Gernot Kulis: "Nach Bitcoin kommt Shitcoin"
Österreichweit bekannt wurde er durch seine Radio-Comedy "Ö3-Callboy". Der Kabarettist über Anrufe beim Finanzamt, die Neidgesellschaft und Investment in Klopapier.
trend:
Als Parodist und "Ö3-Callboy" imitieren Sie seit 20 Jahre Stimmen, sprechen Hans Krankl, "Karl Schmähhammer" wie "Heinz Spassmann". Wie gut sprechen Sie Wirtschaft? Oder rufen Sie auch diesbezüglich lieber wen an?
Gernot Kulis:
Wenn ich als Student in Graz nach dem Ausgehen Hunger bekommen habe, bin ich in eine Pizzeria, hab mir eine Pizza zum Zustellen bestellt und bin mir ihr gleich mit nach Hause gefahren. Acht Euro für Pizza und Taxi. Grundsätzlich überlasse ich das Wirtschaftliche lieber jemandem, der sich besser auskennt als ich. Aber natürlich setze ich mich auch mit den Finanzen auseinander. Ich habe zum Beispiel beim Finanzamt getarnt als "Fußballer" angerufen und gefragt, wie hoch die Steuer auf Schwarzgeld ist? Seitdem habe ich selbst jedes Jahr eine Prüfung, quasi einen behördlichen Dauerauftrag abgeschlossen.
Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem?
Ich habe das subjektive Gefühl, dass unser System auf Strafe und nicht auf Belohnung aufgebaut ist.
Gilt der alte Spruch "Über Geld spricht man nicht" immer noch?
Der Spruch kommt wohl aus unserer Neidgesellschaft heraus. Viele prahlen mit Geld, manche genieren sich, dass sie was erreicht haben und stapeln tief, andere wiederum haben kein Geld und vermitteln das Gegenteil. Man sieht, welch große Rolle das Geld in der Gesellschaft einnimmt. Mich hat es noch nie interessiert, wie viel andere verdienen. Ich freue mich sehr, wenn's bei jedem und jeder gut läuft.
Was haben Sie im Umgang mit Geld von zu Hause aus mitbekommen?
Meine Eltern, vor allem meine Mama, hat mit wenig Geld ausgezeichnet haushalten können, und mir ist als Kind nichts abgegangen. Meinen Kindern gebe ich mit, dass es in erster Linie um die Freude an der Arbeit geht, alles weitere kommt von alleine.
Was würden Sie auch für viel Geld nicht machen?
Als Callboy betuchte Damen beglücken. Generell nichts, wofür ich nicht stehe. Dafür ist mir Geld nicht so wichtig.
Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben?
Gleich nach der Matura habe ich beim Privatradio angefangen und mein eigenes Geld verdient. Meine Motivation waren immer Reisen, zuerst war es Italien, dann Kuba, jetzt Österreich, die Tendenz stimmt.
Sie wollten Fußballprofi werden - tut es Ihnen angesichts der aktuellen Transfersummen leid, ins Comedian-Fach gewechselt zu haben?
Nein, so realistisch bin ich, für mich wären solche Summen wohl nicht bezahlt worden. Aber das Vertragsangebot vom FC Barcelona mit der Begründung auszuschlagen, dass ich lieber im Stadtsaal Wien auf der Bühne stehe, hätte auch was.
Ist finanzielle Vorsorge ein Thema in Ihrem Leben?
Ich bin keiner, der später mal gut leben will. Für mich und meine Familie zählt das Jetzt.
Was würden Sie überhaupt noch als gutes Investment erachten?
Wenn ich die finanzielle Mittel hätte, würde ich in Immobilien anlegen. Kleine Wohnungen, die ich vermiete. Oder in Klopapier. Der Wert des Klopapiers ist nach den Lockdowns gestiegen. Man spricht bereits von einer eigenen Klopapier-Währung. Nach Bitcoin kommt Shitcoin.
Wofür geben Sie lustvoll Geld aus?
Ich gebe gerne Geld für Reisen aus, auch für Kulinarik, für Konzerte und für Sport. Ich muss nichts haben, womit ich prahlen könnte - ich lebe für Abenteuer und bleibende Bilder im Kopf.
Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Ich habe mit meinem ersten Ersparten meinem Bruder und mir eine Pauschalreise nach Kuba gebucht. An Hurrikans habe ich damals nicht gedacht. Da wir zehn Tage das Hotelzimmer nicht verlassen durften, war es die teuerste und verrückteste Langeweile in meinem Leben.
Was bedeutet Luxus für Sie?
Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, ist für mich von großer Bedeutung. Sich dabei etwas leisten können und mal eine Einladung auszusprechen, bedeutet für mich Luxus.
Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Für ein Flugticket nach Hause, so sehr ich das Reisen auch liebe, so sehr genieße ich es auch, nach Hause zu kommen.
Zur Person
Gernot Kulis , 44, In Sankt Paul/Lavanttal geboren, startete der Comedian seine Radio-Laufbahn im Landesstudio Steiermark, ehe er 1999 zu Ö3 wechselte, wo er mit seinen "Scherzanrufen" als Ö3-Callboy bekannt wurde. Aktuell ist er mit seiner "Best of 20 Jahre Ö3-Callboy "-Open-Air-Liveshow on Tour. Alle Termine: gernotkulis.at