben und mich diese Atmosphäre fasziniert hat. Eigentlich liest sich "Bad Regina" wie eine Fortsetzung von "Braunschlag", fängt dort an, wo "Braunschlag" aufhört, nämlich in einer leeren Stadt. Und die Figuren sind nicht so unähnlich, nur im Alpinen angesiedelt. Aber das ist mir erst im Nachhinein aufgefallen."
DAVID SCHALKO "Bad Regina"
400 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, € 24,70