Lasst die Blase platzen!
Michaela Knapp über diffuse Ängste der Ich-Gesellschaft.
Michaela Knapp - trend-Redakteurin
Josef, Maria und das Baby in einem Stall mit Solardach und glutenfreiem Streu, der via Google Maps gefunden wurde. Josef macht ein Selfie, während der Hirte mit glücklichen Schafen die ersten Jesus-Baby-Bilder auf Instagram stellt.
Besser als mit der Hipster-Krippe, die uns zwei US-Unternehmer heuer beschert haben, kann man die Selbstbespiegelungsgesellschaft im Ich-Zeitalter wohl nicht abbilden. Alles happy in der schönen neuen Welt von Smartphone, Likes und Lieben?
Nein, sagen die Zahlen zu drastisch steigenden Hasspostings, Fake-News und Gewaltvideos. Der ORF bat bei der letzten "Im Zentrum"-Diskussion Experten, "die Republik auf die Couch zu legen". Man kam zum Schluss, dass der größte Feind eine diffuse Angst ist, die sich überall hineinfrisst. Dazu sollte man eher unser aktuelles Kommunikationsverhalten "auf die Couch legen".
Noch nie war alles so transparent, waren wir so gut vernetzt und selbstbestimmt und gleichzeitig so blind und manipulierbar. Bei den meisten weiß das Internet heute besser, wer sie sind, als sie selbst. Und der Opportunismus schlägt meistens den gern zitierten neuen Wertekanon. Man fördert lieber das Binnen-I als die Frauen selbst. Und jeder lebt in seiner Infoblase. Man sollte diese Blase platzen lassen. Dann klappt es auch mit mehr Zuversicht.
Wie sang schon André Heller 1978? "Es gibt eine Angst, die macht klein, die macht einen krank und allein. Und es gibt eine Angst, die macht klug, mutiger freier von Selbstbetrug."