Von der Leyens Zukunftsplan für die Industrie der EU
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in Brüssel ihre Pläne zur Stärkung Rettung der Industrie in der EU vorgestellt. Hunderte Milliarden Euro sollen in klimafreundliche Technologien investiert werden.
Klimawandel als Herausforderung und Chance: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihr Programm zur Stärkung der Industrie in der EU vorgestellt.
Die EU fürchtet angesichts milliardenschwerer Staatshilfen in den USA und China um die Wirtschaft in der Union. Jetzt legt Brüssel nach: Ein neuer Industrieplan soll es ermöglichen, wettbewerbsfähig zu bleiben und klimafreundliche Technologien in der EU zu fördern.
Zur Rettung des Industriestandorts Europa muss die EU nach Einschätzung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Hunderte Milliarden Euro in klimafreundliche Technologien investieren. Die Industrie stehe unter starkem Druck, nicht zuletzt weil Subventionen in Ländern wie den USA und China die Wettbewerbsbedingungen verzerrten, heißt es in den am Mittwoch vorgestellten Empfehlungen der Behörde.
Dies erfordere es, den Zugang zu Fördermitteln für die klimaneutrale Industrie zu erweitern und zu beschleunigen.
Die Pläne sind unter anderem eine Antwort der EU auf Staatshilfen in dreistelliger Milliardenhöhe, die die USA in Industriezweige zur Bekämpfung des Klimawandels pumpen wollen. Wie die EU-Kommission betont, rüsten sich aber auch andere Weltregionen im Rennen um entsprechende Industriezweige mit ähnlich großen Summen. China habe Investitionen in saubere Technologien von mehr als 280 Milliarden Dollar (258 Mrd. Euro) angekündigt. Die USA mobilisierten mit ihrem sogenannten Inflation Reduction Act mehr als 360 Mrd. Dollar.
Seit die Regierung in Washington enorme Wirtschaftshilfen beschlossen hat, gibt es in der EU die Befürchtung, dass Firmen neue Standorte in anderen Weltregionen aufbauen und Arbeitsplätze dorthin verlagern könnten, wenn sie hier nicht ebenfalls subventioniert werden.
Konkret sollen die Vorgaben für staatliche Beihilfen in der EU künftig weiter gelockert werden, wie aus dem Entwurf hervorgeht, der der deutschen Presseagentur dpa vorliegt. Demnach dürften sie etwa für mehr Technologien gewährt werden, höher ausfallen als bisher und über einen längeren Zeitraum gewährt werden. Zugleich will die EU-Kommission mit dem Vorstoß klimafreundliche Energieproduktion in Europa stärken. Weitere Details dazu will die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager vorstellen.
Was von der Leyens EU-Plan im Kampf um Europas Industrie bedeutet
Warum muss die EU reagieren?
Die Welt muss klimafreundlicher werden, um die Lebensgrundlagen zu erhalten. Weil man damit bereits spät dran ist, wird nun umso entschiedener um wichtige Industriezweige gekämpft. Das sind etwa die Energieproduktion aus Sonne und Wind, aber auch umweltfreundliche Autos oder Technologien für nachhaltiges Heizen. Verschiedene Akteure wie die USA, China, Japan oder Indien locken Unternehmen mit enormen Summen, damit diese Industriezweige bei ihnen ausgebaut werden. Die Idee dahinter: Die Investitionen rentieren sich, indem gute Arbeitsplätze entstehen und Produkte weltweit verkauft werden können. Die Angst Europas ist, in diesem Rennen abgehängt zu werden.
Wie wird die EU reagieren?
Das steht noch nicht genau fest, aber es gibt jetzt einen ersten Vorschlag von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Im Grunde soll auch hierzulande die Industrie mit einem dreistelligen Milliardenbetrag gefördert werden. Zudem ist das Ziel, bürokratische Hürden abzubauen. Zunächst sollen bestehende EU-Mittel genutzt und die Regeln für staatliche Beihilfen gelockert werden. Eigentlich sind letztere in der EU relativ streng. Im Zuge der Corona-Pandemie und um Folgen von Russlands Krieg gegen die Ukraine abzufedern, waren sie aber schon entschärft worden. Debatten gibt es etwa noch darum, inwiefern frisches Geld - etwa in Form gemeinsamer Schulden - genutzt werden soll.
Was bedeutet der Konkurrenzkampf für Bürgerinnen und Bürger?
Die direkten Auswirkungen sind kurzfristig wohl überschaubar, langfristig aber nicht. Es geht darum, gut bezahlte Industriearbeitsplätze zu erhalten und neue aufzubauen. Die EU-Kommission betont etwa, dass in grünen Wirtschaftsbereichen zwischen 2000 und 2019 rund 1,3 Millionen Jobs entstanden seien. Allein die Batterieindustrie schätze, dass bis 2025 um die 800 000 neue Arbeitskräfte gebraucht würden.
Sollen durch den Plan auch Energiepreise sinken?
Ja, es soll eine zuverlässige Energieversorgung gewährleistet werden. Der Krieg gegen die Ukraine und die in diesem Zuge stark gestiegenen Energiepreise haben die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen deutlich gemacht. Energie soll künftig "Made in Europe" und Preise sollen damit weniger anfällig für geopolitischen Spannungen sein. Zudem ist der Plan Teil der EU-Klimaschutzbemühungen. Wenn die Klimakrise weiter voranschreitet wird etwa Extremwetter wahrscheinlicher und die Lebensmittelversorgung schwieriger.
Wie geht es weiter?
Die Vorschläge werden jetzt in den EU-Hauptstädten analysiert. Nächste Woche kommen dann die Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammen und sprechen über das Vorhaben. Diskussionen dürfte es vor allem darum geben, wie kleine EU-Staaten im Wettbewerb mit großen Ländern wie Deutschland und Frankreich nicht benachteiligt werden. Im März 2023 will die EU-Kommission dann Rechtstexte vorlegen. Auch diesen müssen die EU-Staaten zustimmen. Änderungen am bisherigen Fahrplan sind also möglich.