Prädikat: Ladenhüter

Vorschläge, die Eurofighter zur Budgetsanierung zu verkaufen, sind sinnlos: Die abgespeckte Österreich-Version der Jets ist unverkäuflich – und kommt der Republik teurer als die ursprüngliche Variante.

Es klingt nach Heldenepos, wenn das Bundesheer per Pressetext vom Eurofighter-Einsatz erzählt. Es „… wurde die Boeing über den Tauern abgefangen und in Zeltweg zur Landung gezwungen“, heißt es etwa in einer Jubelmeldung. Anmerkung: Beim gestellten Jet handelte es sich nicht um einen Feind, sondern um einen AUA-Passagierflieger – bei einer Übung.
Der wahre Arbeitsalltag der Abfang­jäger sieht eher trist aus – von den 15 gelieferten Fliegern wurden zwei gleich einmal als Ersatzteilspender in den Hangar geschoben. Von den übrigen 13 befinden sich maximal sechs im sogenannten „Klarstand“, sind also sofort einsatztauglich.

Die österreichische Eurofighter-Variante, wie Verteidigungsminister Norbert Darabos sie im Jahr 2007 mit EADS aushandelte, stellt sich jetzt als fauler Kompromiss heraus. Wesentliche Ausrüstungsbestandteile, die Darabos von der Einkaufsliste strich, um ein Spar-Wahlversprechen seines damaligen Parteichefs Gusenbauer einzulösen, fehlen dem Flieger heute zur Vollwertigkeit. Jetzt muss oft teuer nachgerüstet werden. Vorschläge, die Eurofighter als Teil des Sparpakets zu verkaufen, brauchen nicht ernsthaft diskutiert werden: In der Ausstattungsvariante Darabos sind die Geräte unverkäuflich.

Veraltete Austrofighter

Daher ist die Idee von SPÖ-Generalsekretär Günther Kräuter, die Eurofighter zu Budgetsanierungszwecken abzugeben, nicht umsetzbar. „Ein absurder Vorschlag“, wehrt sich Darabos gegen das Ansinnen seines Parteifreundes: „Das sind taktische Spielchen, die sinnlos sind, selbst wenn ein Parteifreund sie spielt.“ Auch der Grüne Peter Pilz wäre die Jets lieber heute als morgen los. Doch, da stimmen Militärexperten überein, würde die von Euro- zum Austrofightern mutierten Flieger niemand nehmen. In der Sparversion fehlen zu viele international unverzichtbare Systeme.

Der EADS-Deal von Darabos hat durchaus skurrile Züge – und wird der Republik unterm Strich am Ende zum Nachteil gereichen. Zwar hat der Minister statt 1,959 Milliarden für 18 Jets nur 1,589 Milliarden für 15 Flieger ausgegeben. Doch wurden dadurch Folgekosten verursacht, welche die Einsparungen über die Jahre gerechnet wohl übertreffen.

Ganz zu schweigen von den hohen laufenden Kosten, die sich offenbar sogar das Bundesheer selbst nur widerwillig eingesteht. „Eine Herausrechnung der Kosten für den Eurofighter ist nicht möglich“, zuckt etwa Heeressprecher Michael Bauer die Achseln. Wovor man gerne die Augen verschließt: Alles in allem schlägt eine Eurofighter-Flugstunde mit 75.000 Euro zu Buche, 1.500 Flugstunden absolvieren die Jets pro Jahr. Der Bundesheer-Luftstreitmacht stehen jährlich 225 Millionen zur Verfügung. Leicht nachzurechnen: Der Eurofighter frisst das halbe Jahresbudget.

Außerdem muss teuer nachgekauft werden, was ursprünglich an Bord ge­wesen wäre und jetzt für die eine oder andere Aufgabe notwendig ist. Kürzlich wurden Zusatztanks angeschafft, um die Schweizer beim Weltwirtschaftsforum in Davos unterstützen zu können. Dazu war ein Software-Update nötig, das im einst bestellten – und von Darabos wegverhandelten – Servicepaket enthalten gewesen wäre. Trotzdem fliegen die Austrofighter noch immer mit einer schon überholten Software-Version.

Kassasturz

Georg Mader, Öster­reich-Korrespondent des renommierten Militär-Magazins „Jane’s Defense Weekly“, stellt folgende Rechnung an: Knapp eine halbe Milliarde müsste Österreich in die Nachrüstung investieren, um die Jets dann um eine Milliarde verkaufen zu können. Ohne Refurbishment brächten die 15 Austrofighter bestenfalls 500 Millionen, so sich überhaupt Interessenten finden ließen – wobei Österreich auch noch die letzten beiden Tranchen aus dem Kaufvertrag über zusammen 653 Millionen an EADS überweisen muss. Die Gegenrechnung: Hätte Österreich die vereinbarten knapp zwei Milliarden Euro für 18 Jets bezahlt, könnte man diese ohne weiteres Investment für rund 1,2 Milliarden an den Mann bringen. Ein deutlich besseres Geschäft.

Norbert Darabos ließ um den Preis eines kurzfristigen politischen Erfolges die langfristige Betrachtung außer Acht, wie in der Politik häufig üblich.

Dabei hätte er mit etwas Geschick ein besseres Verhandlungsergebnis erzielen können. Vertraglich hatte EADS zugesichert, Tranche-2-Flieger zu liefern, die jedoch, so vermutet ­Experte Mader, bei Lieferdatum vielleicht noch gar nicht verfügbar gewesen wären. Darabos hätte also bloß auf die Einhaltung des Vertrages pochen müssen – und eine Pönale kassieren können. EADS hätte wohl gezahlt, zur Überbrückung Tranche-1-Exemplare geliefert und sie später getauscht. Österreich besäße heute moderne Flieger und hätte, die Pönale eingerechnet, kaum mehr dafür gezahlt.

Eine Ausstiegsmöglichkeit aus dem Dilemma sieht Minister Darabos („Ich bin ohnehin kein Freund der Eurofighter“) aber doch: „Sollte sich nachträglich noch herausstellen, dass Korruption im Spiel war, sprechen wir über eine Rückabwicklung der Verträge.“

Klaus Puchleitner
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