"Wir sind nach wie vor eine Spielwiese für Geheimdienste"

Die NSA-Geheimdienst-Affäre hält Österreich und die Welt in Atem. Der Spionage-Experte Siegfried Beer sieht in den Snowden-Enthüllungen nur die Spitze des Eisbergs.

"Wir sind nach wie vor eine Spielwiese für Geheimdienste"

Partner 3. Klasse - diese vom "Spiegel“ Anfang Juli aufgedeckte Geringschätzung, die der US-Geheimdienst "National Security Agency“ dem Nato-Verbündeten Deutschland gegenüber hegt, wird wohl in die Spionage-Geschichte eingehen. Die damit ausgelöste "Vertrauenskrise“ zwischen der EU und den USA hat kurzfristig sogar die Pläne für den Aufbau einer gigantischen gemeinsamen Freihandelszone in Frage gestellt. Parallel dazu hält die filmreife Flucht des Ex-NSA-Agenten Edward Snowden, 30, der durch seine Enthüllungen für die einen ein moderner Held, für die USA indes zum Hochverräter und Staatsfeind Nummer eins geworden ist, die Welt in Atem.

FORMAT: Herr Professor Beer, wie schätzen Sie die Fluchtchancen von Edward Snowden ein?

Siegfried Beer: Er hat mit Sicherheit kein leichtes Leben vor sich. Vielleicht schafft er es, so wie Wikileaks-Aufdecker Julian Assange, in einer Botschaft Zuflucht zu finden. Das hat es ja früher schon gegeben. Nach 1956 hat ein Bischof jahrzehntelang in einer Botschaft in Ungarn verbracht - ein furchtbares Leben. Ich denke, er hätte in Russland bleiben und die Papp‘n halten sollen. Selbst wenn Snowden die Einreise nach Österreich im Flieger des bolivianischen Präsidenten Evo Morales gelungen wäre, um hier persönlich um Asyl anzusuchen, wären wir kein gutes Land für ihn. Österreich würde dem Druck der USA kaum standhalten.

Wie beurteilen Sie die weltweite Empörung über das Ausmaß der US-Spionage?

Beer: Das ist ja das Kerngeschäft von Nachrichtendiensten. Seit dem Ersten Weltkrieg gibt es die Signal-Intelligence, die Funkaufklärung. Im Zeitalter des Internets und der rasanten technolgischen Entwicklung machen sie das erst recht und verschärft. Der US-Autor James Bamford hat das in drei Büchern sehr detailliert beschreiben. Warum man sich da jetzt plötzlich so aufpudelt, verstehe ich nicht ganz.

Immerhin spionieren die USA befreundete Länder in Europa, etwa Deutschland, aus, nennen sie Partner 3. Klasse, wollen aber gleichzeitig die größte Freihandelszone der Welt mit ihnen gründen.

Beer: Im Zweiten Weltkrieg haben die USA an der Seite der Sowjetunion gemeinsam gegen den Nazi-Faschismus gekämpft. Zugleich aber haben die Sowjets die Amerikaner ausspioniert, umgekehrt jedoch nicht. Die Folge war, dass die USA im Kalten Krieg der UdSSR zehn, 15 Jahre lang hinterher gehinkt sind. Aus diesem historischen Fehler haben die Amerikaner gelernt. Vermeintlich befreundeten Ländern zu sehr zu vertrauen - das machen die nie wieder.

Sie meinen, die ganze Aufregung ist naiv?

Beer: Ja. Dass ein Partner oder Freund mehr wissen will, als offiziell verlautet wird, ist ganz natürlich. Ich verstehe zwar, dass ein direkter Überwachungsangriff, etwa durch Wanzen auf EU-Schaltstellen, persönlich betroffen macht. Doch dass sich die NSA besonders für Deutschland interessiert, liegt auf der Hand. Es ist nun mal mit Abstand das wichtigste Land in Europa. Das ist das Einzige, was für die USA zählt. Es ist daher sicher eine Naivität, diese Spionageaktivität nicht angenommen zu haben. Außerdem haben doch alle Staaten eigene Dienste, um ihre Interessen zu wahren. Und da sich die USA als Ordnungsmacht sehen, macht deren ‚National Security Agency‘ das eben besonders gründlich.

Abgesehen von Terrorbekämpfung durch Breitbandüberwachung - worin bestehen die Ziele der NSA-Auftrag Ihres Wissens noch?

Beer: Es geht um ein ganzes Bündel von Aufgaben. Zuerst gilt die Neugier der Geheimdienste natürlich sicherheitspolitischen Fragen. Aber unmittelbar danach folgen wirtschaftliche Interessen. Man will einfach mehr Hintergründe über die wahren Positionen von mehr oder weniger verbündeten Staaten wissen - bei Verhandlungen über Steuerabkommen, Bankenregulierung, Intellectual Property, you name it.

Aber all dies ist doch großteils öffentlich bekannt?

Beer: Tatsächlich ist inzwischen der Anteil der sogenannten Staatsgeheimnisse auf vielleicht fünf Prozent geschmolzen. Heutzutage lässt sich eigentlich fast alles über ‚Open Source Intelligence‘ herausfinden, wenn man die Spezialisten dafür hat. Bei den US-Diensten arbeiten weit über 200.000 solcher Spezialisten, teils mit Universitätsausbildung, und einem Budget von vermutlich heute mehr als 150 Milliarden Dollar. Aber vergessen Sie nicht: Die USA haben nicht das Monopol eines Überwachungsstaates. Das können andere Länder auch, etwa England.

Finden Sie diesen Aufwand noch verhältnismäßig?

Beer: Wenn es die modernen Kommunikationsmittel erlauben, sich weltweit zu verschwören, kann man nur froh sein, dass es eine Ordnungsmacht gibt, die solche Verschwörungen über das eigene Land hinaus aufdecken kann. Tatsächlich ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis unglaublich. Doch kein US-Präsident könnte es sich leisten, die Geheimdienst-Budgets um - sagen wir - die Hälfte zu kappen und das Geld ins Gesundheitswesen zu stecken. Das wäre auch nicht im Interesse der Welt. Wenn die USA diese Fähigkeit nicht mehr hätten, wären wir völlig wehrlos. Denn der Terrorismus des 21. Jahrhunderts ist völlig anders als der des 20. Jahrhunderts.

Der Terroranschlag beim Boston-Marathon konnte dennoch nicht verhindert werden.

Beer: Wir wissen nicht, welche Aktionen vereitelt wurden. Geheimdienste reden nicht über ihre Erfolge. Aber es hat sehr wohl Hinweise gegeben, dass sie einiges verhindern konnten, sowohl beim Kampf gegen den Terrorismus als auch gegen die organisierte Kriminalität. Wir brauchen solche Dienste, damit Menschen, die politisch, religiös und wie auch immer abwegig werden, in Observation kommen. Sonst haben wir die nächste Explosion am nächsten Hauptplatz. Glauben Sie wirklich, dass uns der Polizist um die Ecke vor dieser Bedrohung schützen kann?

Ist Österreich für die Geheimdienste heute immer noch so interessant wie in der Besatzungszeit?

Beer: Natürlich sind wir nach wie vor eine Spielwiese für Geheimdienste. Allein die USA dürften an die 80 Agenten hier haben. Außerdem haben inzwischen Länder wie China oder Indien ebenfalls ihr Interesse an Österreich entdeckt. Früher war es der Höhepunkt einer Agenten-Karriere, hierher versetzt zu werden. Diesen Status eines für Geheimdienste wichtigen Landes hat Österreich, insbesondere Wien als UN-Sitz, nie verloren.

Zur Person: Siegfried Beer, Jahrgang 1948, lehrt seit 1978 an der Karl-Franzens-Universität Graz am Institut für Allgemeine Neuere Geschichte und Allgemeine Zeitgeschichte. Er wurde mehrmals zu Gastprofessuren berufen, etwa an die University of Minnesota (1992), die Harvard University (1996/97) oder die Columbia University New York (2007). Vor neun Jahren gründete Beer das "Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies“ (ACIPSS), sozusagen Österreichs einzige Geheimdienst-Forschungsstelle.

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