GoStudent: Der Europameister in Nachhilfe
GoStudent-Mitgründer Felix Ohswald erklärt, wie sein Start-up mit 0,5 Prozent Marktführer sein kann, wie sich die Konkurrenz kannibalisiert, weshalb Griechenland nicht unterschätzt werden sollte und was die rasante Expansion seiner Distance-Lernplattform hemmt.
GoStudent-Mitgründer Felix Ohswald
trend:
Spanien, Großbritannien, Italien, Griechenland und Frankreich: Seit Mitte letzten Jahres fährt GoStudent eine rasante Expansion. Was entscheidet die strategische Reihenfolge?
Felix Ohswald:
Ganz pragmatisch. Wir schauen uns die Marktgröße an. Frankreich etwa ist der größte Markt für Bildungsausgaben im Privatbereich. Großbritannien ist jetzt dazu gekommen, ebenfalls groß.
Griechenland ist nicht groß und nach vielen Krisenjahren angeschlagen. Warum also dort?
Ohswald:
In Griechenland werden rund zwei Milliarden Euro jährlich für private Nachhilfe ausgegeben, also deutlich mehr als in Spanien und Italien. Das Marktpotenzial ist vielversprechend.
Wie kann GoStudent bei 0,5 Prozent Durchdringung in Europa Marktführer bei Online-Nachhilfe sein?
Ohswald:
Insgesamt ist der Nachhilfemarkt in Europa 30 Milliarden Euro wert. In der Vergangenheit wurde dafür großteils am Schwarzmarkt und in Offline-Lerninstituten Geld ausgegeben. Für Online-Unterricht verbuchen wir die größten Umsätze in Europa.
Mit dem Recruitment von Mitarbeitern nachzukommen, ist eine echte Herausforderung.
Die meisten Nachhilfelehrer werden sich auf GoStudent etwas dazuverdienen. Remote Arbeit ist anstrengend. Wieviele arbeiten Vollzeit auf der Plattform?
Ohswald:
Zehn Prozent arbeiten bei uns Vollzeit. Auf eine Stunde hochgerechnet, verdienen sie 15 bis 18 Euro im Einzelunterricht (Anm. eine GoStudent-Einheit sind 50 Minuten).
Das ist nicht viel und muss noch versteuert werden.
Ohswald:
Wir arbeiten an vielen Initiativen, eine davon ist der Gruppenunterricht. Wenn die Lehrer länger bei uns bleiben und mehr Einheiten machen, erhöht sich ihr Anteil und der von GoStudent verringert sich.
Wie viel Prozent nimmt GoStudent als Plattformbetreiber? Die klassischen 30 Prozent?
Ohswald:
Anfangs ja. Je mehr Stunden gemacht werden, umso weniger wird diese Provision.
Was unterscheidet die einzelnen Märkte?
Das Schulsystem. In Frankreich oder Großbritannien ist es wettbewerbsintensiver als in Deutschland oder Österreich. Dort entscheiden strenge Examen schon in frühen Schulphasen über das Fortkommen. Deshalb investieren die Eltern dort viel.
Mathematik, what else?
Für welches Fach tun Sie sich schwer, genug Lehrer zu finden?
Ohswald:
Mathematik, what else. Es ist auch Online-Nachhilfe das klassische Nr. 1-Fach. Wir haben teilweise aber auch Leistungsstudenten auf der Plattform. Für die ist GoStudent ein attraktiver und einträglicher Nebenjob.
Online-Nachhilfe kann auch in Regionen angeboten werden, wo es keine Lerninstitute gibt oder einen Pool an Lehrern. Ist das spürbar auf der Plattform?
Ohswald:
Klar ist das spürbar. Wir können Familien unterstützen, in Gegenden, wo es keine große Nachhilfelehrer-Dichte gibt. Der Online-Unterricht kann das ein bisschen ausgleichen bzw. demokratisieren.
Abseits der klassischen Lerninstitute: Was ist die größte Konkurrenz für GoStudent?
Ohswald:
Das ist und bleibt der Schwarzmarkt. Die klassischen Lerninstitute sind Dinosaurier, die meisten in den 70er Jahren entstanden und sie kannibalisieren sich mit ihren Franchisemodellen selbst.
Sie investieren Millionen in die Expansion: Was sind die größten Schwierigkeiten dabei? Corona wird auch GoStudent nicht unbeeindruckt lassen.
Ohswald:
Ein Wachstumshemmer ist definitiv das Personal. Mit dem Recruitment von Mitarbeitern nachzukommen, ist eine echte Herausforderung. Es kommen ganz viele neue Mitarbeiter dazu die nächsten Monate. Eine Challenge ist auch, bei der Skalierung der Plattform die Qualität der Lehrer hochzuhalten.
Zum Unternehmen
GoStudent war einer der großen Aufsteiger im traditionellen Start-up-Ranking des trend 2020. Corona hat der Distance-Learning-Plattform starkes Wachstum beschert, im November 2020 gab es eine Series-A-Runde mit 13,3 Millionen Euro, die in die Expansion fließen.