Norbert Zimmermann: Die Privatstiftung der Zukunft
Gastkommentar. Die Regierung arbeitet an einer Reform des Privatstiftungsgesetzes. Ansichten eines Stifters zu möglichen Optionen.
Norbert Zimmermann, Aufsichtsratschef der Berndorf AG
Die Ausgangslage: Im Jahr 1997 habe ich als Stifter gemeinsam mit meiner Familie eine Privatstiftung errichtet und meine Anteile an der Berndorf AG, die damals auch Muttergesellschaft der minderheitlich börsennotierten SBO war, eingebracht. Das Motiv war eindeutig im Interesse des Unternehmens.
Meine Tochter war damals 25 Jahre alt, hat ein Dolmetschstudium absolviert und hatte sich noch nicht festgelegt, ob sie in Österreich bleiben und im Unternehmen eine aktive Rolle spielen möchte. Aufgrund der spezifischen Unternehmensgeschichte habe ich als Stifter und Hauptaktionär die Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung vertreten. Wäre mir etwas zugestoßen, hätte die Stiftung eine wichtige Brückenfunktion bis zur Klärung der Nachfolge übernommen.
Die Entwicklung: Die Firma hat sich in den folgenden zehn Jahren wertmäßig enorm entwickelt, und eine Auflösung der Stiftung wäre auf Grund der KESt.-Belastung nicht finanzierbar gewesen. Nach Lehr- und Wanderjahren sowie der Gründung einer Familie in Österreich hat sich meine Tochter entschieden, Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen, und ist nach gründlicher Vorbereitung in den Aufsichtsrat gewählt worden. Nun hat die Stiftung ihre Aufgabe erfüllt und wäre nicht mehr nötig gewesen.
Allein der "goldene Käfig", in dem die Unternehmensanteile eingesperrt sind, war aus Kostengründen nicht mehr zu öffnen. Wenn nun der Stifter wegfällt und auch die Stiftungsvorstände in die Jahre kommen, entsteht ein gefährliches Führungsdilemma. Das ist die Situation, wenn über den "Versteinerungseffekt" von Privatstiftungen gesprochen wird.
Die unternehmerische Dynamik leidet, weil der Vorstand einer Stiftung strikt an die Stiftungsurkunde und eine allfällige Zusatzurkunde gebunden ist und naturgemäß risikoscheu agiert. Unternehmerische Verantwortung ist aber stetiges Hantieren mit Chancen und Risiken.
Die Privatstiftung der Zukunft: Es gäbe eine ganz einfache Möglichkeit, die bestehenden Gefahren und Schwächen des Privatstiftungsrechts zu sanieren. Mit der simplen Anwendung bestehender, gut erprobter Gesetze wie des Aktienrechts, des GmbH-Rechts und des Umgründungsgesetzes könnte für Stifter und Begünstigte ausreichend Handlungsspielraum für die Gestaltung reformierter Stiftungsurkunden geschaffen werden. Es könnten drei Optionen für Stiftungen angeboten werden:
1. Die Privatstiftungsurkunde definiert die Organe (Aufsichtsrat/Beirat, Vorstand/Geschäftsführung) entweder nach dem Aktienrecht oder wie bei einer GmbH. Der Unterschied zwischen AG oder GmbH und der "neuen" Stiftung liegt darin, dass die Stiftung eigentümerlos ist, also die Stiftung als Körperschaft nicht übertragbar oder veräußerbar ist. Die "neue" Privatstiftung nimmt gegenüber der bisherigen den Nachteil in Kauf, die Bilanz öffentlich zugänglich zu hinterlegen.
Keinesfalls akzeptierbar ist eine Konsolidierung von Stiftungsbilanzen, dies würde zu einem sündteuren Verwaltungs- und Prüfungsaufwand führen. Wenn in der Stiftungsbilanz Unternehmensanteile ausgewiesen werden, die zu darunterliegenden konsolidierten Firmen gehören, ist das für die Transparenz jedenfalls ausreichend.
2. Umwandlung der Privatstiftung in eine Kapitalgesellschaft unter Anwendung des Umgründungsgesetzes. Wenn die Stifter noch leben, können sie zuerst die Stiftungsurkunde durch die Festlegung ergänzen, wie das Kapital auf die neuen Eigentümer der durch die Umwandlung entstehenden Kapitalgesellschaft zu verteilen ist.
3. Keine Veränderung, alles bleibt wie es ist, insbesondere die beschränkte Mitwirkung von Stiftern und Begünstigten, dafür keine neue Transparenzpflicht.
Die Bewertung: Die von mir bevorzugten Optionen 1 und 2 lösen das Dilemma, dass Stiftungen in gefährlicher Weise die Stärke der Weiterentwicklung und Überlebensfähigkeit von Unternehmen in Zeiten turbulenter technologischer Veränderungen beeinträchtigen werden.
Ohne unternehmerische Fähigkeiten und ideenreiche Dynamik werden unsere vielfach mittelständisch organisierten Unternehmen die Herausforderungen der Digitalisierung, der Energiewende und der enormen Volatilität der globalen Märkte nicht schaffen. Risikoscheue Stiftungsorgane werden mutige, rasche Entscheidungen bremsen und Innovationen im Weg stehen.
Der mögliche volkswirtschaftliche Schaden steht in keinem Verhältnis zu kleinlichen Einsprüchen der Arbeiterkammer oder von Führungskräften im Finanzministerium, bei der Regelung der Stiftungsorgane bzw. des Begehrens einer Exitbesteuerung.
Zur Person
Norbert Zimmermann ist Aufsichtsratsvorsitzender der Berndorf AG und Vorstand der Berndorf Privatstiftung, die Anteile am Unternehmen hält.
Der Gastkommentar ist im trend. Ausgabe 24/2017 vom 23. Juni 2017 erschienen.
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