Frankreich: Gericht bestätigt Anbauverbot von umstrittenem Genmais
Frankreichs Oberstes Verwaltungsgericht hat das neue Anbauverbot für den umstrittenen Genmais MON810 bestätigt. Der Staatsrat in Paris lehnte am Montag einen Antrag von Maisbauern ab, das seit Mitte März geltende Verbot außer Kraft zu setzen.

Aus der entsprechenden Verordnung des Landwirtschaftsministeriums ergebe sich "kein schwerer und sofortiger wirtschaftlicher Schaden" für die Kläger und die Branche, da der Genmais des US-Agrarriesen Monsanto nur einen sehr geringen Teil der Maissaat ausmache. Es liege daher keine "dringliche Situation" vor, die ein Eingreifen des Staatsrats rechtfertige, so die Begründung.
Der Staatsrat hatte im vergangenen August ein Anbauverbot für MON810 mit der Begründung gekippt, es verstoße gegen EU-Recht. Die Regierung kündigte damals umgehend an, ein neues, juristisch wasserdichtes Verbot zu erlassen. Mitte März - kurz vor Beginn der Mais-Aussaat - trat eine neue Verordnung des Landwirtschaftsministeriums in Kraft, die einen Anbau von MON810 verbietet. Die Verordnung soll solange gelten, bis es ein gesetzliches Anbauverbot gibt. Für ein solches stimmte die Nationalversammlung Mitte April, das Gesetzesvorhaben muss aber noch den Senat passieren.
MON810 ist der einzige Genmais, dessen Anbau in Europa derzeit generell zugelassen ist. Österreich hat allerdings wie einige andere EU-Staaten ein nationales Anbauverbot für diese Sorte erlassen.
Über 100.000 Hektar Genmais in Europa angebaut
Laut der Plattform www.gen-ethisches-netzwerk.de wird der gentechnisch veränderten Mais MON810 in der Europäischen Union (EU) auf einer Fläche unter 100.000 Hektar angebaut. Das entspricht weniger als einem Prozent der europäischen Mais-Anbaufläche (14 Millionen Hektar).
Die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat,laut dem Gen-Neztwerk, die im Prinzip europaweit geltende Anbau-Zulassung des Gentechkonzerns Monsanto im April 2009 aus Vorsorgegründen ausgesetzt. Dieses Verbot könnte laut Netzwerk in Brüssel zu Fall gebracht werden: Denn für MON810 steht nach zehn Jahren eine Neuzulassung an. Die mit dem Mais verbundenen Bedenken konnten aber bisher weder von dem multinationalen Konzern, noch von der einer Neuzulassung überwiegend positiv gegenüberstehenden EU-Bürokratie (insbesondere EUKommission und EFSA) ausgeräumt werden. Die Bedenken betreffen sowohl den Anbau der MON810-Pflanzen an sich, wie auch die Verfahren der Risikobewertung und Zulassung und viele der an diesem Verfahren beteiligten WissenschaftlerInnen.
MON810-Mais: Durch seine gentechnische Veränderung produziert MON810 laut Gentech-Gegnern ein insektengiftiges Protein. Mit dem Gift, das ursprünglich aus dem bodenlebenden Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) stammt, sollen die Larven des Maiszünslers abgetötet werden. Der Maiszünsler, ein Schmetterling, gilt in manchen Regionen Deutschlands, so zum Beispiel im Oderbruch an der Grenze zu Polen, als einer der Hauptschädlinge im Maisanbau.
Auszug aus den Informationen des Gen-ethisches Netzwerks:
MON810-Anbau: Bis 2005 wurde MON810-Mais in Deutschland nur in Versuchen auf kleinen Flächen angebaut. In den Jahren 2005 bis 2008 gab es vereinzelt kommerziellen Anbau - deutschlandweit von bis zu 50 landwirtschaftlichen Betrieben kommerziell genutzt - zuletzt auf 3.173 Hektar. Das entspricht etwa 0,15 Prozent der gesamten hiesigen Maisanbau-Fläche (gut zwei Millionen Hektar). Der Löwenanteil dieser Flächen liegt in den neuen Bundesländern, insbesondere in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
In der EU ist der Anbau dieses Maises in dem Zeitraum von 2005 bis 2008 leicht gestiegen. Im Jahr 2008 waren es knapp 108.000 Hektar. 2009 sank diese Fläche auf knapp 95.000 Hektar. Spanien war dabei mit 76.000 Hektar das Land mit der größten GVO-Fläche in der EU; weitere Länder, in denen MON810-Mais angebaut wird, sind Portugal und die Tschechische Republik, jeweils auf weniger als 10.000 Hektar.
Anbau-Zulassung: MON810 wurde in der EU erstmalig 1998 zum kommerziellen Anbau zugelassen. Diese Zulassung lief 2007 aus. Im Juni 2009 hat das zuständige wissenschaftliche Gremium der EFSA sein OK für die vom US-Gentechkonzern Monsanto beantragte Neuzulassung von MON810 gegeben, allerdings sieht das Verfahren der EU eine Abstimmung der Mitgliedsländer vor. Diese steht noch aus. Wann eine Entscheidung zustande komm, ist derzeit (Januar 2012) offen. Bis dahin gilt die alte Zulassung. Allerdings hat eine Reihe von EU-Mitgliedsländern die EU-Zulassung außer Kraft gesetzt. Dies sind unter anderem Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Österreich, Frankreich und Ungarn.
MON810-Kritik: Landwirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Organisationen, WissenschaftlerInnen und andere haben die Zulassung des Mais und das positive MON810-Votum der EFSA stark kritisiert. Das liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass die EFSA bereits im Dezember 2008 von den EU-UmweltministerInnen aufgefordert worden war, das Verfahren zur Bewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu überarbeiten. Diese Novellierung ist aber weder abgeschlossen, noch von den entsprechenden Gremien der EU akzeptiert. Letztendlich bleibt offen, auf welcher Basis die EFSA derzeit ihre Einschätzungen erstellt.
EFSA: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority) ist die zentrale Stelle der EU bei der Bewertung von gentechnisch veränderten Organismen.