Superspreader schlechter Stimmung
Michael Schmid über offenbar weit verbreitetes toxisches Führungsverhalten, das Firmenkultur und Arbeitsklima seuchenartig infiziert.
trend-Redakteur Michael Schmid
Gleich drei deutsche Universitäten haben in einem gemeinsamen Forschungsprojekt Bewertungen und Textkommentare zu 148 Unternehmen auf der Arbeitgeber-Bewertungplattform kununu analysiert. Nur bei 18 Firmen gab es dabei in den untersuchten Statements von Mitarbeitern keine Hinweise darauf, was die Forscher als toxisches Führungsverhalten bezeichnen.
Als eher milde - und besonders häufig vorkommende - Form davon gilt, wenn direkte Vorgesetzte Mitarbeitern das Gefühl geben, dass sie nichts können und richtig machen. Anschreien, Kränken oder bewusstes Ignorieren sind weitere Facetten dieser offenbar weit verbreiteten schlechten Führungskultur.
Die gesamte Führungs- und Unternehmenskultur wird vergiftet.
Die bleibt, wie die Experten ebenfalls feststellten, nicht ohne Folgen: Unternehmen, in denen toxisches Führungsverhalten besonders häufig vorkommt, werden als Arbeitgeber insgesamt deutlich schlechter bewertet und schneiden auch hinsichtlich ihrer ökonomischen Performance schwächer ab.
Besonders fatal wirkt sich ein solches Verhalten aus, wenn es an der Firmenspitze auftritt: Es steckt die Führungsebenen darunter massiv an und vergiftet so sukzessive die gesamte Führungs- und Unternehmenskultur. Je weiter oben in einer Hierarchie solche toxischen Typen also angesiedelt sind, desto stärker werden sie zu Superspreadern schlechter Stimmung, die sich kaskadenartig durch alle Ebenen und Abteilungen in der gesamten Organisation verbreitet.
Der Kommentar ist der trend-Ausgabe 39/2020 vom 25. September 2020 entnommen.