Wifo-Chef Aiginger plädiert für rasche und große Steuerentlastung
Das Volumen von rund sieben Milliarden Euro soll zur Hälfte gegenfinanziert werden - durch Steuern und Entlastungen. Und Sparen ist ebenso angesagt. Dem neuen Finanzminister streut der Wifo-Chef Rosen.

Wien. Der frisch gebackene Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bzw. die beiden Regierungsparteien zusammen müssen jetzt vor allem "Platz für eine Steuerreform schaffen". Das sei das vordringlichste Ziel, meint Karl Aiginger, Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo). Dazu brauche es eine gemeinsame Strategie der beiden Parteien, die dann gemeinsam umgesetzt wird. Ob das realistisch ist? "Ich bin immer Optimist", sagt Aiginger, der dem Wifo seit 2005 vorsteht.
Schon im kommenden Halbjahr sollte die Entlastung starten, forderte Aiginger am Montag im APA-Gespräch. Über vier Jahre sollte es ein Volumen von sieben Milliarden Euro sein, zur Hälfte "gegenfinanziert", also durch andere Steuern ausgeglichen, zur Hälfte aber als echte Entlastung der Steuerzahler. Da der Budgetpfad mit dem Ziel eines strukturellen Nulldefizits 2016 eingehalten werden soll, müsste die Bundesregierung im Laufe der nächsten vier Jahre 3,5 Mrd. Euro einsparen. Das entspreche einem Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung und sei daher durchaus realistisch. Wenn Unternehmen sparen, gehe es oft um 20 Prozent der Kosten, vergleicht Aiginger. Im ersten Jahr könnte natürlich ein höherer Anteil der Steuerentlastungen gegenfinanziert werden. Das umzusetzen "halte ich bei Schelling für möglich, er hat es bei den Krankenkassen genau so gemacht" gibt es von Aiginger Vorschusslorbeeren. Auch die Krankenkassen seien nach einigen Jahren in den schwarzen Zahlen gewesen.
Aber "man muss es glauben", und zwar nicht nur die Politik, sondern auch die Bevölkerung. "Das Allerwichtigste" sei es, wieder Vertrauen herzustellen. Derzeit glaube niemand daran, dass etwas passiert und obwohl Österreichs Wirtschaft im internationalen Vergleich gut dastehe, gehen die Unternehmensgründungen zurück. "Wir präsentieren uns schlecht", diagnostiziert der Wirtschaftsforscher.
An einem Strang ziehen
"Das alles entscheidende" sei, dass die Parteien an einem Strang ziehen. Die neue Strategie der Bundesregierung müsse aber auch in der Realwirtschaft ansetzen, etwa mit dem Ziel der "Umwelttechnologieführerschaft", Förderung der Klein- und Mittelbetriebe (KMU) und der Verbesserung des Images Österreichs im Ausland.
Strebe man glaubwürdig die Umweltführerschaft an, könne man auch ökologische Steuern einführen. Nur den Benzinpreis zu erhöhen sei keine Strategie und würde nur dazu führen, dass die Koalitionsparteien die nächste Wahl verlieren.
Dass die Institute derzeit ihre Prognosen zurücknehmen und die Wirtschaft bei weitem nicht so stark wächst wie noch vor dem Sommer angenommen "tut ihm (dem Finanzminister, Anm.) nicht weh", so Aiginger, denn die Steuereinnahmen würden trotzdem überdurchschnittlich sprudeln, nicht zuletzt wegen der kalten Progression, also dem Aufrücken vieler Steuerzahler in höhere Steuerkategorien.