Beitritt Kroatiens zur EU: Was sich alles ändert

Mit dem Beitritt Kroatiens zur EU am 1. Juli 2013 treten auch zahlreiche Änderungen in Kraft, die auch Auswirkungen auf Beschäftigte haben können und auf Firmen, die in oder mit Kroatien Geschäfte machen. So gelten die europarechtlichen Regelungen für die Sozialversicherung ab dem ersten Tag des Beitritts. Was die Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Dienstleistungen betrifft sind Übergangsregelungen vorgesehen. Die Änderungen im Detail.

Beitritt Kroatiens zur EU: Was sich alles ändert

Maximale sieben Jahre Zugangsbeschränkung für Arbeitsmarkt

Ein wesentliches Ziel der Erweiterung der Europäischen Union ist die Liberalisierung des Arbeits- und Dienstleistungssektors. Der Beitrittsvertrag mit Kroatien räumt jedoch, wie schon bei den beiden letzten Erweiterungsrunden, den derzeitigen Mitgliedsstaaten das Recht ein, für maximal sieben Jahre nach dem Beitritt Kroatiens nationale Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt aufrecht zu erhalten. Österreich wird (neben Deutschland) dieses Recht auch bei der Entsendung von Arbeitnehmern aus Kroatien nach Österreich (bzw. Deutschland) zugestanden, allerdings nur in bestimmten, als sensibel eingestuften Bereichen.
Österreich wird laut der Nachrichtenagentur APA die Übergangsfristen für den freien Zugang auf den österreichischen Arbeitsmarkt auch voll ausschöpfen.

Wenn ein bisheriger Mitgliedsstaat Zugang verweigert, darf das Kroatien auch

Für die Regelungen hinsichtlich Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt grundsätzlich Reziprozität: Das bedeutet, Kroatien kann gegenüber jenen EU-Ländern, die nationale Zugangsregelungen für Arbeitskräfte aufrechterhalten, ebenfalls spiegelbildliche Beschränkungen aufrechterhalten oder einführen. Das kroatische Arbeitsministerium erwartet keinen merklichen Zufluss von Arbeitskräften aus EU-Ländern nach Kroatien und wird daher dieses Recht derzeit nicht in Anspruch nehmen.

Spezielles Modell für Übergangsfristen für Arbeitnehmerfreizügigkeit

Für die Übergangsfristen im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit wurde das sogenannte „2+3+2-Modell“ ausgehandelt. Damit haben die bisherigen Mitgliedsstaaten die Wahl, nationale Zugangsbeschränkungen zu ihrem Arbeitsmarkt gegenüber kroatischen Arbeitnehmern - ohne Einschränkung auf bestimmte Branchen - bis zu sieben Jahren beizubehalten.

Die Details für die Übergangsfristen:

- Innerhalb einer 2-jährigen Übergangsfrist können die Mitgliedsstaaten von der Schutzklausel Gebrauch machen – die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist dann in diesem Staat ausgesetzt. Österreich hat von der Schutzklausel Gebrauch gemacht, d.h. die nationalen Voraussetzungen in Österreich bleiben aufrecht.

- Vor Ablauf dieser Frist müssen die Alt-Mitgliedsstaaten die EU-Kommission im Rahmen einer förmlichen Mitteilung unterrichten, ob sie nationale Schutzbeschränkungen für weitere 3 Jahre aufrechterhalten wollen.

- Nach Ablauf dieser 5 Jahre können Schutzmaßnahmen nur für maximal weitere 2 Jahre aufrechterhalten werden, aber nur dann, wenn die Mitgliedsstaaten schwerwiegende Störungen oder Bedrohungen des Arbeitsmarktes nachweisen können.
Spätestens 7 Jahre nach dem Beitritt gilt überall volle Freizügigkeit.

Dienstleistungsfreiheit: Österreich kann einschränken

Flankierend zu der oben beschriebenen Regelung kann Österreich (neben Deutschland) die Dienstleistungsfreiheit für folgende Branchen einschränken:

- Erbringung von gärtnerischen Dienstleistungen,
- Be- und Verarbeitung von Naturwerksteinen und Natursteinen,
 Herstellung von Metallkonstruktionen,
- Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige,
- Sicherheitsdienste,
- Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln,
- Hauskrankenpflege und
- Sozialwesen.

TPA Horwath-Tipp:
Will ein Unternehmer mit Sitz in Kroatien eigene Mitarbeiter nach Österreich entsenden, ist bis zum Auslaufen der Übergangsfrist noch je nach Wirtschaftssektor eine Entsendebestätigung oder (in sensiblen Bereichen) eine Entsendebewilligung bzw. eine Beschäftigungsbewilligung nötig. Der Antrag muss beim regionalen Arbeitsmarktservice (AMS) gestellt werden. Im Bau- und Baunebengewerbe ist immer eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich.

Regelungen für soziale Sicherheit gelten auch zwischen Österreich und Kroatien

Im Bereich der Sozialversicherung gilt die VO 883/2004 in ihrer geltenden Fassung sowie die dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen ab dem Tag des Beitritts. Diese Regelungen gehen dann auch dem zwischen Österreich und Kroatien bestehenden Abkommen über Soziale Sicherheit vor.
Unterschiedliche Regelungen im Rahmen des Abkommens bzw. der EU-Verordnung sind entsprechend zu beachten: So ist zum Beispiel im Abkommen keine zeitliche Beschränkung für eine Ausnahmegenehmigung vorgesehen, im Geltungsbereich der EU-Regelungen wird eine solche in der Regel für maximal 5 Jahre erwirkt.
Im kroatischen Parlament wurde ein Gesetz über die Anwendung der EU-rechtlichen Regelungen betreffend Sozialversicherung ausgearbeitet, das mit 1. Juli in Kraft getreten ist.