Smarte Daten: Anyline forscht mit JKU an KI-Machine-Learning
Im Rahmen einer KI-Forschungskooperation mit der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) arbeitet das auf mobiles Scannen spezialisierte Wiener Start-up Anyline am Instant-Machine-Learning auf Basis Künstlicher Intelligenz.
Daniel Albertini, CTO Anyline
Seit 2013 entwickelt das Wiener Start-up Anyline mobile Scan-Lösungen für spezielle Anwendungen im Umfeld der Industrie und der Verwaltung. Basis der Lösung, die bereits bei über 200 Kunden, darunter Polizei und Energieversorgern, zum Einsatz kommt, ist eine selbst entwickelte mobile Scan-Technologie, die Machine Learning und Künstliche Intelligenz nutzt.
Der Anspruch dabei ist, dass die Schriftzeichen auch ohne Internetverbindung und in Echtzeit fehlerfrei ausgelesen werden können, sodass die Daten von weiteren Programmen übernommen werden können. Eine neue Forschungspartnerschaft des Start-ups mit der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) soll nun die Basis dafür schaffen, dass die eingescannten Schriftzeichen - in der Regel Ziffern- und Buchstaben-Kombinationen - von den verwendeten Endgeräten schneller, effizienter und nach weniger Trainingsschritten fehlerfrei ausgelesen werden können.
"Die große Herausforderung dabei ist, die Maschinen zu trainieren, das das auch bei neuen Anwendungen nach einigen wenigen Testläufen funktioniert", sagt Daniel Albertini, einer der Gründer und technischer Chef des Unternehmens, das mittlerweile 75 Mitarbeiter in Wien und sechs weitere in Boston, Massachusetts beschäftigt.
Vom Hunderttausendsten zum Einzelnen
Bei der ersten von Anyline für das Start-up MySugr entwickelten Anwendung zur Blutzuckermessung war dafür noch ein zehn Monate langes Training notwendig. Bei der zweiten, der für die Strom- und Gasablesung der Stadt Wien entwickelten Lösung, war das bereits binnen eine halben Jahres möglich und mittlerweile kann Anyline den eigenen Algorithmus in einem bis zwei Monaten für eine neue Anwendung trainieren.

Instant-Scanning: Die Anyline-Technologie wird z.B. auch von der österreichischen Polizei zum Auslesen von Führerscheindaten eingesetzt.
Immer noch zu lange für das von Anyline angepeilte Ziel, mit der Technologie breitere Kundenkreise zu adressieren und Projekte am laufenden Band abzuwickeln. Albertini: "Zu Beginn waren für eine neue Anwendung noch Hunderttausende Trainings notwendig. Mittlerweile sind wir bei einigen Hundert bis Tausend. Das Ziel ist "Few-Shot-Learning" oder "One-Shot-Learning", bei dem Maschinen die Daten nach nach wenigen oder im besten Fall nach nur einem Training korrekt auslesen und weitergeben."
Europäisches Musterbeispiel
Hier setzt die vorerst auf drei Jahre angelegte Kooperation mit der JKU und dem dortigen, von Sepp Hochreiter geleiteten Institut für Machine Learning an. Im Rahmen eines gemeinsam finanzierten Doktorandenprogramms soll Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und der neuronalen Netze betrieben werden, deren Ergebnisse dann wieder bei Anyline eingesetzt werden können. CTO Albertini betont, dass es sich dabei um kein Auftragsforschungsprojekt, sondern um ein echtes Basic-Science-Projekt handelt, dessen Ergebnisse in der Folge auch publiziert werden sollen. "Natürlich erhoffen wir uns damit auch einen Wissensvorsprung und durch die Publizität auch Aufmerksamkeit, die uns als Arbeitgeber interessant machen", gibt Albertini zu. Als immer noch kleines österreichisches Start-up könne man eben keine Gehälter wie Google oder Facebook zahlen und versuche daher, die eigene Attraktivität mit anderen Mitteln zu steigern.

Sepp Hochreiter, Leiter des Instituts Machine Learning der Johannes Keper Universität
Auch für den renommierten Informatiker Sepp Hochreiter, dessen Forschungsschwerpunkte unter anderem auf den Gebieten der Artificial Intelligence, Machine Learning, Deep Learning und Natural Language Processing (NLP) liegen, ist die Partnerschaft mit Anyline ein Glücksgriff. Einerseits, weil die gestellte Aufgabe perfekt zu den Forschungszielen seines Instituts passt, andererseits, weil Hochreiter Anyline als eines der wenigen europäischen Unternehmen sieht, die das Potenzial haben, mit einer einzigartigen und selbst entwickelten Technologie am Weltmarkt zu reüssieren. "Wir müssen in Europa ambitionierte Projekte auf den Weg bringen, um international Schritt halten zu können", betont Hochreiter, "die Zusammenarbeit mit Anyline als einem der führenden Technologieunternehmen Österreichs wird es uns ermöglichen, zahlreiche neue Forschungsfelder zu eröffnen.“
FFG-Förderung
Zusätzlichen Schub bekommt die Forschungsinitiative von Anyline und der JKU durch neue Fördermittel der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Sie stellt 500.000 Euro für die Weiterentwicklung der KI-Scan-Technologien zur Verfügung.
FFG-Geschäftsführer Klaus Pseiner streicht die Bedeutung des KI-Projekts hervor: „Künstliche Intelligenz hat enormes Potenzial und ermöglicht Unternehmen aller Größen und Branchen viele Chancen, Lösungen und Märkte." Forschungspartnerschaften auf derartig hohem Niveau wie jener von Anyline und der JKU sieht er als die Basis dafür. "Und wenn Forschung in konkrete Innovationen und Anwendungen übergeht und Wirkung entfaltet, dann bestätigt das unsere Arbeit als Forschungsförderer“, betont Pseiner.