Österreich lockert 3. Lockdown in mehreren Schritten
In verschiedenen Schritten soll der Lockdown in den kommenden Wochen zurückgenommen werden. Öffnungsschritte gibt es für den Handel, Museen, Tierparks und Frisöre. Geöffnet werden auch Schulen. Für Grenzübertritte werden die Regeln verschärft. Die Ausgangssperre bleibt aufrecht. Neue Gefahren drohen mit den Virus-Mutationen.
Kanzler Kurz: "Wir müssen froh sein, wenn sich die Situation nicht verschlechtert. Die Mutation wächst in absoluten Zahlen."
Der 3. Lockdown wird in Österreich in Etappen runtergefahren, von einer Entwarnung wollen Österreichs Bundeskanzler und Gesundheitsminister nicht reden. Nach intensiven Beratungen mit Experten und Landeshauptleuten hat die Regierung die ersten Öffnungsschritte bekanntgegeben. Das Wichtigste:
- Der Handel außerhalb der Lebensmittelgeschäfte darf ab Montag, den 8. Februar wieder öffnen. Dabei gelten verschärfte Schutzbestimmungen wie das verpflichtete Tragen von FFP2-Masken und ein erweiterter Sicherheitsabstand.
- Museen und Tierparks dürfen ebenso wieder ihre Pforten öffnen.
- Ebenso dürfen die körpernahen Dienstleistungen (wie etwa Frisöre) ab dem 8. Februar wieder ihre Dienste anbieten. Voraussetzung für einen Frisörbesuch ist ein negativer Covid-Test, der maximal 48 Stunden alt sein darf. Selbsttests oder sogenannte "Wohnzimmer-Tests" sind nicht gestattet. Der Test muss schriftlich nachgewiesen werden.
- Schulen werden für den Präsenzunterricht geöffnet. In Wien und Niederösterreich bereits nach den Semesterferien, am 8. Februar. In den anderen Bundesländern ebenso nach den Semesterferien, die eine Woche später zu Ende gehen, also ab Montag 15. Februar 2021.
- Die nächtliche Ausgangssperre bleibt österreichweit von 20 Uhr bis 6 Uhr aufrecht.
- Gastronomie sowie Hotels und Beherbergungsbetriebe. Bleiben weiterhin geschlossen. Kanzler Kurz hat eine Neubeurteilung der Lage bis zum 15. Februar angekündigt, ob im März Öffnungen mit Einschränkungen möglich werden.
Keine Entwarnung
"Der Lockdown hat in Österreich Wirkung gezeigt", sagt Bundeskanzler Sebastian Kurz. "Die 7-Tages-Inzidenz ist von 150 auf etwa 100 gesunken." Das Ziel war eine Inzidenz von 50. In der EU liegt Österreich dennoch "im besten Drittel". Aber von Entwarnung kann laut Kurz nicht die Rede sein. "Mit der täglichen Zahl von 1000 bis 1500 Neufinfizierten sind wir weit von unserem Ziel entfernt", sagt Kurz. Die Zahl der Neuinfizierten müsse auf unter 700 sinken, um auf eine 7-Tages-Inzidenz von 50 zu kommen, was dem Zielwert vor dem 3. Lockdown entspricht.
Der Erfolg beim Rückgang der Infektionen mit dem herkömmlichen Covid-Virus würde durch die "britische und südafrikanische Variante" zunichte gemacht, wenn nicht sogar gefährdet werden und überdeckt werden. Kanzler Kurz betont: "Die Lockerung ist keine Entwarnung." Man müsse davon ausgehen, dass die Covid-Infektionszahlen weiterhin steigen. Kurz: "Die Frage ist, wie hoch sie steigen."
Es ist auch möglich, dass bei einem eintretenden exponentiellem Wachstum die nun verkündeten Lockerungen zurückgenommen werden.
Die teilweise Öffnung kommt rein statistisch gesehen etwas berraschend, denn das ursprünglich gesetzte Ziel von rund 700 Neuinfizierten pro Tag wurde trotz des Lockdowns klar verfehlt. Und die Zahlen stagnieren auf konstantem Niveau über 1.100 Neuinfektionen. Am Montag, dem 1. Februar 2021, wurden in Österreich über 1.100 Neuinfektionen gemeldet, obwohl Montage und Sonntage statistisch gesehen die Tage mit geringsten Werten sind. Als Grund, warum die Zahlen nicht wie erhofft nach unten gehen, wird neben den infektiöseren neuen CoV-Varianten genannt, dass sich die Bevölkerung immer weniger an die Einschränkungen hält.
Zwei Haushalte dürfen sich ab 8. Februar daher auch wieder treffen, ohne dass der eine wie bisher nur aus einer Person bestehen muss. Die Begegnungen müssen aber wegen der Ausgangssperre untertags stattfinden.
Die Organstraf-Mandate für Verstöße gegen Corona-Vorgaben (Maskenpflicht, 2-Meter-Abstandsregel) werden empfindlich erhöht. Die genauen Summen werden aber erst bekannt gegeben.
Detailbestimmungen
- Handel. Tragepflicht von FFP2-Masken. Die Händler haben einen neuen Sicherheitsbereich pro Kunde einzuhalten: 20 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Person statt wie bisher 10 Quadratmeter. Ab der Öffnung gilt in den Geschäften auch der neue 2-Meter-Abstand, der im Lebensmittelhandel bereits eingeführt wurde.
- Frisöre, körpernahe Dienstleister. Corona-Test erforderlich (maximal 48 Stunden alt). Ausgenommen sind jene, die in den vergangenen sechs Monaten an Covid erkrankt waren. Kontrollieren muss der Betrieb. Die negativen Testergebnisse müssen auf Papier oder digital am Handy vorgezeigt werden. Den Test kann jeder privat in einer Apotheke oder beim Arzt machen.
- Schulen. Schüler werden mit dem sogenannten "Nasenborer-Test" durchgetestet, bevor sie in die Schule gehen.
Volksschulen kehren zum Präsenzunterricht zurück. Sekundarstufe I und II starten mit Schichtbetrieb. Von Montag bis Freitag wird an den Volksschulen wieder unterrichtet. Das gilt für die gesamte Klasse. Kinder, deren Eltern nicht zustimmen, bleiben auch weiterhin zuhause. Schüler, die in die Schule gehen, werden zuhause den sogenannten "Nasenborer-Test" machen.
Unter- und Oberstufekehren im Schichtbetrieb in die Klassen zurück. In einem Zwei-Schicht-Betriebe wird dabei der Unterricht durchgeführt. Und zwar eine Gruppe kommt am Montag und Dienstag in die Schule zurück, die andere Gruppe am Mittwoch und Donnerstag. Freitags bleiben die Schüler weiterhin daheim. Oberstufenschüler müssen selbst dem "Nasenbohrer-Test" zustimmen. Wer diesen Test verweigert, muss im Unterricht eine FFP2-Maske tragen.
- Private Treffen. Maximal 4 Personen aus zwei Haushalten dürfen sich künftig wieder treffen.
- Ausgangssperre. Aufrecht bleibt die bisher gültige nächtliche Ausgangssperre von 20 Uhr abends bis 6 Uhr in der Früh am nächsten Tag.
- Grenzkontrollen. Strengere Grenzregelungen sollen verhindern, dass Infektionen - vor allem infektiösere Varianten - ins Land kommen. Die Details dazu werden noch bekanntgegeben.
Handel und Fiseure begrüßen Öffnung
WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik und Handelsverband-Obmann Rainer Will begrüßen die Entscheidung, den Handel unter den Auflagen ab 8. Februar zu öffnen und körpernahe Dienstleistungen wieder zu ermöglichen. "Damit bekommt der heimische Handel Hilfe zur Selbsthilfe, nachdem aktuell fast ein Drittel der Händler von Zahlungsunfähigkeit betroffen ist", sagte Will in einer ersten Stellungnahme.
Auch Trefelik ortet eine "dramatische" Situation bei den Handelsbetrieben, weil diese wegen dem Lockdown "wochenlang gar keine Umsätze" erzielen konnten. Insgesamt zeigte sich der WKÖ-Handelsobmann mit den Lockerungsschritten zufrieden.
Obfrau der WKÖ-Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster, zeigte sich erfreut über die Öffnungsschritte, auch "wenn sie sehr vorsichtig ausfallen": "Es ist ganz entscheidend, den Betrieben und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine klare Perspektive zu geben."
Bedenken, die Wiedereröffnung der Geschäfte könnte die Corona-Fallzahlen nach oben treiben, hat der Handelsverband-Obmann nicht. "Der Handel ist kein Corona-Hotspot, dafür sind die Aufenthaltsdauern zu gering und der Kundenkontakt zu lose. Auch in den Untersuchungen der AGES konnte keine Clusterbildung in den Geschäften nachgewiesen werden, das Infektionsgeschehen spielt sich vielmehr im privaten Haushaltsbereich ab", zeigt sich Will überzeugt.
Der Handelsverband geht davon aus, dass die Konsumenten nun die Gelegenheit nutzen werden, Weihnachtsgeschenke umzutauschen oder Gutscheine und Geldgeschenke einzulösen. "Die Nachholeffekte werden generell unter einem Drittel liegen, da die Lockdown-Dauer eine sehr lange war", so die Einschätzung. Mittelfristig brauche man jetzt ein "Klima der Zuversicht", um den heimischen Handeln anzukurbeln, denn die auf mittlerweile fast 15 Prozent gestiegene Sparquote gefährde hunderttausende Arbeitsplätze.
Gastro- und Hotel-Lockdown als Hürde
Die Verlängerung des Lockdowns für die Hotellerie und Gastronomie habe allerdings einen stark negativen Einfluss auf die Kundenfrequenzen und damit auch auf die Umsätze im Handel. "Viele Betriebe, etwa der gesamte Lebensmittelgroßhandel, haben mit der Schließung von Gastronomie und Hotellerie ihre wichtigsten Kunden verloren und verzeichnen zum Teil massive Umsatzeinbrüche. Diese indirekt vom Lockdown betroffenen Betriebe warten seit Monaten auf die entsprechende Richtlinie und somit auch auf die Auszahlung der Corona-Hilfen", kritisiert Will.
Für die Gastronomie sei jetzt wichtig, dass die Hilfen schnell ausbezahlt werden, vor allem die Umsatzersätze für November und Dezember. Nach aktuellen Angaben aus dem Ministerium seien für November bereits 107.104 Anträge auf Umsatzersatz mit insgesamt 1,998 Mrd. Euro ausbezahlt worden. Für Dezember seien es 97.552 Anträge mit insgesamt 903 Mio. Euro gewesen. "Das entspricht einer Gesamtgenehmigungsquote von 93 Prozent." Bei den noch fehlenden 7 Prozent handle es sich zumeist nur um Verzögerungen.