Start-ups und Finanzen: Der gläserne Kunde wird Realität
Unter "Fintechs" versteht man Start-ups, die mit neuen Technologien das Geschäft von Banken und Versicherungen auf den Kopf zu stellen. Nicht selten werden dabei auch die Daten der Kunden intensiv unter die Lupe genommen.
Datenschutzexperten warnen seit jeher vor einem dystopischen Szenario, in dem Versicherungen und Banken Daten potenzieller Kunden aus sozialen Netzwerken fischen, um daraus Rückschlüsse auf deren Bonität zu ziehen. Dieses Szenario wird nun Realität: Auf der Start-up-Konferenz Pioneers Festival in der Wiener Hofburg stellte sich das Unternehmen Big Data Scoring vor, das Daten aus dem Web für Banken auswertet, damit diese ein besseres Urteil über die Kreditwürdigkeit potenzieller Kunden treffen können.
Dazu werden unter anderem die Social Media-Profile unter die Lupe genommen, aber auch das Verhalten der User auf Websites: Wenn der Kunde beim Ausfüllen eines Kreditantrags bestimmte Felder im Nachhinein editiert, um eine bessere Bonität vorzutäuschen, dann merkt sich das System auch die ursprünglich eingegebenen Daten. Auch das verwendete Endgerät und der Browser fließen in die Bewertung der Kreditwürdigkeit ein. „Die Qualität der Kredite ist dadurch gestiegen, und es werden mehr Kredite vergeben“, sagt Erki Kert, Geschäftsführer von Big Data Scoring: Nun bekämen auch Menschen einen Kredit, die aufgrund mangelnder Daten überhaupt kein Geld von der Bank bekommen hätten.
Daten sind das Futter der Fintech-Unternehmen
Als „Fintechs“ bezeichnet man diese Start-ups, die mit neuen Technologien Lösungen in der Branche der Banken und Versicherungen entwickeln – Daten sind dabei fast immer ein wichtiger Rohstoff. So auch beim Start-up Number26, welches ein Bankkonto am Smartphone bietet: „Smart Banking“ lautet hier das Schlagwort. Die App sammelt Daten über das Finanzverhalten des Bankkunden und nutzt diese, um ihm bei der Optimierung desselben zu helfen.
„Jeder hat Angst vor Big Brother“, sagt Kert in Bezug auf diverse Datenschutzbedenken: „Aber in Wahrheit hilft unsere Verwendung von Big Data den Menschen, überhaupt einen Kredit zu bekommen.“ Und auch Valentin Stalf von Number26 weist Datenschutzbedenken zurück: „Mit Hilfe der Daten können wir ein maßgeschneidertes Angebot für den Kunden schaffen“, sagt er. Es gebe immer ein Abwägen zwischen Datenschutz und einer Verbesserung der Dienste – immerhin nutze ja auch Google diverse Nutzerdaten, um zum Beispiel die Suchergebnisse zu verbessern. Außerdem, so Stalf, haben auch die etablierten Anbieter etliche Daten über die Kunden: „Aber sie nutzen sie nicht ausreichend.“