Banken: Geschäftsmodelle und Prozesse nachhaltig transformieren
Die Geschäfte der Finanzinstitute brummen. Da sich auch die Finanzmärkte erholt haben, rechnen die Banken weiterhin mit hohen Erträgen. Die Gunst der Stunde sollte für die nachhaltige und zukunftsorientierte Transformation genutzt werden.
Frank Schindera, Leiter Bereich Banking & Financial Institutions Managementberatung Horváth
Banken und andere Finanzinstitute sind deutlich besser durch die Pandemie gekommen als erwartet und konnten 2021/2022 teilweise Rekordgewinne erzielen. Die Erträge stiegen im Vergleich zum ersten Pandemiejahr um etwa neun Prozent, und trotz weiterer Krisensymptome auch 2022 deutlich. Für 2023 erwarten die Institute trotz hoher Unsicherheiten eine weiterhin gute Ertragsentwicklung.
Bei so soliden Aussichten müssten die Banken eigentlich genug Ressourcen haben, Geschäftsmodelle und Prozesse nachhaltig zu transformieren. Doch viele Institute stecken noch in der Digitalisierung fest. Laut einer 2022 durchgeführten Horváth-Befragung* sehen Bankmanager die digitale Transformation, Digital Banking und Cyber Security als die zentralen Herausforderungen ihrer Branche.
Die umfassende Digitalisierung aller Prozesse ist für fast 80 Prozent der Befragten entscheidend für ihre Zukunft, Digital Banking (68%) und Cyber Security (58%) folgen im Top-Ranking auf den weiteren Plätzen. Die Institute sind nach wie vor voll damit beschäftigt, ihre Produkte wie ihre Kundenberatung zu digitalisieren. Die IT-Sicherheit rückt aufgrund der vielen Cyberangriffe verstärkt in den Fokus.
Die nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen, Geschäftsmodell und Portfolio folgt erst an vierter Stelle (52%), und noch weiter hinten landet die Mitarbeiterförderung (New Work). Die Frage Kostenoptimierung hat hingegen – anders als in anderen Branchen – derzeit keine hohe Bedeutung. Nur jeder dritte befragte Bankmanager (31%) legt seinen Fokus aktuell auf die Kürzung von Ausgaben.
Nachhaltigkeit als Pflichtübung
Überraschend für den Beobachter: 42 Prozent der befragten Bankvorstände haben auf dem Weg zu einer vollständig auf Sustainability ausgerichteten Organisation noch nicht mal ein Zielbild abgesegnet. Und von den übrigen 58 Prozent, die konkrete Ziele entwickelt haben, wird kaum ein Institut bereits vollständig entsprechend des definierten Nachhaltigkeitsmodells gesteuert.
Über alle Branchen hinweg sehen sich dagegen bereits 7% der Unternehmen in diesem Reifegrad. Obwohl die Finanzinstitute aufgrund komplexer Regulierungen einen besonders hohen Anspruch an sich selbst stellen, liefert die Befragung eindeutige Indizien dafür, dass Banken das Thema Nachhaltigkeit häufig auf die Dimension der Regulierung reduzieren. Dabei könnte Nachhaltigkeit für sie ein wichtiges Differenzierungsmerkmal darstellen.
Erfolgsfaktor Transformation
Dass strategische Themen aufgrund operativer Notwendigkeiten immer in den Hintergrund geraten, ist ein normales Phänomen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt deshalb in einer erhöhten „Transformationskompetenz“. Und dafür braucht es ein adäquates Mindset im Unternehmen, das die Notwendigkeit zur Transformation zum Standard erklärt – gerade dann, wenn es betriebswirtschaftlich gut läuft.
Da zählt dann auch nicht die Ausrede, dass die (finanziellen) Ressourcen für den Transformationsprozess fehlen, oder die fehlenden Kompetenzen.
Umgekehrt wissen die Bankmanager genau, was die Erfolgsfaktoren für die Transformation ihres Unternehmens sind. Das reicht von
- Der Befähigung und Einbeziehung von Schlüsselpersonen in den Transformationsprozess über
- die Leadership-Aufgabe, ein klares Zielbild der Transformationsreise zu vermitteln bis
- zur Weitsicht und Ausdauer, da sich Transformationen nicht sofort auszahlen.
Fazit: Trotz multipler Krisen, Inflation und steigenden Zinsen sind Banken und Finanzinstitute derzeit in guter Stimmung, da ihre Erlöse und Erträge wieder wachsen. Trotzdem sollten sie ihre aktuell gute Wirtschaftslage dazu nützen, den notwendigen Umbau in eine durchgängig nachhaltige Organisation voranzutreiben. Dieser Umbau ist nicht nur eine Zukunftschance, sondern auch ein echtes Differenzierungsmerkmal und ein Wettbewerbsvorteil beim Kunden.
*Für die Branchenbefragung im Rahmen der Horváth-Studie CxO Priorities 2022 wurden 60 Vorstandsmitglieder aus Banken und anderen Finanzinstituten befragt.
DER AUTOR
Frank Schindera ist Leiter des Bereichs Banking & Financial Institutions bei der Managementberatung Horváth.
Die Serie "Management Commentary" ist eine Kooperation von trend.at und der Unternehmensberatung Horváth. Die bisher erschienen Beiträge finden Sie zusammengefasst im Thema "Management Commentary".