Der Paragrafen-Poker
Finanziell betrachtet ist es ein Aufstieg. Als neuer Generalprokurator kassiert Werner Pleischl 11.251 Euro im Monat. Kein anderer Staatsanwalt verdient mehr als der Chef der beim Obersten Gerichtshof angesiedelten Generalprokuratur.

Für die Spitzengage war der SP-nahe Jurist sogar bereit, den wohl mächtigsten Posten im Bereich der Strafverfolgung aufzugeben: die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Warum diese Anklagebehörde so bedeutend ist? Die "OStA Wien" beaufsichtigt nicht nur sechs Staatsanwaltschaften, sondern wacht auch über glamouröse Fälle wie etwa Eurofighter, Meinl und Telekom sowie das Strafverfahren gegen die ÖVP.
Mit Pleischls Wechsel beginnt laut FORMAT-Informationen ein Politpoker um wichtige Posten im Strafjustizbereich. Justizminister Wolfgang Brandstetter, von der ÖVP nominiert und CV-Mitglied, hat nun die große Chance, für die Bürgerlichen Macht und Einfluss abzusichern.
Der 64-jährige Pleischl gilt als Übergangskandidat. Bereits Ende nächsten Jahres wird der Sozialdemokrat in Pension gehen. Der VP-nahe Franz Plöchl soll dann übernehmen. Plöchl, der diesmal von Pleischl ausgestochen wurde, war als Justiz-Sektionschef bis 2009 für Einzelstrafsachen zuständig und wechselte später in die Generalprokuratur, die er zuletzt sogar interimistisch leitete.
Der Minister hält große Stücke auf den 55-jährigen Plöchl und delegierte ihn in den zu Jahresbeginn errichteten Weisenrat. "Plöchl bleibt im Weisenrat. Die Ernennung von Pleischl ändert nichts daran", lässt Wolfgang Brandstetter FORMAT ausrichten. Der Weisenrat entscheidet im Namen des Ministers über Anklagen in prominenten Fällen.
Der Generalplan
Der Justizminister will die Generalprokuratur zu einer Generalstaatsanwaltschaft mit Weisungsrecht aufwerten, wird im Palais Trautson kolportiert. Beim Weisungsrecht handelt es sich um das Privileg des Justizministers, Einfluss auf Strafverfahren zu nehmen, wie etwa auf Anordnungen zu Razzien und U-Haft oder Anklagen. Der Generalprokurator wäre in der staatsanwaltlichen Weisungshierarchie ganz oben.
Die ÖVP will für Plöchl die GP-Leitung 2016 sichern. Im Gegenzug wären die Schwarzen bereit, rote Kandidaten für aktuelle Topjobs in der Justiz zu unterstützen.
Die Damenwahl
Zwei Damen interessieren sich für die vakante Leitungsfunktion in der OStA Wien: Maria-Luise Nittel, Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, und Ilse-Maria Vrabl-Sanda, Leiterin der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Als frühere stellvertretende OStA-Wien-Leiterinnen sind sie bestens qualifiziert. Angesichts der Konkurrentinnen hat der aktuelle OStA-Vizechef Michael Klackl nur Außenseiterchancen. Die besten Karten dürfte Nittel als "Dienstältere" haben. Für den Fall ihres Aufstiegs wird Nittels derzeitiger Stellvertreter Gerhard Jarosch wohl zum neuen StA-Wien-Leiter aufsteigen.
Der Leitungsposten in der OStA Wien wurde jedenfalls zu Wochenbeginn ausgeschrieben. Kandidaten haben nun vier Wochen Zeit, sich zu bewerben. Die Prüfung durch die Personalkommission läuft bis August. Danach liegt die Entscheidung beim Minister. Doch das kann mitunter dauern: Brandstetter ließ Pleischl ein halbes Jahr lang zappeln.