ÖVP-Programm mit weniger Steuern und weniger Ausländern

Nach wochenlangem Warten hat Sebastian Kurz sein Programm auf 119 Seiten niedergeschrieben. Er will sich die Steuertarife und Gebühren vornehmen, Boni für Kinder verteilen, und die Arbeitszeit flexibilisieren. Zuwanderern stellt Kurz mit dem Programm "Neue Gerechtigkeit & Verantwortung" einmal mehr die Rute ins Fenster, indem er ihnen die Sozialleistungen zusammen streichen will.

ÖVP-Programm mit weniger Steuern und weniger Ausländern

Unscharf ist noch immer das türkise Parteiprogramm von Sebastian Kurz (ÖVP) - trotz Ausführungen über 119 Seiten.

Wien. Weniger Steuern und weniger Ausländer - so lässt sich der erste Teil des ÖVP-Wahlprogramms zusammenfassen, den ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz am Dienstag präsentieren wird. Unter dem Titel "Der neue Weg - Neue Gerechtigkeit & Verantwortung" kreist es auf 119 Seiten um die Schwerpunkte Steuern senken, Familien entlasten, Eigentum fördern und Zuwanderung ins Sozialsystem stoppen.

Das ÖVP-Programm enthält eine Reihe bisher unbekannter Vorhaben und auch ein grobes Finanzierungskonzept zur geplanten Steuerentlastung von 12 bis 14 Milliarden Euro bis 2022. Die Lohn-und Einkommensteuern will Kurz durch niedrigere Steuersätze für die ersten drei Tarifstufen um 3 bis 4 Mrd. senken.

Die Steuersätze sollen dazu von 25 Prozent auf 20, von 35 Prozent auf 30 und von 43 auf 40 Prozent reduziert werden. Keine Veränderung ist bei den höchsten Einkommens- bzw. Tarifstufen geplant.

Eine gravierende Änderung soll es bei der Körperschaftssteuer geben, worüber sich Unternehmer freuen dürften. Aktiengesellschaften und GmbHs sollen für nicht entnommene Gewinne künftig steuerfrei gehen. Derzeit zahlen Unternehmen einen Steuersatz von 25 Prozent, neun Prozent weniger als noch im Jahr 2005, als Gewinne noch mit einem Körperschaftssteuersatz noch 34 Prozent besteuert wurden. Die Einnahmen für den Finanzminister über die Körperschaftssteuer betrug zuletzt laut ÖVP-Programm rund 8 Milliarden Euro. 90 Prozent davon kamen zuletzt von GmbHs und Unternehmensgruppen.

Durch die Befreiung der Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne soll es in weiterer Folge "zu einer Flexibilisierung der Abschreibungspraxis" kommen. Den Unternehmern soll "freie Hand" gegeben werden, wie sie "die Abschreibungsregeln festlegen - anhand der unternehmerischen Realität, in der sie leben".

Die kalte Progression will Kurz für alle Einkommen durch eine jährliche automatische Inflationsanpassung aller Tarifstufen abschaffen. Geplante Entlastung: 1,6 Mrd. Euro. Daneben soll auch das Einkommensteuergesetz überarbeitet werden.

Die Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne soll ebenfalls abgeschafft werden und 1 Mrd. bringen.

Um 3 Mrd. sollen auch die Lohnnebenkosten sinken. Das ÖVP-Programm sieht hier eine Halbierung der Unternehmer-Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds vor. Die Vollkosten eines Mitarbeiters für ein Unternehmen sollen auf den Gehaltszetteln transparent gemacht werden. Darüber hinaus will man auch Mitarbeiter-Beteiligungen erleichtern. Erwartungsgemäß sieht das ÖVP-Konzept keine neuen Steuern (Erbschafts-, Eigentums- bzw. Vermögenssteuern) vor.

Für jedes Kind soll es hingegen einen Steuerbonus von 1.500 Euro geben. Kurz will auch die staatlichen Gebühren für den Kauf des ersten Eigenheimes streichen. Darunter fallen die Grunderwerbssteuer, die Eintragung ins Grundbuch sowie die Eintragung des Pfandrechts. Der Gebührenerlass soll bei 20.000 Euro gedeckelt sein.

Punkto Pensionen betont die ÖVP, dass es keine Kürzung von kleinen und mittleren Pensionen geben soll. Das faktische Pensionsantrittsalter soll an das gesetzliche angepasst werden. Bei längerem Arbeiten soll es höhere Zuschläge bei der Korridorpension geben. Menschen, die länger arbeiten, sollen zwischen dem 65. und 68. Lebensjahr keine Pensionsversicherungsbeiträge zahlen, und Frauen sollen die Möglichkeit haben, freiwillig bis 65 und länger zu arbeiten. Alle noch verbliebenen Pensionsprivilegien will die ÖVP abschaffen. Genannt werden die Stadt Wien, ÖBB sowie die Nationalbank.

Die Mindestsicherung will die ÖVP künftig wieder österreichweit regeln. Das Wahlprogramm sieht dabei die Deckelung "Mindestsicherung für eine Bedarfsgemeinschaft" auf maximal 1.500 Euro vor. Es soll einen stärkeren Fokus auf Sachleistungen geben, insbesondere bei Wohnen, Energie, Lebensmitteln oder Deutschkursen. Ein weiterer Punkt im Wahlprogramm: Streichung von Sozialleistungen für Zuwanderer und Beschränkung der Zuwanderung ins Sozialsystem.

Für Asyl- bzw. subsidiär Schutzberechtigte soll es in den ersten fünf Jahren eine "Mindestsicherung light" in Höhe von 560 Euro pro Einzelperson geben. Ein Übergang in die reguläre Mindestsicherung soll dann stattfinden, wenn es in den ersten fünf Jahren reguläre Vollzeitbeschäftigung für mindestens 12 Monate gab. Der Zugang zu Sozialleistungen in Österreich soll laut ÖVP grundsätzlich erst nach fünf Jahren Aufenthalt möglich sein. Die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder möchte die Volkspartei, wie bereits wiederholt gefordert, an das Lohnniveau des Wohnsitzes anpassen.

Abbau der Arbeitszeitregelung

In Sachen Arbeitszeitflexibilisierung schlägt Kurz "praktikablere Arbeitszeiten immer in Abstimmung auf betrieblicher Ebene" vor. Zur flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit soll ein Zeitwertkonto bzw. "Arbeitszeit-Sparbuch" eingerichtet werden. So sollen Arbeitnehmer selbst entscheiden können, welche Gehaltsbestandteile, Überstunden, Zulagen, Prämien oder Sonderzahlungen - für spätere Auszeiten ohne Abstriche - steuerbegünstigt auf ein Konto überwiesen werden. Bereits bekannt ist die von Kurz geplante Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungen von 13 auf 10 Prozent.

Sozialbetrug mittels E-Card will die ÖVP eindämmen, Sozialversicherungen sollen zusammengelegt und reduziert werden, die entsprechenden Leistungen harmonisiert. Darüber hinaus sieht das ÖVP-Programm auch eine Gebührenerhöhungsbremse für die nächste Legislaturperiode vor. Gebührenerhöhungen für öffentliche Dienstleistungen dürfen demnach nicht über der Inflationsrate liegen. Die entsprechende Regelung soll nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder gelten.

Die Gegenfinanzierung

Finanzieren will Kurz die geplanten Entlastungen durch Gegenmaßnahmen in drei Bereichen: 4 bis 5 Mrd. durch höheres Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum, 4 bis 5 Mrd. durch eine Ausgabenbremse und 4 Mrd. durch Effizienzsteigerungen im System.

Der Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem soll laut ÖVP etwa 1,5 Mrd. bringen, bei den Sozialversicherung will man 0,7 Mrd. einsparen, in der öffentlichen Verwaltung 1,0 Mrd. Die Bekämpfung der Steuerflucht soll 0,8 Mrd. bringen.

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