Rendi-Wagner: "Ich werde am Bundesparteitag nicht kandidieren"
Pamela Rendi-Wagner hat am Tag nach Bekanntgabe des Mitgliedervotums ihren Rückzug erklärt. In ihrem kurzen Statement hat sie erklärt, den SPÖ-Parteivorsitz zurückzulegen. Einmal mehr hat sie zur Geschlossenheit in der SPÖ aufgerufen. Eine Stichwahl wurde danach vom SPÖ-Parteivorstand abgelehnt.
Die Wahl verloren: Pamela Rendi-Wagner legt den SPÖ-Parteivorsitz zurück.
Wien. Kurz und knapp - SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat am Tag nach der Bekanntgabe des SPÖ-Mitgliedervotums ihren Rückzug aus der Politik angekündigt. "Ich werde nicht am kommenden Bundesparteitag kandidieren", sagt die abgehende SPÖ-Parteivorsitzende. Beim Sonderparteitag am 3. Juni werde sie somit nicht mehr antreten, nachdem sie in der Mitgliederbefragung um Obmannschaft und Spitzenkandidatur am Montag nur auf Platz drei hinter dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und dem Traiskirchener Bürgermeister und Bundesrat Andreas Babler gelandet war.
Auch wenn das Ergebnis "arschknapp" war, werde sie das Ergebnis akzeptieren. Wie bereits vor der Wahl angekündigt, tritt sie nun nach der verloren gegangenen Wahl aus der Politik zurück.
Einmal mehr hat sie an die Geschlossenheit der Sozialdemokraten appelliert: "Es muss das gemeinsame Ziel sein, dass diese Land wieder eine sozialdemokratische Bundesregierung bekommt." Die Noch-SPÖ-Parteivorsitzende hat anlässlich ihres Rückzugs angekündigt, dass sie auch Andreas Babler in die Sitzung der SPÖ-Gremien eingeladen hat. "Er wird zusätzlich teilnehmen", so Rendi-Wagner.
Doch ihr Appell wurde vorerst von einigen SPÖ-Mitgliedern nicht gehört. Die Parteifreunde rund um den überraschend auf Rang zwei gelandeten Andreas Babler wollte nun noch eine Stichwahl zwischen Doskozil und Babler. Es stand sogar eine Absage des für 2. Juni angesetzten SPÖ-Parteitags zur Diskussion. Der Streit in der SPÖ soll demnach im Verlauf des Dienstags noch eskaliert sein.
Mit 175 Stimmen Rückstand hatte Pamela Rendi-Wagner hinter Andreas Babler überraschend nur den dritten Rang mit in der SPÖ-Mitgliederbefragung erreicht. Als Nummer 1 aus der Wahl ging Hans Peter Doskozil, der 33,7 Prozent der insgesamt 107.133 Stimmen gewinnen konnte. Andreas Babler kommt als Außenseiter knapp dahinter mit 31,5 Prozent (33.703 Stimmen) auf Rang 2. Damit hat der Traiskirchener Bürgermeister die amtierende Parteichefin auf Rang 3 verwiesen, die nur 31,4 Prozent (33.528 Stimmen) erhielt.
Wie geht es mit ihr weiter? Mit der Mitgliederbefragung der SPÖ geht die politische Karriere von Pamela Rendi-Wagner, der Ärztin, die 2017 als Gesundheitsministerin in die hohe Politik eingestiegen war, zu Ende. Rund 70 Prozent der Partei-Basis haben sich gegen die Vorsitzende entschieden. Rendi-Wagner hatte bereits im Vorfeld der Mitgliederbefragung angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen, sollte sie nicht Platz eins erringen.
Die Periode Rendi-Wagners an der Spitze der SPÖ dürfte als ein großes Missverständnis in die Parteigeschichte eingehen. Die Quereinsteigerin griff zu, als niemand wollte, doch wurde die Partei mit der studierten Medizinerin nie so recht warm. Misserfolge bei Wahlen taten ihr übrigens, Rendi-Wagners Sessel ständig am Wackeln zu halten.
Da halfen bei den Mitgliedern weder Appelle an die Frauensolidarität noch Unterstützungsbekundungen des Partei-Establishments. Der Kredit Rendi-Wagners war verbraucht.
Ihr Weg zur ersten weiblichen Vorsitzenden der österreichischen Sozialdemokratie war ein eher ungewöhnlicher. Klassisch war nur die Kindheit, in der sie als Tochter einer alleinerziehenden Mutter im bekannten Favoritner Gemeindebau Per-Albin-Hansson-Siedlung aufwuchs und ganz im Sinne des Kreiskyschen Bildungsideals mit Intelligenz und Fleiß den sozialen Aufstieg schaffte.
SPÖ-Vorstand stimmt knapp gegen Stichwahl
Nach der Mitgliederbefragung über Parteivorsitz und Spitzenkandidatur und dem Rückzug von Rendi-Wagner gab es einiges an Gesprächsbedarf für die SPÖ-Gremien der SPÖ, wie es nun weitergehen soll. Denn ob des knappen Ergebnisses schien seit Montagmittag die weitere Vorgangsweise keineswegs ausgemachte Sache zu sein. Das Match lautete nun Doskozil gegen Babler.
Einmal mehr erhob der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei seinem Eintreffen im SPÖ-Parteivorstand in Wien den Führungsanspruch und betonte es sei an der Zeit, "persönliche Befindlichkeiten hintanzustellen". Doskozil hält freilich nichts von einer Stichwahl.
Anders sah das der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler, der den linken Flügel repräsentiert und der bei der Mitgliederbefragung hinter Doskozil auf den zweiten Platz kam. "Ja ich will Vorsitzender werden", sagte er auf eine entsprechende Frage. Einmal mehr redete er einer Stichwahl das Wort. "Ein Vorsitzender braucht ein klares Votum der Mitglieder".
Die Entscheidung über den Parteivorsitz der SPÖ fällt nun doch auf einem außerordentlichen Parteitag. Denn die Versuche, doch noch eine Stichwahl unter den Mitgliedern durchzuführen, sind am Dienstagnachmittag vom Parteivorstand abgeblockt worden. Mit 25:22 wurde dieser von Andreas Babler und der Wiener Landespartei geäußerte Wunsch abgelehnt. Babler tritt nun am Parteitag gegen Hans Peter Doskozil an.
Bei einem Parteitag Samstag kommender Woche in Linz hätte Doskozil wohl auch mit Babler als Gegenkandidat die besseren Chancen, wiewohl er mit Gegenwind der delegiertenstarken Wiener und Gewerkschafter zu rechnen hat. Ein MItglieder-Entscheid hätte Babler in die Hände gespielt. Dementsprechend verfolgten beide Kandidaten jeweils den Pfad, der ihnen erfolgsversprechender erscheint.
Babler meinte nach der Sitzung, er hätte sich eine stärkere Einbindung der Mitglieder gewünscht. Seine Chancen geschmälert sieht er durch die Entscheidung am Parteitag jedoch nicht.
Abgestimmt wurde namentlich, also offen. Vor allem die Flächenbundesländer votierten dafür, den längst vorgegebenen Prozess mit Parteitag nach der Mitgliederbefragung einzuhalten. Die Vertreter Wiens und der Jugend sowie einzelne Bundesländer-Repräsentanten aus dem Lager der scheidenden Parteichefin Pamela Rendi-Wagner waren für eine Absage des Parteitags und eine Stichwahl der Basis.
Dem vorangegangen waren stundenlange zähe Sitzungen von Präsidium und Vorstand, in denen keine gemeinsame Vorgangsweise gefunden wurde. Überraschend hatten die Wiener nach dem Ausscheiden der von ihnen favorisierten Rendi-Wagner auf eine Stichwahl gedrängt, obwohl es just diese Landesgruppe war, die davor stets gegen solch ein Votum aufgetreten war.
Die Rückzugsdrohung von Doskozil
Doskozil soll im Präsidium gar mit seinem Rückzug gedroht haben, weil er offenkundig die Partei nicht einen könne. Die Vertreter fast aller anderen Landesorganisationen überzeugten ihn jedoch, im Prozess zu bleiben.
Beim Parteitag Samstag kommender Woche in Linz hat der burgenländische Landeshauptmann auch mit dem Traiskirchener Bürgermeister als Gegenkandidaten die besseren ChanceEin Mitglieder-Entscheid hätte Babler eher in die Hände gespielt. Dementsprechend verfolgten beide Kandidaten jeweils den Pfad, der ihnen erfolgversprechender erscheint.
Auf Unterstützung kann Doskozil aus den meisten Ländern bauen. Für den steirischen Landeschef Anton Lang ist das Mitgliedervotum zu respektieren, wie dieser vor den Gremien festhielt. Er hoffe, dass es am Parteitag nur einen Kandidaten geben werde. Auch der designierte SPÖ-NÖ-Landesparteivorsitzende Sven Hergovich stellte sich klar hinter Doskozil. Er habe schon vor der Befragung gesagt, er werde die Person mit den meisten Stimmen unterstützen, und das gelte auch nach der Wahl.
Für eine Stichwahl plädierte hingegen SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Der Wunsch danach sei sehr groß, berichtete sie von Anrufen, die sie erreicht hätten. Ob diese auch kommen wird, würden die Mehrheiten in den Gremien entscheiden. Aufgrund der Statuten sei jedenfalls klar, dass Platz eins für Doskozil bei der Mitgliederbefragung noch keine Entscheidung über die Parteiführung sei. Ob sie selbst Doskozil oder Babler ihre Stimme geben würde, ließ Yildirim offen.
Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch aus dem Team um die unterlegene Noch-Parteichefin Rendi-Wagner sprach angesichts der hohen Beteiligung bei der Mitgliederbefragung von einem "sehr machtvollen Stimmungsbild". Nun werde man in den Vorstand gehen, um das Ergebnis zu bewerten. Auch Deutsch betonte erneut, dass die Mitgliederbefragung nur Teil eins einer Entscheidung über die Parteiführung sei. Die Entscheidung werde am Parteitag getroffen.
FSG-Chef Rainer Wimmer ging wortlos an den wartenden Journalisten vorbei. Die Gewerkschafter hatten ja mehr oder weniger offen Rendi-Wagner unterstützt. Der Doskozil-skeptische Wiener Bürgermeister Michael Ludwig zeigte sich den wartenden Journalisten nicht vor dem Präsidium.
Fix ist, dass Rendi-Wagner weder bei einer Stichwahl noch am Parteitag kandidieren wird. Sie hat dem Vorstand noch einmal die Beweggründe für ihren Abschied erläutert und wurde mit viel Beifall bedacht. In einzelnen Wortmeldungen wurde auch bedauert, dass ihr in den vergangenen Jahren nicht ausreichend Unterstützung zu Teil geworden war.