Pensionen: "Hacklerregelung" könnte bald wieder fallen
Die 2019 beschlossene Hacklerregelung ermöglicht es Personen mit 45 Versicherungsjahren mit 62 Jahren den Pensionsantritt ohne Abschläge. In der Praxis hat sich die Regelung als Benefit für besserverdienende Männer erwiesen. Die ÖVP will sie nun wieder abschaffen.
Nach 45 Beitragsjahren ohne Abschläge in Pension? Die "Hacklerregelung" wird wieder heiß diskutiert und steht an der Kippe.
Die sogenannte "Hacklreregelung" ermöglicht es seit dem 1. Jänner 2020, dass Personen mit mindestens 45 Beitragsjahren bereits mit 62 Jahren ohne Abschläge in Pension gehen können. In Anspruch nehmen können das ASVG-Versicherte, Bauern und Selbstständige - nicht aber Beamte. In der Praxis profitieren davon - wegen ihres höheren Regelpensionsalters - ausschließlich Männer.
Die ÖVP will diese kurz vor den Nationalratswahlen 2019 beschlossene Regelung nun wieder kippen. Vizeklubobfrau Gaby Schwarz bezeichnete die Regelung in einer Aussendung als reine "Männerpension". Dieses "ungerechte System" werde nun mit den "notwendigen Übergangsfristen" repariert, kündigte Schwarz an. Beschlossen werden soll bereits im November - mit der Pensionserhöhung für 2021.
Die ÖVP hatte der neuen Hacklerregelung bereits im Vorjahr nur widerwillig zugestimmt, weil sie sonst auch gegen die zugleich abgestimmte Pensionserhöhung hätte stimmen müssen. Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte bereits zu Jahresbeginn angekündigt, die Maßnahme wieder zurücknehmen zu wollen. Auch Vizekanzler Werner Kogler kritisierte das Modell: "Eine Regelung nur für Männer, da sträubt sich was in mir." Sozialminister Anschober wollte vor einer Reform noch den nächsten Bericht der Alterssicherungskommission abwarten. Deren Vorsitzender Walter Pöltner hatte sich ebenfalls bereits im Jänner für die Abschaffung der "Hacklerregelung" ausgesprochen.
Pensions-Ungleichheit
Der Unterschied in der Pensionshöhe zwischen Frauen und Männern ist heuer weiter angestiegen. 2019 lag die Pensionshöhe der Männer im Schnitt bei 1.769 Euro, jene der Frauen bei 1.171 Euro. Das macht einen Gender-Gap von 51 Prozent. Im ersten Halbjahr 2020 stieg die durchschnittliche Leistung der Männer auf 2.039 Euro, jene der Frauen aber nur auf 1.219 Euro, womit der Unterschied zwischen den Geschlechtern schon 67 Prozent ausmacht.
Dafür verantwortlich ist unter anderem ein Nachzieheffekt bei der erweiterten Hacklerregelung. Die als "Wahlzuckerl" verschrieene Ausweitung der Langzeitversicherung brachte es mit sich, dass etliche angehende Pensionisten etwas später als geplant in Pension gingen, um in Genuss der abschlagsfreien Pension zu kommen. Nach Angaben der Pensionsversicherungsanstalt PVA sind die abschlagsfrei zuerkannten Pensionen im Schnitt um 305 Euro brutto monatlich höher als jene, die im vergangenen Jahr zuerkannt wurden.
Kritik von der EU
Auch von der EU-Kommission gab es Kritik an der Hacklerregelung. Die Regelung stehe im Widerspruch zu früheren Bemühungen, das effektive Pensionsantrittsalter zu erhöhen. "Die abschlagsfreie Pension nach 45 Beitragsjahren wirft Fragen der Fairness auf" erklärte die Kommission. Sie stehe zudem in Konflikt mit zuletzt festgestellten Engpässen am Arbeitsmarkt.
Für Walter Pöltner, den Vorsitzenden der Alterssicherungskommission, sind die Gründe, die gegen die abschlagsfreie Frühpension sprechen, auch offensichtlich: 95 Prozent der "Hacklerpensionisten" kommen aus dem Erwerbsleben in diesen Pensionstyp, es sind im Regelfall Männer und Angestellte, nicht Arbeiter. Der Pensionsbezug der vermeintlichen "Hackler" ist zudem 1,5 mal so hoch wie der des Durchschnitts.
SPÖ und FPÖ stellen sich dennoch vereint gegen die Abschaffung der Regelung. Ihr Leitgedanke ist, wie SPÖ-Vizeclubchef Jörg Leichtfried erklärt: "Wer 45 Jahre hart gearbeitet hat, soll danach weiterhin ohne Abschläge in Pension gehen können."