Felderer: „Sehr aggressive Haltung gegenüber Unternehmen“
Bernhard Felderer, Ökonom und Präsident des Fiskalrates, erklärt warum private Investoren vor Investitionen in Österreich zurückschrecken, warum Österreich als Griechenland der Alpen bezeichnet wird und warum er beim Pensionssystem dringenden Handlungsbedarf sieht.
Bernhard Felderer
Das Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen TPA Horwath, lud im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Face-to-Face“ zu einem Vortrag von Bernhard Felderer, Präsident des Fiskalrates, ins Wiener Palais Todesco. Dort fand der renommierte Ökonom für den fehlenden Wirtschaftsaufschwung klare Worte.
„Wir befinden uns seit 2009, also seit sechs Jahren, in der Krise und im Moment sind wir in einer sehr schlechten Phase“, so Felderer. Und das obwohl es wichtige positive Faktoren gebe, die eigentlich für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen sollten, nämlich einen niedrigen Ölpreis, niedrige Zinsen und für Exporte günstige Wechselkurse.
Schlechte Rahmenbedingungen für Investoren
Laut Felderer hat Österreich vor allem ein Strukturproblem. Außerdem fehle es an privaten Investitionen. „Der Wohlstand kommt von denen, die investieren“, aber Österreich ist ein Land mit einer sehr aggressiven Haltung gegenüber Unternehmen, strengen Umweltauflagen, hohen Energiekosten und einer sehr hohen Abgabenquote. „Wir sind Weltmeister in der Besteuerung unserer Bevölkerung“, merkt Felderer kritisch an.
Österreich „Griechenland der Alpen“
„Die Begeisterung für Privatinvestoren, in Österreich zu investieren, fehlt, denn der Staat hat an Verlässlichkeit verloren“, argumentiert Felderer. In der jüngsten Vergangenheit seien mehrfach auch rückwirkende Veränderungen im Steuersystem eingeführt worden. In Deutschland würde so etwas nicht akzeptiert, mit ein Grund, warum es für Investoren ein attraktiverer Markt sei, so Felderer. "Die Reputation Österreichs leidet auch aufgrund der Causa Hypo." Müssten Anleger doch mit erheblichen Zahlungsausfällen rechnen. Vom Verlust des Vertrauens zeuge auch der Verlust des Triple A Ratings bei zwei der drei großen US-Ratingagenturen. Österreich wird laut Felderer mittlerweile von manchen besonders kritischen Investoren schon als „Griechenland der Alpen“ angesehen.
Kritik an der aktuellen Steuerreform
Positiv bewertet Felderer die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer durch das neue Tarifmodell. „Das war längst fällig“ erklärt Felderer, allerdings hätte er sich für Österreichs Wirtschaft vor allem eine Senkung der Lohnnebenkosten gewünscht. Die Gegenfinanzierung sei ein Problem und es gibt Bereiche, in die der Staat in der Vergangenheit zu wenig investiert hat. Das betrifft vor allem den Bildungssektor, das Pensions- und das Pflegesystem. Hier besteht akuter Handlungsbedarf, warnt Felderer, denn staatliche Investitionen in diesen Bereichen sind nötig, um für die Zukunft gerüstet zu sein und aus der Krise zu kommen. Eine Anhebung des Pensionsantrittsalters hält er für die beste Lösung. Viele Länder mit einem ähnlichen Finanzierungsproblem bei künftigen Pensionen hätten diesen Weg eingeschlagen.
Dem Vortrag folgten unter anderem Maria-Pia Kothbauer-Liechtenstein, Botschafterin des Fürstentums Liechtenstein, Nationalratsabgeordnete Brigitte Jank, Anton Bondi von Bondi Immobilien-Consulting, Christian Dorda von Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte, Alfons Metzger von Metzger Realitäten, Benedikt Spiegelfeld von CHSH Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte, Ernst Vejdovszky von der S Immo AG und Michael Weihs vom Privatsender ATV.