Theater um Schellings Mehrwertsteuer-Pläne
Finanzminister Hans Jörg Schellings Überlegungen, den begünstigten Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent auf Theater- und Konzertkarten zu erhöhen beschäftigen die Kulturbranche weiter. Der Wiener Bühnenverein warnt nun vor einem kulturpolitischen Schaden, der in keinem Verhältnis zu den Mehreinnahmen stehe.
Thomas Drozda, Präsident des Wiener Bühnenvereins und Generaldirektor Vereinigte Bühnen Wien
"Keine gute Idee", "Höhere Subventionen", "Niedrigere Auslastungszahlen", waren die ersten Reaktionen von Thomas Drozda, dem Präsidenten des Wiener Bühnenvereins und Generaldirektors der Vereinigte Bühnen Wien auf die Überlegungen Finanzminister Schellings, die Mehrwertsteuer auf durch Sondersteuersätze begünstigte Produkte zu erhöhen. (Siehe Artikel: "Mehrwertsteuer: Schelling denkt an Änderungen") Von einer solchen Erhöhung könnten nämlich auch Theater- und Konzertkarten betroffen sein. Die ohnehin schon recht teuren Eintrittskarten würden dadurch noch kostspieliger werden.
Nun hat Drozda gemeinsam mit den im Wiener Bühnenverein vertretenen Direktoren und Intendanten wichtiger Konzert- und Bühnenhäuser in ganz Österreich ein Schreiben an die "Verhandlungsteams zur Steuerreform" gerichtet, in dem sie eindringlich vor einer Erhöhung der Steuern warnen. "Der fiskalische Nutzen einer derartigen Maßnahme steht in keinem Verhältnis zum kulturpolitischen Schaden, der damit angerichtet würde", heißt es in dem Schreiben.
Für die geförderten Kultureinrichtungen sei es eine Aufgabe, Veranstaltungen einem möglichst breiten Publikum anzubieten und Kultur zugänglich zu machen. Durch eine Erhöhung der Steuern auf Eintrittskarten sei diese Aufgabe ernsthaft gefährdet. Mehr noch: Auch die Bühnen- und Konzerthäuser selbst sehen die Direktoren und Intendanten als gefährdet: "Da wir uns bereits heute an unserer finanziellen Leistungsgrenze befinden, würde die Erhöhung zur substanziellen Bedrohung werden", wird argumentiert.
Folgen einer höheren Besteuerung
Kultur sei kein elitäres Gut, hält der Bühnenverein fest, und weist auf die zahlreichen Ermäßigungen bei Veranstaltungen, etwa für Schüler, Jugendliche oder Familien hin, die bei den stagnierenden Kulturbudgets eine faire Preisgestaltung bereits heute zu einer großen Herausforderung machen. Müssten die Theater die Kosten selbst übernehmen, so wären die logischen Folgen weitere Einsparungsmaßnahmen, die Reduzierung der künstlerischen Budgets und damit einhergehend des Angebots und der Qualität sowie letztlich auch die Gefährdung von Arbeitsplätzen.
Wenn die Mehrkosten auf die Besucher abgewälzt werden, fürchten die Chefs der Bühnen- und Konzerthäuser Buchungsrückgänge und vor allem den Ausschluss einkommensschwächerer Gruppen von der Kulturangebot: "Sozial Schwächere wären tendenziell stärker ausgeschlossen, Kultur würde zu einem elitären Gut werden", heißt es. Kulturliebhaber würden obendrein angesichts der höheren Kosten weniger Veranstaltungen besuchen und Abonnenten ihre Abos zurücklegen oder in schlechtere Kategorien wechseln.
Der Wiener Bühnenverein ruft daher die Verhandlungsteams von SPÖ und ÖVP auf, den auf zehn Prozent reduzierten Steuersatz von zehn Prozent auf kulturelle Leistungen unangetastet zu lassen, zumal der Ertrag aus einer Erhöhung zur Finanzierung nur einen Beitrag im Promille-Bereich liefern könnte. "Dagegen würde die Erfüllung unseres Auftrages in einem zentralen Teil österreichischer Kulturpolitik ernsthaft in Frage gestellt."