Der Steuer-Sommelier: Wie Winzer/innen Steuern sparen
Die Experten der TPA Horwath Gruppe beraten und vertreten mehr als 150 Weinbaubetriebe in steuerlichen Belangen. Für format/Trend. at haben Sie drei Fragen beantwortet die Winzern unter den Nägeln brennen.

format/Trend: Welche Gewinnermittlungsarten gibt es prinzipiell für Weinbaubetriebe? Und wie unterscheiden sich diese?
Mag. Karl Schwarz, Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und TPA Horwath Krems: Grundsätzlich unterscheidet man zwischen 3 Gewinnermittlungsarten:
1. Die Bilanzierung = doppelte Buchführung
Diese ist zwingend für buchführungspflichtige Rechtsformen (zB GmbH) oder für Betriebe (Einzelunternehmen,Personengesellschaften) mit einem Nettoumsatz (ohne USt) von > EUR 400.000 oder einem Gesamteinheitswert von > 150.000 (Buchführungsgrenzen). Kann auch freiwillig geführt werden.
Vollständige Erfassung aller Betriebseinnahmen und ausgaben nach Beleg
Laufende Buchführung / Umsatzsteuervoranmeldungen
Erfassung Forderungen und Verbindlichkeiten (periodengerechte Erfassung Einnahmen /
Ausgaben, Sollprinzip)
Inventur und Vorratsbewertung am Jahresende
2. Einnahmen / Ausgaben Rechnung
Ist in keinem Fall zwingend vorgeschrieben. Kann freiwillig jederzeit geführt werden (sofern nicht Bilanzierungsverpflichtung aufgrund Rechtsform oder Überschreiten Buchführungsgrenzen).
Vollständige Erfassung aller Betriebseinnahmen und ausgaben nach Beleg
Laufende Buchführung
Zufluss / Abflussprinzip (Zahlungseingang / -ausgang entscheidet über Gewinnwirksamkeit,
Istprinzip)
Bei Investitionen aber Verteilung auf Nutzungsdauer (im Wege der Abschreibung)
Keine Forderungen / keine Verbindlichkeiten / keine Inventur notwendig
3. Pauschalierung
Die Pauschalierung im Weinbau ist eine Art der Einnahmen / Ausgaben Rechnung, es handelt sich um eine sogenannte Teilpauschalierung, d.h. die Einnahmen sind laut Anfall / Beleg zu nehmen
(inkl. Umsatzsteuer), ein Großteil der Ausgaben wird aber pauschal angesetzt.
Sie ist möglich, wenn die Buchführungsgrenzen (s.o.) nicht überschritten werden. Ausgaben grundsätzlich EUR 4.400 / je Hektar bewirtschafteter Fläche, oder (wenn günstiger) 70% der Bruttoeinnahmen (inkl. USt). Man muss daher Betriebsausgaben / Belege nicht aufzeichnen, nicht
aufbewahren, nicht nachweisen.
Neben diesen pauschalen Betriebsausgaben können separat noch folgende Ausgaben (nach tatsächlichem Aufwand) abgezogen werden:
Schuldzinsen (daher zB Kredit günstiger als Leasing)
Zahlungen Pachtzinse (Deckelung mit 25% des Einheitswertes der zugepachteten Flächen)
Zahlungen Ausgedinge
Zahlungen Sozialversicherung der Bauern
Zahlungen Steuerberatung
Die Pauschalierung wird in Verordnungen geregelt, die üblicherweise 5 Jahre in Kraft sind (derzeit von 2011 2015). In letzter Zeit gab es häufiger Kritik an LDW Pauschalierung (Steuerprivilegien), betrifft aber hauptsächlich die Vollpauschalierung in der Landwirtschaft (Gewinn ist % Satz vom Einheitswert).
Vollpauschalierung im Weinbau praktisch nicht vorhanden (geht nur für Betriebe mit weniger als 0,6 ha).
Es ist wahrscheinlich, dass Pauschalierungsmöglichkeiten (auch für Weinbau) ab 2016 weiter eingeschränkt / verschlechtert werden
Gibt es eine ungefähre Richtschnur ab welcher Umsatz-, Gewinn- oder Betriebsgröße man in welcher Gewinnermittlungsart am besten aufgehoben ist?
Für die Wahl der richtigen Gewinnermittlungsart, der richtigen Rechtsform oder möglicherweise einer Kombination mehrerer Varianten (z.B. Betriebsaufspaltung in einen landwirtschaftlichen Betrieb und
einen Handelsbetrieb) gibt es kein Patentrezept.
Auch bei Betrieben gleicher Größe kann die optimale Gewinnermittlungsart (Pauschalierung, Einnahmen / Ausgaben-Rechnung oder Bilanzierung) oder die Rechtsform unterschiedlich sein.
Jede Lösung muss sich an den speziellen Gegebenheiten des Betriebes orientieren und ist von vielen Einflussfaktoren abhängig. Dies können sein:
Gesetzliche Einschränkungen
Auswirkungen auf Ertragsteuern, Umsatzsteuer und Sozialversicherung
Betriebswirtschaftliche Aussagekraft der Buchhaltung
Haftungsfragen
Betriebsnachfolge
Pensionsrechtliche Überlegungen
Verwaltungsaufwand
Mögliche Vorteile Betriebsaufspaltung:
Trennung von Verantwortlichkeiten (zB Produktion Vertrieb)
Nutzen von Steuervorteilen der Pauschalierung
Vermeidung Bilanzierungspflicht (zB zwei ldw. Betriebe)
Vermeidung Gewerblichkeit im ldw. Betrieb wenn Zukaufsgrenzen überschritten werden
Haftungsbeschränkung
Wichtig ist, dass die einmal gewählte Lösung in regelmäßigen Abständen auf ihre Vorteilhaftigkeit hin überprüft wird:
So wie sich steuerliche Vorschriften laufend ändern, ändern sich auch die Gegebenheiten im Betrieb und die Bedürfnisse der Unternehmer. Der/die 30-jährige hat andere Prioritäten als der/die 55-jährige, wenn an eine Nachfolgeregelung oder vielleicht auch schon an die Höhe der Pension gedacht wird.
Was ist bei einem Umstieg in der Gewinnermittlung für Winzer aus steuerlicher Sicht zu beachten?
Dabei ist hauptsächlich zu beachten, dass es sich aufgrund des Aufwandes beim Umstieg oder aufgrund von Bindungsfristen um langjährig wirksame Entscheidungen handelt, die gut zu überlegen
sind (wenn sie nicht zwingend erfolgen, aber dann hätte man vielleicht früher überlegen sollen).
Der Übergang zur Bilanzierung ist dann zwingend, wenn Umsatzgrenze EUR 400.000 in zwei Jahren hintereinander überschritten wird (dann ab zweitfolgendem Jahr), oder wenn Einheitswertgrenze einmalig zum 1.1. überschritten wird (dann ebenfalls ab zweitfolgendem Jahr).
Beispiele:
Umsatz 2010 und 2011 über TEUR 400, Bilanzierung ab 2013
EW am 1.1.2012 über TEUR 150, Bilanzierung ab 2014
Bei Unterschreiten der Grenzen (2x TEUR 400 Umsatz oder 1x Einheitswert) kann ich bereits im Folgejahr raus aus der Bilanzierung.
Bei Umstieg von Bilanzierung auf Einnahmen / Ausgaben Rechnung (auch Teilpauschalierung) und umgekehrt kommt es zur Ermittlung eines Übergangsergebnisses, weil es sonst durch die unterschiedlichen Systeme (Sollprinzip Bilanzierung, Istprinzip Einnahmen / Ausgaben Rechnung) zu Doppelbesteuerungen oder Nichtbesteuerungen kommen würde.
Handelt es sich um einen Übergangsgewinn (in der Regel bei Umstieg von E/A Rg auf Bilanzierung) dann ist dieser zur Gänze im Jahr des Umstiegs zu versteuern. Handelt es sich um einen Übergangsverlust (in der Regel bei Umstieg von Bilanzierung auf E/A Rg) dann muss ich diesen
Gewinnabzugsposten aber auf 7 Jahre verteilen.
Kein Übergangsergebnis ist bei einem Wechsel zwischen E/A Rechnung und Pauschalierung (selbe Systematik) notwendig.
Bei Wechsel von Pauschalierung auf E/A Rechnung oder auf eine freiwillige Bilanzierung ist eine erneute Pauschalierung erst nach 5 Jahren möglich (wenn es sie dann noch gibt).
Wenn ein Umstieg auf Bilanzierung erfolgen soll, dann sollte man sich rechtzeitig mit Fragen wie Belegaufbewahrung / -sortierung, Buchhaltung, usw. beschäftigen.
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Berechnungsbeispiel für die Unterschiede bei den drei Gewinnermittlungsarten