László Kovács: "Hoffe, dass sich Österreich nicht gegen den Rest der Welt stellt"

Scharfe Kritik an Österreich: EU-Steuerkommissar ­László Kovács findet das Bankgeheimnis „inakzeptabel“.

FORMAT: Herr Kommissar, Sie treten als EU-Steuerkommissar vehement für mehr Zusammenarbeit und Transparenz ein. Was kritisieren Sie am österreichischen Bankgeheimnis?
László Kovács: Meine dezidierte Position ist, dass ein Bankgeheimnis keine Betrüger beschützen darf. Es ist inakzeptabel, dass das Bankgeheimnis in einem Mitgliedsstaat ein Hindernis für die Steuerbehörden anderer Mitgliedsländer darstellt, die die Steuerschuld eines ihrer Einwohner korrekt feststellen wollen.

"Österreich wird Position revidieren"
FORMAT: Heißt das, dass Österreich das Bankgeheimnis schon in Bälde aufgeben muss?
Kovács: Im Kontext der Finanzkrise, wo jeder Cent für die Behörden wichtig ist und wo der Mangel an Transparenz als einer der Faktoren identifiziert wurde, die zur Krise geführt haben, haben alle Staaten begonnen, ihre Position zum Bankgeheimnis zu ändern. Ich bin überzeugt, dass auch Österreich seine Position revidieren wird. Wir müssen aufhören, Leuten dabei zu helfen, in ihrem Heimatstaat Steuern zu hinterziehen, und damit die Interessen von anderen EU-Mitgliedsstaaten zu schädigen.
FORMAT: Österreichische Politiker haben in ihren ersten Reaktionen fast geschlossen das Bankgeheimnis verteidigt. Haben Sie dafür Verständnis?
Kovács: Ich verstehe das, sofern österreichische Einwohner betroffen sind. Aber ich habe kein Verständnis dafür, wenn es um Ausländer geht.

"Sich auf schwierige Verhandlungen einstellen"
FORMAT: Was würde geschehen, wenn Österreich sich weigert, die Regeln zu ändern? Welche Sanktionen sind zu befürchten?
Kovács: Österreich hat alle Karten in der Hand: Steuerangelegenheiten müssen in der EU von allen Mitgliedern einstimmig beschlossen werden. Österreich kann sich aber auch auf sehr schwierige Verhandlungen im Rat einstellen, wenn es gegen den allgemeinen Druck sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU auf das Bankgeheimnis besteht. Ich hoffe, dass Österreich sich nicht allein gegen den Rest der Welt stellt, wenn dieser mehr Transparenz verlangt. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden.
FORMAT: Würde eine stärkere Zusammenarbeit Österreichs bei der Suche nach Steuerflüchtlingen helfen, das Bankgeheimnis zu erhalten?
Kovács: Bessere Zusammenarbeit ist meiner Ansicht nach nur möglich, wenn Österreich den anderen Mitgliedsstaaten die notwendige Information zukommen lässt, die ihnen erlaubt, die Steuerpflicht jeder Person oder jedes Unternehmens zu bestimmen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ohne Zugang zu den Informationen, die von den Banken gehalten werden, gehen soll.

Interview: Corinna Milborn

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