Barbara Prammer ist tot: Großes Mitgefühl, Fahnen auf Halbmast
Zahlreiche Politiker verschiedener Parteien trauerten um die Demokratin und Frauenrechtlerin. Am Parlament, der Präsidentschaftskanzlei und dem Bundeskanzleramt wehten die Flaggen am Sonntag auf Halbmast.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) ist am Samstag aufgrund ihrer Krebserkrankung im 61. Lebensjahr verstorben. Zahlreiche Weggefährten vor allem aus der Sozialdemokratie aber auch über Parteigrenzen hinweg zollten der Frauenpolitikerin am Abend ihren Respekt und sprachen ihr Mitgefühl aus. Bundespräsident Heinz Fischer zeigte sich ebenso wie die Regierungsspitzen tief betroffen.
Die über die Parteigrenzen anerkannte SPÖ-Politikerin bekleidete als Nationalratspräsidentin seit 2006 das zweithöchste Amt im Staat. Ihre schwere Erkrankung machte Prammer im September des Vorjahres selbst öffentlich und übte ihr Amt nach wie vor aus. Zu Anfang des Sommers waren allerdings Komplikationen aufgetreten, weshalb sie den Zweiten Nationalratpräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) ersuchte, die Amtsgeschäfte zu führen. Am Samstagnachmittag starb die Politikerin im Kreis ihrer Familie, erklärte ihr Sprecher Gerhard Marschall.
Nachfolger wird Ende August gewählt
Prammers Nachfolger wird voraussichtlich in einer Nationalratssondersitzung Ende August gewählt. Details werden bei einer Sitzung der Präsidialkonferenz am Montag festgelegt.
Bis zur Wahl des Nachfolgers führen der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP)und der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) die Amtsgeschäfte. In den nächsten Tagen werden der Ablauf und der Termin für die Trauerfeierlichkeiten festgelegt. Der im Amt verstorbenen Nationalratspräsidentin steht ein Staatsbegräbnis zu. Der Staatsakt und das Begräbnis werden nicht vor Ende kommender Woche stattfinden. Die Bevölkerung soll die Möglichkeit erhalten, sich in den Tagen davor im Parlament von Prammer zu verabschieden.
Engagierte Frauenpolitikerin und große Demokratin
Für Bundespräsident Fischer war Prammer "eine der großen Frauenpersönlichkeiten im öffentlichen Leben unseres Landes und auch über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt und geschätzt". Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef Werner Faymann erklärte: "Barbara Prammer war eine bedeutende Sozialdemokratin, engagierte Frauenpolitikerin, große Demokratin und seit 2006 eine hervorragende Nationalratspräsidentin." Auch Vizekanzler und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger unterstrich: "Barbara Prammer hat stets klare Positionen bezogen und sich als überzeugte Demokratin und Österreicherin durch ihre sachpolitische Arbeit ausgezeichnet."
Die Verstorbene wurde von zahlreichen Vertretern der politischen Parteien, aus den Bundesländern und von Organisationen gewürdigt. Für Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl etwa habe Prammer ihr Amt bis in die letzten Wochen ihres Lebens "auf bewundernswerte Weise" wahrgenommen. ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm zeigte sich ebenfalls betroffen: "Es ist vor allem ein Verlust im frauenpolitischen Sinn."
Auch das Arbeitsmarktservice (AMS) - Prammer war unter anderem als Frauenreferentin im AMS Oberösterreich tätig - erinnerte an ihren starken Einsatz für die Frauen. Volksanwalt Peter Fichtenbauer wusste ebenfalls die Zusammenarbeit zu schätzen: "Ihre politischen und menschlichen Qualitäten haben mich überzeugt."
Die Vereinigung der Parlamentsredakteure trauerte um die Nationalratspräsidentin. Man habe Prammer als Kämpferin für politische Kultur und kompromisslose Verfechterin von Transparenz im Hohen Haus kennengelernt, hieß es in einer Aussendung. In allen Reaktionen auf den Todesfall wurde der Familie und den Freunden Prammers das tiefe Mitgefühl ausgesprochen.
Flaggen auf Halbmast
Am Parlament, der Präsidentschaftskanzlei und dem Bundeskanzleramt wehten die Flaggen am Sonntag auf Halbmast. Der frühere Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) - er holte Prammer 1997 als Frauenministerin in sein Kabinett - erklärte in einem Statement: "Mit Barbara verliert Österreich eine Frau, die sich ganz besonders intensiv für andere Menschen eingesetzt hat und ein tiefes Gespür für Ungerechtigkeit entwickelt hat, der sie Zeit ihres politischen Lebens mit aller Kraft entgegengetreten ist." Er traf die Nationalratspräsidentin im vergangenen Februar und war damals über den Verlauf der Behandlung erfreut: "Umso mehr trifft mich nun die überraschende schreckliche Nachricht von ihrem Tod."
Große Anteilnahme erfolgte über Aussendungen auch am Sonntag: "Reporter ohne Grenzen" etwa erklärte, Prammers Einsatz für Medien-und Meinungsfreiheit bleibe unvergessen. Ihre große Stärke sei "ihre Liebe zu Menschen und ihr steter Einsatz für Menschenrechte" gewesen. ÖVP-Europamandatar Othmar Karas betonte seine hohe Wertschätzung für Prammers Arbeit und bedankte sich für die Fairness und Kooperationsbereitschaft der Politikerin.
Volksanwalt Günther Kräuter, früherer SPÖ-Bundesgeschäftsführer, zeigte sich bestürzt: "Ich hatte die Ehre und das Glück viele Jahre mit dieser großartigen Politikerin sehr eng zusammenzuarbeiten." Ihr großes Herz für das Parlament und die Demokratie werden nicht zu ersetzen sein, so Kräuter. Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverbands, zeigte sich geschockt: "Wir haben so gehofft, dass unsere Barbara es schafft." Blecha sprach weiter von einem "unersetzbaren Verlust für Österreich". AK-Präsident Rudolf Kaske betonte ihr soziales Engagement und ihren Einsatz für mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. "Sie hat sich für die Schwächsten in der Gesellschaft stark gemacht", erklärte auch Franz Schnabl, Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes. Auch FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian bekundete seine Anteilnahme.
Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) erklärte: "Mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat Oberösterreich eine große Persönlichkeit mit Verdiensten in vielen Politikbereichen verloren". Er erinnerte etwa an die verdienstvolle Arbeit Prammers in der Landespolitik. Sie war von 1991 bis 1995 Zweite Präsidentin des oberösterreichischen Landtages und von 1995 bis 1997 Landesrätin für Naturschutz, Wohnbau und Verwaltungspolizei.
Die Vorsitzende der Sozialdemokratischen Frauen Oberösterreich Sonja Ablinger sagte über Prammer: "Sie hat wie kaum eine andere in der SPÖ Oberösterreich progressive Frauenpolitik und Geschlechterfragen zum gemeinsamen Anliegen der Partei gemacht". SPÖ-Landesparteichef Reinhold Entholzer zeigte sich außerdem traurig über den Verlust einer jahrelangen Wegbegleiterin und Freundin.
Das Land Vorarlberg trauerte ebenfalls um Prammer, so meinte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), er habe die Nationalratspräsidentin als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz als "sehr sachkundige und überaus freundliche Kollegin" schätzen gelernt. Vor dem Landhaus in Bregenz ordnete er Trauerbeflaggung an.
Auch via Twitter verabschiedeten sich viele von der Nationalratspräsidentin, ob Minister, Journalisten oder Wegbegleiter. Der Sprecher des Verfassungsgerichtshofs twitterte etwa, VfGH-Präsident Gerhart Holzinger zeige sich vom Ableben tief betroffen, der Verfassungsgerichtshof trauere um eine "beispielgebende Demokratin".