Seniorenbund-Obmann Andreas Khol und JI-Chefin Therese Mitterbauer im Interview

Seniorenbund-Obmann Andreas Khol und JI-Chefin Therese Mitterbauer proben den Brückenschlag zwischen Jung und Alt und fordern gemeinsam Reformschritte im Pensionssystem.

FORMAT: Herr Khol, Frau Mitterbauer, der Generationenstreit zwischen Jung und Alt wird heftiger. Sie beide halten diesen Konflikt für überzogen. Warum?

Khol: Unsere unheilige Allianz aus spätkapitalistischer Industrie und christlichsozialem Kartoffelgulasch hat festgestellt, dass wir viel mehr in den Zielsetzungen gemein haben, als wir dachten.

Mitterbauer: Wir sind uns einig: Diesen steigenden Schuldenrucksack wollen weder ich noch die Enkel von Herrn Khol schultern. Das vereint die Pensionisten mit uns Jungen.

Khol: Die Frontstellung ist ja nicht Jung gegen Alt, sondern reformmüde Politik gegen sachlich Richtiges. Wir haben in Loipersdorf Sparvorschläge gemacht, womit man 800 Millionen Euro nachhaltig im Pensionssystem sparen könnte. Die Politik war dazu nicht in der Lage, weil sie nach dem Wahlerfolg schielt und nach dem Prinzip vorgeht, was allen zumutbar ist. Die Reformverweigerer sind unsere gemeinsamen Gegner.

FORMAT: Warum sollte sich künftig die Haltung der Politik ändern?

Mitterbauer: Weil der Druck von unten noch weiter steigen wird. Nicht nur bei den Pensionen, sondern auch in anderen Bereichen. Die Herausforderung ist im Moment, dass die Menschen das Problem zumeist noch nicht am eigenen Leib spüren. Dabei könnten wir durch die Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters um ein Jahr über eine Milliarde Euro einsparen.

Khol: Eines ist unbestritten: Wenn wir so weitermachen, geht es in den Abgrund.

FORMAT: Neben der Debatte Jung gegen Alt gibt es ja noch einen zweiten Frontverlauf zwischen öffentlichem Bereich und Privatwirtschaft.

Mitterbauer: Wir Jungen hören aus der Beamtengewerkschaft, dass das neue Lehrerdienstrecht erst in der nächsten Legislaturperiode eingeführt werden muss, weil der Hut nicht brennt. Beamtengewerkschafts-Chef Neugebauer ist also gegen eine zügige Anpassung des Lehrerdienstrechts und der Lehrerbezahlung. Das ist ein Schlag gegen die Zukunft Österreichs und gegen uns Junge. Da sagen wir: Der vertritt unsere Interessen sicherlich nicht!

Khol: Das Problem ist nur: Interessenvertretungen vertreten die Anliegen ihrer Mitglieder. Ich mache Präsident Neugebauer keinen Vorwurf, dass er die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Aber die Politik muss das Gemeinwohl berücksichtigen, also Entscheidungen, die für das Staatsganze wichtig sind, treffen. Mein Vorwurf ist also, dass nötige Reformschritte nicht gesetzt werden.

FORMAT: Was sind die Punkte, die Jung und Alt gemeinsam fordern?

Mitterbauer: Womit wir nicht wirklich glücklich sind, ist die momentane Regelung der Altersteilzeit. Wir brauchen dringend alternative und vor allem akzeptable Gleitzeitmodelle. Von der derzeitigen Form der Altersteilzeit profitieren oft die Falschen, und sie wird von einem Großteil der Angestellten und Beamten teilweise schon vor der Hacklerregelung in Anspruch genommen.

Khol: Wenn man die Blockmöglichkeit streicht, können wir die gesamte zusätzliche Ersparniserfordernis von 100 Millionen Euro für das Budget 2012 darstellen. Unsere zweite Maßnahme wäre das Anreizmodell für längeres Arbeiten. Wir wollen, dass jemand, der länger arbeitet, als er muss, massiv besser gestellt wird.

Mitterbauer: Mit Anreizmodellen für längeres Arbeiten ab 65 Jahren habe ich gar kein Problem. Was wir aber auch unbedingt brauchen, sind stärkere Abschläge, wenn jemand kürzer arbeitet – ohne Ausnahmeregelungen.

Khol: Beim Anreiz gibt es schon Modelle, in Skandinavien etwa, und die Vorschläge von Leitl und Aubauer.

Mitterbauer: Ich halte diese für einen ersten Schritt, aber mir wäre es natürlich lieber, wenn die Leute das gesetzliche Antrittsalter einhalten würden und wenn es keine Hacklerregelung geben würde.

Format: Das heißt auch ein definitives Aus für die Hacklerregelung?

Khol: Bei den Frühpensionen sehe ich nur noch eine Form: die Invaliditätspension. Alle anderen Formen müssen ersatzlos auslaufen.

Mitterbauer: Im Jahr 2009 sind 30.000 Menschen in Pension gegangen, davon aber nur 20 Prozent mit 65 Jahren, dem gesetzlichen Antrittsalter. 25 Prozent gingen in Invaliditätspension, 20 Prozent in die Hacklerregelung.

Khol: Was unsere gemeinsame Forderungen verbindet, ist Folgendes: Wir wollen beide, dass die Menschen bis 65 Jahre arbeiten.

FORMAT: Frauen und Männer?

Mitterbauer: Es muss insgesamt ein faireres System werden, und zwar für alle.

Khol: Beide Geschlechter. Die Übergangsregelung für Frauen darf nicht bis 2032 laufen.

FORMAT: Gibt es eine Chance, dass Ihre Vorschläge noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden?

Khol: Ich halte die Chancen für groß. Beim Sozialminister gibt es Hinweise, das Anreizsystem umzusetzen. Und ich sehe erste Schritte im Hinblick auf ein sozial verträgliches Ende der Hacklerregelung und auf eine Reform der Invaliditätspension. Die Altersteilzeit ist ein Auslaufmodell. Das sind geradezu objektive Vorschläge von uns.

Mitterbauer: Ich bin noch skeptisch, was das Auslaufen der „Hacklerregelung“ im Jahr 2013 anbelangt. Bei der Altersteilzeit sehe ich das ähnlich, die Suche nach Alternativen wird hier wohl länger dauern. Bei unseren Vorschlägen zum längeren Arbeiten kann die Regierung eigentlich nichts dagegen haben.

Interview: Markus Pühringer
Dokumentation: Jelena Gucanin

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