London verkündete Einigung mit EU auf Entwurf für Brexit-Abkommen

Das britische Kabinett und die EU-Botschafter beraten nun über den Entwurf. Ein Brexit-Sondergipfel könnte am 25. November die Einigung absegnen. In Großbritannien stößt der Entwurf bereits auf Widerstand.

London verkündete Einigung mit EU auf Entwurf für Brexit-Abkommen

London. Im Ringen um ein Brexit-Abkommen haben Großbritannien und die EU womöglich einen Durchbruch erzielt: Beide Seiten einigten sich auf einen Vertragsentwurf für den britischen EU-Austritt, wie das Büro von Premierministerin Theresa May am Dienstagabend mitteilte.

Die britische Regierung und die Botschafter der 27 verbleibenden EU-Staaten wollen am Mittwoch über den Text beraten. Die Reaktionen auf die Einigung fielen gespalten aus.

Der irische Fernsehsender RTE berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, es sei eine Einigung erzielt worden, die eine Rückkehr zu einer festen Grenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland vermeide. Die Grenzfrage war einer der Knackpunkte in den Brexit-Verhandlungen.

Dem RTE-Bericht zufolge verständigten sich beide Seiten nun offenbar auf einen Kompromiss, der vorübergehend gemeinsame Zollregeln der EU mit dem gesamten Vereinigten Königreich sowie spezielle Regelungen für Nordirland vorsieht, solange kein endgültiges Handelsabkommen steht.

Die Vereinbarung der Unterhändler muss nun noch in London und Brüssel gebilligt werden. Das Kabinett in London werde am Mittwoch um 14.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) zusammentreten, um den Entwurf zu prüfen und über die weiteren Schritte zu entscheiden, erklärte Downing Street. Bereits am Dienstagabend warb May in Einzelgesprächen um die Zustimmung ihrer Minister.

Die britische Regierung und das Parlament sind in der Brexit-Frage gespalten. Sollte Mays Kabinett dem vorgelegten Entwurf zustimmen, könnte dies den Weg für einen EU-Sondergipfel im November ebnen.

Aus Brüssel verlautete, es sei eine technische Vereinbarung erzielt worden. Nun müsse auf beiden Seiten noch eine Einigung auf politischer Ebener folgen. Die Botschafter der 27 verbleibenden EU-Mitglieder wollen am Mittwoch in Brüssel über den Entwurfstext beraten, wie aus Diplomatenkreisen verlautete.

Frankreichs Europaministerin Nathalie Loiseau erklärte, bei den Brexit-Verhandlungen seien endlich "wesentliche Fortschritte" erzielt worden. Der Entwurf müsse nun genau geprüft werden, um ein Abkommen "im Interesse der EU" zu erreichen.

Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn äußerte sich skeptisch. Es sei "unwahrscheinlich", dass dies ein gutes Abkommen für Großbritannien sei, sagte der Labour-Chef. Auch die nordirische Democratic Unionist Party (DUP), auf deren Stimmen May im Parlament angewiesen ist, meldete Zweifel an.

Der Fraktionschef der konservativen EVP im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), begrüßte die Einigung. "Die nordirische Grenze wird nicht als harte Grenze eingerichtet", sagte er in den ARD-"Tagesthemen". "Wir werden eine Übergangsphase kriegen, um Schaden zu vermeiden vor allem für die Wirtschaft, aber auch für die Bürger."

Weber kündigte an, kritisch auf den Vertrag zu schauen. Es gelte das Prinzip, "dass ein Land, das außerhalb der Europäischen Union ist, nicht gleiche oder sogar bessere Standards haben kann als ein Land, das innerhalb der Europäischen Union ist". Großbritannien werde mit diesem Vertrag "auch Vorteile verlieren".

Die Verhandlungen mit Großbritannien über den EU-Austritt im März 2019 waren in den vergangenen Monaten ins Stocken geraten. Eine Einigung muss spätestens im Dezember stehen, um die Ratifizierung durch die Parlamente auf beiden Seiten rechtzeitig vor dem Brexit-Datum zu ermöglichen.

Für den Fall eines Scheiterns der Brexit-Verhandlungen hatte die EU-Kommission am Dienstag einen Notfallplan verabschiedet. Er enthält "Notfallmaßnahmen in vorrangigen Bereichen" wie dem Luftverkehr oder bei Aufenthalts- und Visafragen, wie die EU-Behörde mitteilte. Der Notfallplan soll laut EU-Kommission auch Gebiete wie Finanzdienstleistungen, Hygiene- und Pflanzenvorschriften, die Übermittlung personenbezogener Daten sowie die Klimapolitik umfassen.

"Wir arbeiten sehr hart daran, eine Vereinbarung mit dem Vereinigten Königreich zu erzielen", sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans in Straßburg. "Wir machen Fortschritte, aber wir sind noch nicht am Ziel." Es sei die Pflicht der EU, sich "auf alle Ergebnisse" der Brexit-Verhandlungen vorzubereiten.

Brexit-Gipfel

Ein EU-Gipfel zur Annahme der Brexit-Einigung mit Großbritannien könnte möglicherweise nächstes Wochenende in Brüssel stattfinden. Sollte das britische Kabinett in London am heutigen Mittwoch den Text der Verhandler billigen, könnte ein Gipfel am 25. November in Brüssel auf Schiene gebracht werden, hieß es in Ratskreisen in Brüssel.

Ein Brexit-Sondergipfel müsste von EU-Ratspräsident Donald Tusk einberufen werden. Das ursprünglich genannte Datum für einen solchen Sondergipfel, der 17./18. November, ist nach Angaben von Diplomaten mittlerweile nicht mehr wahrscheinlich.

Am Mittwochnachmittag (15.00 Uhr) beraten die EU-Botschafter der 27 verbleibenden EU-Staaten unter österreichischem Vorsitz über den Text zur Brexit-Einigung. Das 500-seitige Dokument regelt Details des Austrittsvertrags, neben der Irland-Grenzfrage etwa auch die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und umgekehrt sowie die britischen Finanzschulden bei der EU in Höhe von etwa 45 Mrd. Euro.

Bis zu einem neuen Freihandelsabkommen soll ab dem britischen Austritt am 29. März 2019 eine 21-monatige Übergangsfrist gelten, in der Großbritannien nicht mehr in den EU-Institutionen vertreten ist, aber wie ein Mitglied weiterhin alle Verpflichtungen erfüllen muss.

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