EU-Sanktionen gegen Putin: "Signifikante Verschärfung"
Verschärfte Wirtschaftssanktionen sollen Russland zum Einlenken im Ukraine-Konflikt bewegen. Betroffen sind vor allem der russische Bank- und Energiesektor. Wirtschaftsjurist Stephan Denk bezeichnet die neuen Sanktionen gegenüber Format.at als "signifikante Verschärfung des bisherigen Zustandes".

Der Graben zwischen der EU und Russland wird immer tiefer. Am Freitag traten neue Sanktionen in Kraft, die vor allem auf die Schwächung von russischen Energie- und Rüstungsunternehmen abzielen. Die neuen Sanktionen sehen Restriktionen für Finanzgeschäfte von großen Ölkonzernen wie Rosneft und Rüstungsunternehmen vor. In der EU ist der Handel mit Wertpapieren mit einer Laufzeit von 30 Tagen, statt bisher 90 Tagen von russischen Instituten wie Sberbank, VTB oder Gazprombank verboten. "Damit will man die langfristige Refinanzierung der russischen Unternehmen abschneiden", sagt Stephan Denk, Spezialist für Öffentliches Wirtschaftsrecht bei der Wirtschaftskanzlei Freshfields in Wien und Experte auf dem Gebiet der Russland-Sanktionen.
Die jetzigen Maßnahmen bauen aber auf bereits in den vergangenen Monaten verhängten Sanktionen auf. Mit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland wurden im März bestimmte Personen mit Kontosperrungen und Einreiseverboten belegt, etwa Personen aus dem Kreis der Separatistenführer oder juristische Gruppen wie die "Volksarmeen". Derzeit sind es insgesamt 119 Personen und 23 Gruppen, deren Vermögenswerte von der EU eingefroren wurden. Das bedeutet, dass von den Finanzinstituten keine Gelder bereitgestellt werden dürfen. Der sogenannte „asset freeze“ entspricht jedoch nicht einer Enteignung der Gelder.
Keine breiten Wirtschaftssanktionen, sondern sektorale Nadelstiche
Im April betrafen weitere Sanktionen dann die Regionen der Krim und Sewastopol. Die Einfuhr von Gütern von der Halbinsel in die EU wurde verboten, Handel und Investitionen in Bereiche wie Telekommunikation, Verkehrs und Industrie eingeschränkt. Ende Juli wurden die Sanktionen noch mal erweitert. Doch auch die neuen Maßnahmen sind für Denk noch keine "breiten Wirtschaftssanktionen, sondern empfindliche sektorale Nadelstiche".
Dennoch treffen die Sanktionen mit dem Bank- und Energiesektor sehr sensible Bereiche der russischen Wirtschaft. Denn von nun an ist nicht nur die Ausfuhr von Technologie verboten, die etwa zur Erdölexploration in der Arktis benötigt wird, es dürfen auch keine Dienstleistungen mehr in Zusammenhang mit der Erölförderung erbracht werden. Ausnahmen gibt es jedoch: "Besteht etwa bei der Erdölförderung die Gefahr von Umweltschäden oder sind Menschenleben gefährdet, dürfen europäische Unternehmen weiter das nötige Know-How liefern", so der Wirtschaftsjurist.
Die neuen EU-Sanktionen sind unmittelbar geltend, bei Nichteinhaltung drohen den europäischen Unternehmen Geldstrafen oder gerichtliche Strafverfahren. In Österreich wachen etwa die Nationalbank und das Wirtschaftsministerium über die Einhaltung.
Wie stark die Sanktionen die europäischen Finanzmärkte treffen, hängt von der Reaktion Russlands ab, so Denk. Die geplante Gegenmaßnahme, die Überflugsrechte europäischer Fluglinien über russisches Territorium zu beschneiden, dürften aber für Russland keine echte Option sein, da sie meist auf Gegenseitigkeit beruhen.
Auswirkungen werden die Sanktionen vor allem auf die russische Wirtschaft haben, sie treffen sehr wichtige, sensible Bereiche wie den Energie- und Bankensektor. Auch wenn Stephan Denk sie noch nicht als "breite Wirtschaftssanktionen" bezeichnen will, so sind sie doch eine "signifikante Verschärfung des bisherigen Zustandes."