Auf die Bohne gekommen: Bieder-Maier, Rrröstfrisch

Die Werber Rudi Kobza und Nikolaus Pelinka sind auf die Bohne gekommen. Warum und wie die beiden Kreativen in schwarzes Gold investieren und mit der Marke Bieder & Maier von Wien aus ein neues Kapitel Kaffeegeschichte aufschlagen wollen.

Zwei Werbe- und PR-Profis auf neuen Wegen: Rudi Kobza (li) und Nikolaus Pelinka steigen ins Kaffee-Business ein.

Zwei Werbe- und PR-Profis auf neuen Wegen: Rudi Kobza (li) und Nikolaus Pelinka steigen ins Kaffee-Business ein.

Drei Tassen Kaffee trinkt der Österreicher laut letztem Kaffeereport täglich. Pro Jahr sind das acht Kilogramm pro Person. "Vor allem weil er schmeckt", geben 52 Prozent der Österreicher als Grund an, anders als etwa die Polen, denen Kaffee in erster Linie Energie verleiht. Auch jeweils eine Lieblingsmarke haben hierzulande mehr als die Hälfte der Befragten. Kaffeegenuss ist längst Teil des Lifestyles geworden, kaum eine Hipster-Chill-out-Location, in der nicht Kaffee stylish zelebriert oder wie exquisiter Wein kredenzt wird.

Beste Voraussetzung für die Ausweitung der Businesszone, und um in schwarzes Gold zu investieren. Das dachten sich auch Nikolaus Pelinka und Rudi Kobza von der Kreativagentur Kobza and the Hungry Eyes (KTHE), die sich zu 50 Prozent am Business des 35-jährigen Barista Valentin Siglreithmaier aka "Maier" und des Unternehmers Niclas Schmiedmaier beteiligt haben, also an einem bestehenden Unternehmen, das sich, was Vertrieb und Produktion betrifft, seit zwei Jahren erfolgreich im Aufbau befindet.

Die Bohnen für den Kaffee der Marke Maier, die österreichweit bereits in ausgewählten Gastronomiebetrieben wie dem Café Engländer, der Albertina Passage, dem Diglas oder bei Joseph Brot präsent ist, stammen aus Anbaugebieten Zentralamerikas, Afrikas und Indiens und werden schonend langzeitgeröstet. Sechs exklusive Blends hat Maier aus über 100 Kaffeearten zusammengestellt, wobei Bohnen und Rösterei immer im "perfect Match" abgestimmt werden.

Emotion und Kommunikation

Ein Potenzial an Qualität, das man durchaus stärker ausschöpfen und vermarkten kann, wie Kobza und Pelinka meinen. Sie kalkulieren mit dem Marken-wie Qualitätsbewusstsein und dem Nachhaltigkeitsdenken einer neuen Generation. Und haben dabei durchaus die Erfolgsgeschichte der Kaffeekette Blue Bottle im Hinterkopf. 2002 von dem Klarinettisten und Kaffee-Aficionado James Freeman in Oakland gegründet, gilt Blue Bottle im Silicon Valley als das "Apple" der Kaffeewelt.

Freemans Blue Bottle Coffee, dessen Namen eine Hommage an das legendäre Kaffeehaus "Zur blauen Flasche" in Wien ist, hat einen Hype ausgelöst und die Revolution einer "dritten Generation" von Kaffeehausketten angezettelt, die sich auf die Wurzeln der Kaffeekultur besinnt und den Geschmack der frisch gerösteten Bohnen in den Vordergrund stellt. Und der Trend geht auch hierzulande "von der Masse zur Qualität", analysiert Rudi Kobza die enorme Erfolgsgeschichte an der Westküste.


"I don't want to drink my father's coffee"

An der Espressomaschine: Rudi Kobza (li) und Niko Pelinka wollen ihre Kaffeemarke "Bieder & Maier" zu einer nationalen Visitenkarte entwickeln.

An der Espressomaschine: Rudi Kobza (li) und Niko Pelinka wollen ihre Kaffeemarke "Bieder & Maier" zu einer nationalen Visitenkarte entwickeln.

Bei einer Schale des neuen Bieder & Maier Kaffees erklären Kobza und Pelinka, wie sie mit ihrer Marke gerade in Wien, wo Kaffee eine lange Tradition hat, den Geschmacksnerven den roten Teppich ausrollen und die Marke zu einer Love-Brand der Millennials aufbauen wollen.

trend: Wie sind Sie als Werber auf die Bohne gekommen?
Rudi Kobza: Wie es der Zufall will, sind wir dem begnadeten Barista Valentin Maier begegnet, der Kaffeekultur überzeugend lebt und kultiviert. Und es hat von Beginn an gefunkt. Unser Beruf ist stark markengetrieben und es gibt, glaube ich, kaum einen Bereich, wo so viel Kaffee getrunken wird, wie in der Kreativwirtschaft. Zum anderen gibt es kaum eine Produktkategorie, die so von Emotion geprägt ist und auch international so einen Aufschwung hat wie Kaffee. Wir bringen also unser Handwerk ein: Markenbildung, Emotion und Kommunikation. Das Produkt steht und hat sich durchgesetzt, der Barista ist vorhanden. Wir schöpfen einfach das Potenzial stärker aus.

trend: War es eine wirtschaftliche Entscheidung oder die lustvolle Herausforderung, weil Kaffee gerade so ein hippes Thema ist?
Niko Pelinka: Der Glaube an das wirtschaftliche Potenzial ist da. Das ist ein weltweiter Markt, der völlig uneingeschränkt in allen Regionen der Welt hoch erfolgreich ist. In Österreich trinken 75 Prozent täglich Kaffee. Über 50 Prozent der Menschen geben an, eine Lieblingskaffeemarke zu haben. Da sehen wir enormes Potenzial, aus Wien heraus mit Qualität und einer jungen, frischen Marke eine Geschichte zu schreiben. National wie international.

trend: Sie sind mit 50 Prozent eingestiegen, Sie hätten das Produkt auch nur als Werber vermarkten können.
Kobza: Wir haben ein unternehmerisches Gen und es steckt zu viel Leidenschaft in der Geschichte. In einem Markt, der die modernen Konsumenten, die Millennials noch nicht wirklich angesprochen hat. Es gibt zwar die Traditionsmarken, aber noch keine Verbindung von Tradition mit Moderne. Dieses Feld wollen wir abdecken.

trend: Nachdem sich jahrelang Männer im besten Alter mit Wein oder Zigarren beschäftigt haben, hat der Mann von Welt heute einen Imker oder einen Röster seines Vertrauen. Satiriker Ulrich Salamun, Nummer drei bei maschek, ist schon vor Jahren mit eigener Plantage in Nicaragua unter die Kaffeeproduzenten gegangen. Wie kann man sich auf diesem Markt noch positionieren?
Kobza: Es gibt in der Tat international viele Kaffeegründungen, aber nicht in Wien. Und keine andere Stadt hat diese Tradition. Darum ist die Wiener Kaffeehauskultur weltweites Kulturerbe der UNESCO. Im Biedermeier war hier die Hochblüte der Kaffeehäuser. Wir wollten diesen Wiener Ursprung mit Qualität verbinden, also haben wir den Namen Maier mit Bieder ergänzt. 1828 kam zudem die erste Giraffe über den Kaiser nach Wien und inspirierte Begriffe der Zeit: Man trank damals Kaffee à la Giraffe und servierte Giraffels, ein Mürbgebäck, dazu. So haben wir die Giraffe als Symbol gewählt und von einem englischen Illustrator zum Markenbild umsetzen lassen.
Die Farbe des imperialen Gelb soll so signifikant werden wie das Türkis von Tiffany oder das Orange von Hermès. Auch bei den Asiaten ist diese Farbe mit jener der Königs-und Kaiserhäuser besetzt.


Eine Verbindung von Tradition mit Moderne, eine Brücke zur historischen Hochblüte der Kaffeehauskultur in Wien.

trend: Haben Sie, gerade als liberale Denker, keine Angst, dass "Bieder &Maier" in der aktuellen Stimmung zu viel Rückzug vermittelt, sozusagen, wo draußen bald wieder der Zensor tobt?
Pelinka: Gar nicht, die Marke steht ja für eine moderne, lebendige und internationale Interpretation des österreichischen Kaffee- Erbes. Das Bieder als Zusatz zum jungen und frischen (Valentin) Maier soll einfach eine charmante augenzwinkernde Brücke zur historischen Hochblüte der Kaffeehauskultur in Wien schlagen.

trend: Wie haben Sie persönlich bisher Kaffee genossen?
Kobza: Ich habe immer so drei bis fünf Espressi am Tag getrunken.
Pelinka: Ich geb's zu, ich bin mit Kapseln in den Tag gestartet. Mit den Verkostungen entwickelt sich aber auch der Gaumen. Da merkt man dann den Unterschied.
Kobza: Das ist wie beim Wein. Man entwickelt sich. Die Gastronomie und der Lebensmittelhandel hupfen uns das vor bei Qualität wie bei Design und im Produktangebot. Es geht weg von der Massenindustrie, hin zum kreativen Bereich und kleinen, feinen Manufakturen.

trend: Und was wussten Sie tatsächlich über Kaffee, bevor Sie sich Wissen über die fruchtige Zitrusnote oder den schokoladig-nussigen Geschmack einzelner Blends angelesen haben?
Kobza: Ich kannte Robusta und Arabica und die Hauptkaffeeanbaugebiete Südamerikas, aber ich hatte keine Ahnung vom Zusammenspiel der Blends und von der Bedeutung der Langzeitröstung für die Geschmacksvielfalt.
Pelinka: Ich habe die Rolle der richtigen Kaffeemaschine und deren Einstellung unterschätzt. Die Zahl der Kaffeetrinker, die angeben, dass sie zu Hause einen Vollautomaten haben, hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Das ist eine spannende Veränderung. Der Vollautomat als Basis der Qualität ist leistbarer geworden.

Leidenschaft in Sachen Kaffee: Die Werber Kobza und Pelinka machen sich gemeinsam mit Barista Valentin Siglreithmaier (2. v. r.), Gastroexperte Alexander Hamersky (M.) und Manager Niclas Schmiedmaier für Qualiät und Marke stark.

Leidenschaft in Sachen Kaffee: Die Werber Kobza und Pelinka machen sich gemeinsam mit Barista Valentin Siglreithmaier (2. v. r.), Gastroexperte Alexander Hamersky (M.) und Manager Niclas Schmiedmaier für Qualiät und Marke stark.

trend: Wo sollen Ihre Kaffeepackerl hinkünftig landen?
Kobza: Wir sind eine Genussmarke für Gastronomie und Offices.
Pelinka: Aber als Start-up sind wir offen. Es ist eine Volumenfrage: Um im Handel groß zu beginnen, braucht man eine gewisse Größe. Dann wird sich zeigen, ob man in ein Store-Konzept geht. Wir werden aber auf jeden Fall einen Onlineshop einrichten.

trend: Wie breit ist der Kaffeetrend verankert?
Pelinka: Während der Filterkaffee abseits der aktuellen Retrowelle immer noch das Getränk einer älteren Generation ist, ist der Espresso das Getränk der 20-bis 40-Jährigen.
Kobza: Es gibt ja den Spruch: "I don't want to drink my father's beer." Das kann man ummünzen auf: "I don't want to drink my father's coffee." Ich glaube, dass die Gruppe der Millennials ganz anders auf Qualität und Marken zugeht. Wir wollen die jungen, modernen, urbanen Menschen ansprechen, die nicht mit Traditionsmarken aufgewachsen sind.
Pelinka: Wir sind im Zuge der Recherchen darauf gestoßen, dass eine Agentur, wie wir sie hier sind, einen größeren Kaffeeverbrauch hat als ein kleines Wiener Kaffeehaus. Arbeitsraum ist auch immer Lebensraum. Dabei spielen Lifestyle und Qualität eine große Rolle. Da gehört Kaffee dazu.
Kobza: Weitergedacht heißt das: Kaffeekultur ist Unternehmenskultur. Man kann schauen, welches Unternehmen einem welchen Kaffee serviert. Bei vielen steht Bequemlichkeit immer noch an erster Stelle. Das heißt: Kapseln. Aber von der Westküste getrieben, gibt es zunehmend ein neues Denken im Bezug auf das Arbeitsumfeld. Alle wollen das Google-Feeling oder jenes von Facebook oder Apple in ihren Büros. Selbst Großunternehmen wie ÖBB oder OMV haben sich modernisiert, sind moderner, bunter und offener. Viele Unternehmen haben eigene Küchen oder kleine Besprechungsinseln. Da ist der Kaffee nicht nur ein Getränk, sondern Bestandteil der Unternehmenskultur und gehört zum Lebensgefühl.

trend: Wann erachten Sie Ihr Projekt als erfolgreich?
Pelinka: Unternehmertum bedeutet ja auch Freude am Risiko. Wenn man bedenkt, dass viele Start-ups bereits im ersten Jahr verschwinden, ist es schon ein Erfolg, die Marke langfristig zu etablieren. Das zweite ist ein fast patriotisches Anliegen: Diese Marke kann auch eine Visitenkarte für das moderne Österreich werden. Wie bei Staatsbesuchen die Sachertorte übergeben wird und auch Manner-Schnitten immer dazugehören, wäre es schön, irgendwann einmal in ferner Zukunft Bieder-&-Maier-Kaffee als Teil davon zu wissen. Das ist der Traum.


Der Artikel ist der trend-PREMIUM Ausgabe 4/2018 entnommen.

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