Staatssekretär Magnus Brunner: „Ich erwarte mehr von den Grünen“
Magnus Brunner, VP-Staatssekretär im Klimaministerium, über seine Skepsis zum 2040-Klimaziel der Regierung, Querschüsse aus dem Burgenland und fehlende Regelungen zum „Grünen Gas“ im neuen Ökostromgesetz.
Magnus Brunner, VP-Staatssekretär im Klimaministerium
trend:
Herr Brunner, welches Feedback bekommen Sie für den Entwurf zum neuen Ökostromgesetz?
Magnus Brunner:
Ich erlebe extrem positive Reaktionen, bis auf ein paar Detailfragen, die man natürlich ernst nehmen muss.
Jetzt starten die Verhandlungen mit den Oppositionsparteien um die notendige Zwei-Drittelmehrheit für das neue Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dem EAG. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein?
Grundsätzlich bin ich optimistisch, weil das Bewusstsein für die Energiewende in allen Parteien vorhanden ist.
Die SPÖ etwa fordert einen 100 Euro-Deckel für Haushalte, damit die zwangsläufig steigenden Ökostromförderungen für die steigende Anzahl an Windrädern und Solarkraftwerken nicht bis zu den Konsumenten durchschlagen.
Dazu müssten wir den gesamten Aufbringungsmodus aufschnüren, das halte ich für schwierig. Aber natürlich müssen wir auch Forderungen anderer Parteien diskutieren.
Das Geld kommt direkt von den Stromkunden. Und wird bei Großverbrauchern und kleinen Haushalten unterschiedlich berechnet.
Das ist eine ausgeklügelte, zwischen den Sozialpartnern ausverhandelte Regelung. Der Aufbringungsmodus wurde auf Vorschlag des ÖGB vor vielen Jahren ausgearbeitet und soll auch in Zukunft beibehalten werden. Soziale Ausnahmen werden jetzt schon berücksichtigt.
Wir brauchen ein sinnvolles Unterstützungsmodell für grünes Gas.
Parallel dazu müssen Sie auch noch weitere Nachtragsarbeiten erledigen. So etwa fehlen in dem aktuellen Entwurf die angestrebten Regelungen für „grünes Gas“ aus Biomasse oder grünem Strom. Das sollte immerhin fünf Terawattstunden Energie bringen, steht im Regierungsprogramm.
Das Gaspaket haben wir jetzt herausgenommen, weil es sich in der Kürze der Zeit als nicht machbar herausgestellt hat. Aber es ist mit Ministerin Gewessler vereinbart, dass wir die sechs Wochen Begutachtungsfrist nutzen, um das Paket weiter zu verhandeln. Da erwarte ich mir auch mehr von den Grünen.
Woran scheitert es bisher?
Wir brauchen ein sinnvolles Unterstützungsmodell für grünes Gas. Und eine vernünftige und praxistaugliche Regelung, welche Rolle das Gasnetz in Zukunft spielen soll.
Die Grünen wollen eher einen Ausstieg aus jeder Gasnutzung in Privathaushalten?
Im Gegensatz zum Ausstieg aus dem Öl sehe ich für einen abrupten Ausstieg aus der Gasheizung oder zu einem Rückbau von Gasinfrastruktur, wie es sich manche wünschen, weder Notwendigkeit, noch Möglichkeit und auch keine Vereinbarung im Regierungsprogramm. Natürlich haben wir ambitionierte Klimaschutzziele, aber die Gasheizung ist dann auch eine soziale Frage. Gerade Wien wird das sehr interessieren.
Von großen Energieversorgern wiederum werden die zusätzlich vorgesehenen Naturschutzprüfungen für Förderungen bei Wasserkraftwerken kritisiert.
Bei der Wasserkraft haben wir die ökologischen Kriterien von fünf auf zwei reduziert. Die Branche ist damit noch nicht ganz glücklich, ich weiß, aber wir mussten hier einen Kompromiss finden.
Landeshauptmann Doskozil geht einen völlig falschen Weg.
Auch wünscht man sich dort mehr Geld für die Ausgleichsenergie, die aufgebracht werden muss, wenn die Wind- und Sonnenkraftwerke plötzlich nicht liefern können, weil Flaute, oder Wolken?
Die Netzreserve ist so etwas wie eine Blackout-Versicherung. Die wird auf neue Beine gestellt und erstmals kann auch die Industrie aktiv daran teilnehmen. Aber wir werden uns Bedenken noch genau anschauen, dafür ist das Begutachtungsverfahren ja da.
Die Solarbranche wiederum ist über Förderkürzungen für Photovoltaik-Anlagen auf der grünen Wiese verärgert.
Die Bundesländer gehen davon aus, dass es dadurch einen Lenkungseffekt gibt. Es sollen zuerst die Dächer drankommen, dann die ohnehin schon versiegelten Flächen, dann Freiflächen. Aber ohne Freiflächenanlagen werden wie die Ziele nicht erreichen. Ob die Abschläge wirklich 30 Prozent sein müssen, darüber können wir noch reden.
Burgendlands Landeshauptman Hans-Peter Doskozil will den PV-Ausbau auf Freiflächen komplett der öffentlichen Hand vorbehalten. Das ist einem eigentlich gewünschten privatwirtschaftlichen Investitionsboom nicht gerade zuträglich.
Landeshauptmann Doskozil behindert mit seinem Vorgehen die Energiewende für das Burgenland. Photovoltaik leistet einen immer größeren Beitrag im Energiesystem. Leider geht der Landeshauptmann damit einen völlig falschen Weg. Damit werden absichtlich Chancen für Wertschöpfung und Arbeitsplätze liegen gelassen, Investitionen werden ausbleiben. Das wird man auch rechtlich genau prüfen müssen.
Glauben Sie nun daran, mit den nun vorgestellten Regeln die mehr als ambitionierten Ausbauziele sicherstellen zu können?
Natürlich gehe ich davon aus, dass wir die 100 Prozent erneuerbaren Strom im Jahr 2030 erreichen. Was deutlich schwieriger wird ist das Ziel der Klimaneutralität 2040, das werden wir mit den bestehenden Mitteln und Technologien nicht schaffen. Da braucht es noch verstärkte Regeln für Innovationen wie erneuerbaren Wasserstoff, gerade die Industrie braucht hier Unterstützung.