Frankreich-Wahl: Macron gewinnt klar - Frauen im Anmarsch
Die neue Partei von Emmanuel Macron „La République en Marche“ (REM) hat die Parlamentswahl klar gewonnen. Der Vorsprung ist allerdings geringer ausgefallen als zuvor erwartet wurde. Marine Le Pen zieht erstmals in die Nationalversammlung ein. Ihre Partei hatte allerdings eine kräftige Abfuhr erhalten. Der Frauenanteil wird in Frankreichs Parlament kräftig ansteigen. Drei Viertel der gewählten Abgeordneten sind politische Neulinge. Die Regierung muss sich indes auf schwierige Verhandlungen mit den Gewerkschaften einstellen.

Paris. Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron hat bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit gewonnen. Der sozialliberale Staatschef sicherte sich in der entscheidenden Abstimmungsrunde am Sonntag eine komfortable Machtbasis für seine Reformen, mit denen er unter anderem Frankreichs Wirtschaft international wieder konkurrenzfähig machen will.
Allerdings schnitt Macrons „La République en Marche“ (REM) deutlich schwächer ab als erwartet. Das Mitte-Lager REM mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem aus dem Stand auf 350 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Das liegt deutlich über den 289 Mandaten für eine absolute Mehrheit. In Umfragen waren für seine Bewegung bis zu 470 Mandate vorhergesagt worden. Die Wahlbeteiligung stürzte auf einen neuen historischen Tiefpunkt von knapp 43 Prozent.
Der Triumph für Macrons erst vor gut einem Jahr gegründete Mitte-Partei La Republique en Marche und ihre Verbündeten bedeutet eine historische Zäsur für die französische Politik.
Die konservativen Republikaner kommen zusammen mit der Zentrumspartei UDI auf 131 Sitze. Die Sozialisten von von Macrons Amtsvorgänger und Ex-Staatschef Francois Hollande haben künftig nur noch 29 Abgeordnete in der Nationalversammlung. Die Bewegung Das unbeugsame Frankreich des Linkspolitikers Jean-Luc Melenchon gewann 17 Mandate, die Kommunisten erzielten zehn Mandate. Die rechtspopulistische Front National stellt künftig acht Abgeordnete, unter ihnen Parteichefin Marine Le Pen. Sozialisten-Chef Jean-Christophe Cambadelis trat noch am Sonntagabend zurück.
Die Runderneuerung
Der politische Neustart in Frankreich mit Präsident Macron und seiner absoluten Parlamentsmehrheit zieht eine Runderneuerung nach sich. Drei Viertel der frisch gewählten Abgeordneten sind Politik-Neulinge, nur 142 der 577 Mitglieder der bisherigen Nationalversammlung behalten ihren Sitz.
Einerseits waren 212 der bisherigen Abgeordneten nicht mehr zur Wahl angetreten. Andererseits hatte die neue Partei von Macron gezielt Politneulinge für die Parlamentswahl aufgestellt. Viele von ihnen haben künftig einen Sitz in der Nationalversammlung.
Wie der Sender France Info am Montan berichtete, ist dies die bisher umfangreichste Erneuerung des Parlaments seit Gründung der Fünften Republik 1958.
Mit seinem klaren Wahlsieg hat Macron freie Fahrt für seine Reformvorhaben. Seine Partei kommt sogar auch ohne die verbündete MoDem auf eine absolute Mehrheit: La Republique en Marche gewann laut offiziellem Endergebnis 308 Abgeordnetensitze.
Die Kommunisten sowie die Gerkschaften haben bereits angekündigt, nicht widerstandslos die Reformvorhaben der Regierung der Macron-Partei abzunicken.
Republikaner und Sozialisten hatten die Politik in Frankreich über Jahrzehnte dominiert, waren aber schon bei der Präsidentschaftswahl von den Wählern abgestraft worden.
Macron war vor sechs Wochen als jüngster französischer Präsident aller Zeiten in den Elysee-Palast gewählt worden. Der 39-Jährige will noch in diesem Monat eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts und ein neues Anti-Terror-Gesetz auf den Weg bringen. Außerdem strebt er weitreichende Reformen in der vom angekündigten Austritt Großbritanniens verunsicherten Europäischen Union an. Der frühere Wirtschaftsminister setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland.
Das Wahlergebnis bedeutet ein Rückenwind für die Regierung: Bei der Parlamentswahl in Frankreich haben auch von Präsident Emmanuel Macron ernannte Minister und weitere Politiker in ihren Wahlkreisen gewonnen. Darunter waren der konservative Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, Wohnungsbauminister Richard Ferrand, Regierungssprecher Christophe Castaner und die Übersee-Ministerin Annick Girardin.
Mit hauchdünner Mehrheit erklärte sich auch der frühere Premierminister Manuel Valls zum Sieger in seinem Wahlkreis, der Vorsprung habe 139 Stimmen betragen. "Ich möchte mich weiter nützlich machen", sagte Valls, der von den Sozialisten in Macrons Lager strebt.
Eine Schlappe gab es unterdessen für die sozialistische Ex-Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem. "Das ist eine Pause, die mich erwartet", erklärte die Politikerin, die mit einer umstrittenen Reform des Deutschunterrichts in Frankreich in die Kritik geraten war.
Der Erfolg der Frauen
Nach der Parlamentswahl vom Sonntag werden in der französischen Nationalversammlung mehr Frauen sitzen als je zuvor. 223 der 577 Abgeordneten sind weiblich, dies sind 38,7 Prozent. Bisher gehörten 155 Frauen der Nationalversammlung an, das entsprach einem Anteil von 26,9 Prozent, wie die Zeitung "Le Monde" am Montag berichtete.
Die Partei von Präsident Emmanuel Macron und ihre Verbündeten entsenden knapp zur Hälfte Frauen in die künftige Nationalversammlung. Der Frauenanteil liegt bei der Linkspartei bei 41 Prozent, bei den Sozialisten bei 38 Prozent, bei der rechten Front National bei 25 und bei den konservativen Republikanern bei 23 Prozent.
Rechtsextreme FN ohne Fraktion
Die Chefin des rechtsextremen Front National (FN), Marine Le Pen, ist erstmals in die französische Nationalversammlung gewählt worden. Sie habe in der zweiten Runde der Parlamentswahl ihren Wahlkreis in Nordfrankreich gewonnen, sagte sie am Sonntagabend. Insgesamt hätten FN-Abgeordnete mindestens acht Mandate geholt. Le Pen feierte das Ergebnis als einen Erfolg. Mit weniger als zehn Mandaten kann sie aber keine Fraktion bilden.
Ihre Anhänger dürften jedoch enttäuscht sein. Hatten sie doch mehr Mandate erhofft, nachdem es Le Pen noch Anfang Mai in die Stichwahl um das Präsidentenamt geschafft hatte.
Le Pen hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt am 7. Mai gegen Emmanuel Macron verloren. Der pro-europäische Politiker siegte damals mit großem Vorsprung.
Die Wahl gegen die Wut
Premierminister Edouard Philippe begrüßte das Ergebnis: "Mit ihrer Wahl haben die Franzosen in großer Mehrheit die Hoffnung der Wut vorgezogen, den Optimismus dem Pessimismus", sagte der Konservative. Er bezeichnete das Wahlergebnis als eine Chance für sein Land. "Vor einem Jahr hat niemand gedacht, dass es zu einer solchen politischen Erneuerung kommt", sagte er.
Die zweite Parlamentskammer, der Senat, wird von der bürgerlichen Rechten dominiert. Allerdings sitzt die Nationalversammlung bei der Verabschiedung von Gesetzen am längeren Hebel. Vor allem bei der geplanten Arbeitsmarktreform sind Proteste von Gewerkschaften zu erwarten.
Elsass in Hand von Macron-Partei und Konservativen
Im Elsass sind bei der zweiten Runde der französischen Parlamentswahl fast ausschließlich Kandidaten der Partei von Präsident Emmanuel Macron oder der konservativen Republikaner gewählt worden. Das teilte das Innenministerium in der Nacht auf Montag mit.
Im Departement Bas-Rhin, zu dem auch der EU-Parlamentssitz Straßburg gehört, setzten sich in den Wahlkreisen mehrheitlich Bewerber von Macrons Partei La Republique en Marche durch. Im Departement Haut-Rhin, dem südlichen der beiden elsässischen Verwaltungsbezirke, waren hingegen die Kandidaten der Konservativen deutlich im Vorteil.
Bei der französischen Präsidentschaftswahl im Mai hatte die Rechtspopulistin Marine Le Pen im Elsass deutlich besser abgeschnitten als im Landesdurchschnitt. Aber auch in der Grenzregion zu Deutschland lag der Wahlsieger Macron damals deutlich vorn.