Langfristiger Wohlstand mit Klimaschutz

Gastkommentar von Jürgen Schneider, Mitglied des Leitungsgremiums des Umweltbundesamtes: Das Pariser Klimaabkommen ist eine Sternstunde evidenzbasierter Politikentscheidungen. Wie es nach dem Exit der USA nun weitergeht.

Jürgen Schneider

Jürgen Schneider - Umweltbundesamt

Das Pariser Klimaabkommen ist nicht nur ein Meilenstein in der internationalen Klimapolitik, sondern auch eine Sternstunde evidenzbasierter Politikentscheidungen und multilateraler Zusammenarbeit. Als kooperative Antwort der Staatengemeinschaft auf eines der drängendsten Probleme der Menschheit ist die Bedeutung des Abkommens nicht hoch genug einzuschätzen.

In der wissenschaftlichen Community ist es weitestgehend unumstritten, dass es aus ökologischer, aber auch aus sozialer und vor allem auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll ist, gegen den Klimawandel vorzugehen. Allerdings gibt es auch einige Besonderheiten, die eine Problemlösung erschweren. Dazu gehört, dass das Klimasystem sehr träge ist und damit Änderungen erst in den kommenden Jahren bis Jahrzehnten wirksam werden.

Dies erschwert in einer durch Kurzlebigkeit gekennzeichneten Welt die Lösungsfindung. Dazu kommt, dass das Problem durch einzelne Länder oder Ländergruppen nicht lösbar ist, sodass die überwiegende Mehrzahl der Länder bei der Minderung der Emissionen mitmachen muss. Spieltheoretisch ist die Lösung des Problems einfach: Global bringt die Umsetzung des Abkommens mittel- bis langfristig einen weltweiten Gewinn an Wohlstand und Sicherheit im Vergleich zu einer Situation ohne entsprechende Schritte.


Ein weltweite Gewinn an Wohlstand und Sicherheit.

Warum werden die USA nun aussteigen? Begründet wurde die Entscheidung Trumps unter anderem mit dem Hinweis auf ökonomische Nachteile für die USA. Dieses Argument ist nicht stichhaltig. Dies zeigt sich auch daran, wie die Bruchlinien innerhalb der Trump-Berater zu der Fragestellung verlaufen. Trump-Tochter Ivanka, ihr Mann, Jared Kushner, Energieminister Rick Perry, Außenminister Rex Tillerson (ehemaliger Exxon-CEO) sowie große Teile der Wirtschaftselite der USA haben sich für einen Verbleib im Abkommen ausgesprochen, neben dem Silicon Valley auch Vertreter der "Old Economy" wie Exxon, Shell, Walmart und Pepsi. Aus Sicht dieser US-Unternehmen sind klare, langfristig stabile Rahmenbedingungen notwendig.

Auf der anderen Seite stehen Berater wie Stephen Bannon oder auch Scott Pruitt, Direktor der US-Umweltagentur, die nicht nur den Klimawandel leugnen, sondern auch eine multilaterale internationale Zusammenarbeit aus ideologischen Gründen ablehnen.

Global gesehen stimmt im Moment optimistisch, dass China und Indien nach derzeitigem Stand ihre im Pariser Übereinkommen gemeldeten Ziele nicht nur einhalten, sondern sogar übertreffen werden. Chinas Verbrauch an Kohle sinkt seit drei Jahren, Kohlegruben werden aufgelassen, Pläne für mehr als hundert neue Kohlekraftwerke wurden verworfen. Auch Indien setzt neuerdings mehr auf Elektrizität aus erneuerbaren Quellen und wird die diesbezüglichen Ziele schneller als geplant erreichen.


Jetzt gilt: Keinen Wettlauf in Richtung Klima-Dumping zulassen!

Viele Analysten, auch internationale Organisationen wie die OECD oder der IWF, weisen zudem darauf hin, dass die Energiewende enorme Investitionsmöglichkeiten und Chancen für Wachstum und Beschäftigung bietet. Neben der Preisdegression bei erneuerbaren Energieträgern ist die Verteuerung fossiler Energie eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreichen Klimaschutz.

Dies ist auch deshalb notwendig, da in den meisten Staaten der Erde externe Umwelt-und Klimaeffekte durch die Nutzung fossiler Energie den Verursachern nicht angelastet werden. Dazu kommt, dass ihre Nutzung zum Teil sogar subventioniert wird. Das dadurch ausgelöste Marktversagen ist eine der wichtigsten Ursachen der Klimawandels. Hier liegt eine große Gefahr durch den Austritt der USA aus dem Klimaabkommen: Auch andere Staaten könnten sich ermutigt fühlen, ihre Anstrengungen im Klimaschutz zurückzunehmen, um ihren Unternehmen weiterhin ein Wirtschaften zu ermöglichen, dessen Folgekosten nicht die Verursacher, sondern alle Bürger dieses Erde tragen müssen.

Nun gilt es, keinen Wettlauf in Richtung Klima-Dumping zuzulassen, sondern die ökonomischen Vorteile der Energiewende aktiv und offensiv zu nutzen, aber auch jenen Staaten Unterstützung in Aussicht zu stellen, damit auch sie den Weg des Klimaschutzes aktiv weiterverfolgen können.


Zur Person

JÜRGEN SCHNEIDER ist

Der Gastkommentar ist im trend. Ausgabe 23/2017 vom 9. Juni 2017 erschienen.
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