Heinz Sundt: "Hochegger war sein Geld wert"

Heinz Sundt: "Hochegger war sein Geld wert"

FORMAT: Im Verfahren um die Kursmanipulation der Telekom-Aktie wurden Sie freigesprochen. Sie haben das Verfahren aber als belastend empfunden. Warum eigentlich, wenn Sie ohnehin wussten, dass Sie sich nichts zuschulden haben kommen lassen.

Heinz Sundt: Das war meine eigene Einordnung. Ich konnte mich immer in den Spiegel schauen und wusste, dass ich nichts außerhalb des legalen Rahmens getan habe. Das andere ist die subjektive Einordnung des Umfeldes. Wie sieht das der Richter? Wie sehen das die anderen zahlreichen Beteiligten im Verfahren? Wie das Verfahren aufgezeigt hat, gab es Vorgänge, die ich gar nicht kannte. Trotz vollem Vertrauen in die Justiz trägt das alles nicht zur Beruhigung bei. Und eine Strafandrohung von zehn Jahren Gefängnis ist auch kein Beitrag zu gutem Schlaf. Das ist jetzt Gott sei Dank vorbei.

Nicht ganz, denn die Telekom-Skandale sind noch nicht restlos aufgearbeitet. Ihnen persönlich wird Untreue wegen des umstrittenen Immobilien-Deals am Schillerplatz vorgeworfen. Es droht eine Anklage.

Sundt: Der Causa liegt ein Gutachten zugrunde, das aus unserer Sicht inhaltlich völlig falsch ist, da es einen falschen Eindruck über den damaligen wahren Wert der Immobilie vermittelt. Auch werden in diesem Gutachten die Wertsteigerungen, die sich aus den Investitionen des Käufers ergeben haben und die dann in der Folge natürlich zu einem höheren Liegenschaftswert geführt haben, nicht hinreichend berücksichtigt. Wir werden das noch aufzeigen. Zudem habe ich mich im Rahmen dieser Transaktion nie aktiv engagiert. Das war Sache der Fachabteilungen, die den Verkaufsprozess eigenständig abgewickelt haben.

Wie meinen Sie das genau?

Sundt: Es gab in unserem Haus Immobilien-Spezialisten, die damit befasst waren. Die haben mich dann irgendwann informiert, dass die Geschichte ausverhandelt und gut geprüft ist, und ich habe die Verträge unterschrieben. Das war’s. Es ist also nicht ohne meine Kenntnis passiert - ich wurde informiert. Ich hatte Vertrauen in die Personen, die die Verhandlungen geführt haben. Mehr kann ich dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Man könnte Ihnen unterstellen, dass Sie die Telekom nicht im Griff hatten, wenn Sie über diese Vorgänge oder über die im letzten Verfahren relevanten Manipulationen nicht informiert waren.

Sundt: Ich müsste Ihnen entgegnen, dass es mit Sicherheit viele Vorgänge gab, über die ich nicht informiert war. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass man über die wesentlichen Vorgänge informiert sein muss. In der Aktienkurs-Angelegenheit waren die wahren Abläufe weder für Juristen noch für Nichtjuristen auf den ersten Blick ersichtlich - das hat sich auch im Verfahren gezeigt. Was macht man, damit man einen Betrieb im Griff hat: Es werden Kontrollsysteme aufgesetzt. Und Sie brauchen eine bestimmte Chemie unter den Kollegen. Das ist wohl die beste Absicherung. Leider ist in Vorstandskreisen von großen Firmen die Chemie nicht immer die beste. Das hat auch für die Telekom gegolten. Man muss seinen Kollegen vertrauen und ihnen auch die Freiheit geben, dass sie sich mit eigenen Leuten umgeben. Hier kann also ein weites Feld an Problemen entstehen. Fakt ist aber: Die Kontrollsysteme in der Telekom waren State of the Art.

Warum hat aber ausgerechnet die Telekom ein derartiges Konvolut an Skandalen, Scheinrechnungen etc. angehäuft?

Sundt: Das Unternehmen hatte eine tolle Performance. Läuft diese schlechter, hätte man kritischere Analysen gemacht. Bei uns aber waren die Aktionäre zufrieden, das Geschäft lief erfolgreich, und es gab keine Budgetüberschreitungen. Außerdem muss man schon sagen: Der Großteil der von Ihnen angesprochenen Dinge passierte erst nach meinem Ausscheiden im Jahr 2006.

Ist es also der Telekom zu gut gegangen, als dass man genau hinsah?

Sundt: Die Telekom war immer am Schnittpunkt von Politik und Wirtschaft. Das war schwierig, da etwa auch die Regulierungsbehörde in unser Geschäft eingriff. Dennoch haben wir unter meiner Führung zwischen 2000 und 2006 das Unternehmen von einem Verlust von 280 Mio. Euro auf einen Gewinn von 560 Mio. gedreht und den Börsenwert von 4,5 auf 10,5 Milliarden mehr als verdoppelt. Hinzu kommt der politisch gewollte und zu frühe Börsengang, der zusätzliche Rasanz brachte. Um das Gesamtziel der Performance zu erreichen, wurden aus heutiger Sicht einige Aspekte hinter meinem Rücken unter den Teppich gekehrt.

Aus dem Aktienkurs-Verfahren sind Sie quasi als der Gute herausgegangen. Was haben Sie gescheiter gemacht als die anderen?

Sundt: Das hat mit gut oder schlecht nichts zu tun. Ich hatte schlicht keine Kenntnis. Ich bin nicht stolz darauf, nichts gewusst zu haben. Sie fragen sich hundertmal: Was würde ich heute anders machen? Sie können nicht verhindern, dass Unternehmensregeln umgangen und gebrochen werden. Der Kursmanipulation lag offensichtlich ein Auftrag mit 1,5 Millionen Euro Erfolgsprämie zugrunde, dessen Abwicklung sich auf drei Transaktionen und über mehrere Jahre bis weit nach meiner Amtszeit erstreckt hat. Die Telekom hatte jährlich Zehntausende Transaktionen. Jetzt suchen Sie bitte diese drei Transaktionen. Allein Kollege Fischer hatte ein Budget von über einer Milliarde in seinem Ressort. Jetzt suchen Sie 1,5 Millionen, die zudem noch aufgesplittet waren. Sie kriegen das nicht in den Griff. Das ist eine Frage von Personen. Bedenken Sie, auf welcher Ebene dieser Missbrauch stattfand. Davor schützt auch das beste Kontrollsystem nicht.

Haben Sie es nicht als ungewöhnlich empfunden, dass Berater wie Peter Hochegger und seine Leute mit einem Mitarbeiterausweis täglich in der TA herumspazieren konnten?

Sundt: Ich wusste gar nicht, dass er rund um die Uhr Zutritt hatte. Aber Hochegger brachte zu meiner Zeit Ressourcen, die wir gar nicht hatten. Wir kannten seine Aufwendungen im Bereich PR, Werbung, Events etc., und seine Leistungen waren exzellent. Von mir wurde Hochegger mit Lobbying-Aktivitäten nicht beauftragt. Ich habe selbst gute Kontakte und brauchte ihn dafür nicht. Die beauftragten und erbrachten Leistungen wurden projektbezogen im Rahmen einer normalen Kunden-Lieferanten-Beziehung korrekt abgerechnet. Die Unterstützung von Hochegger war in diesen Bereichen ihr Geld wert. Mit den Geschäftsfällen seiner Zweitfirma Valora hatte ich nie etwas zu tun.

Zur Person: Der 65-jährige Heinz Sundt war von 1996 bis 2000 Chef der Mobilkom Austria und von 2000 bis 2006 Generaldirektor der Telekom Austria. In seine Amtszeit fiel der Börsengang, aber auch die Aktienkurs-Affäre sowie umstrittene Zukäufe am osteuropäischen Mobilfunkmarkt.

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