Eurofighter: Der Grant auf Österreich ist ziemlich tief

Der Eurofighter-Hersteller Airbus sah schon vor zwei Jahren einen „Grundrechtsverstoß“. Die Wogen gehen erneut hoch.

Eurofighter: Der Grant auf Österreich ist ziemlich tief

Der Wunsch Österreichs, die Justiz möge in Sachen Eurofighter schneller arbeiten, könnte durchaus auch von Hersteller Airbus kommen. Aber aus ganz anderen Gründen.

Immerhin hatte der Rüstungskonzern dem früheren Verteidigungsminister und jetzigen burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil schon vor zweieinhalb Jahren wegen „Grundrechtsverstoß – Instrumentalisierung der Justiz“ vor die Staatsanwaltschaft gezerrt. Passiert ist bis heute nichts, bestätigt die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta), die mittlerweile für die Eurofighter-Sache zuständig ist.

Doskozil gegen Airbus gegen Doskozil

Doskozil hatte die seinerzeitige Anzeige gegen Airbus in einer Pressekonferenz öffentlich vorgetragen. Airbus-Chefanwalt Peter Kleinschmidt reichte daraufhin eine „rechtliche Stellungnahme“ an die Staatsanwaltschaft Wien ein: „Airbus kritisiert die höchst fragwürdige Vorgehensweise bei der Anzeigenerstattung und die begleitende vorverurteilende Informationspolitik des Verteidigungsministers als rechtswidrige Eingriffe in wirtschaftliche Grundrechte. Dies verstößt eklatant gegen europäische rechtsstaatliche Grundsätze und Verfassungsprinzipien“.

Ähnlich wie heute stand damals eine politische Entscheidung rund um die Eurofighter-Nachfolge bevor, Doskozil hatte eine Empfehlungskommission eingerichtet, die von Eurofighter heftig kritisiert wurde (siehe das trend-Interview mit dem damaligen Eurofighter-Chef Volker Paltzo vom November 2017).

Ein Airbus-Sprecher bekräftigt nun die damalige Rechtsansicht: „An der rechtlichen Grundlage hat sich aus unserer Sicht nichts verändert“. Amtsträger müssten bei ihrer Informationstätigkeit die Grundsätze der Objektivität, der Wahrhaftigkeit und Sachlichkeit beachten, insbesondere dann, wenn – wie hier – der Staat vermeintliches Opfer, Ankläger und Richter ist.

Im Büro Doskozil sieht man die Sache gelassen. Rechtsvertreter Johannes Zink schließt aus der Tatsache, dass bis jetzt weder Anklage erhoben wurde, noch eine Befragungen stattgefunden habe, dass damals rechtskonform vorgegangen wurde. Und zieht ebenfalls Parallelen zu heute: „Auch Nachfolgerin Klaudia Tanner agiert nicht viel anders und macht Airbus öffentlich Vorhalte. Ich verstehe, Eurofighter muss sich wehren, wenn es angeschossen wird, aber Verdachtsfälle darf man in Österreich eben öffentlich äußern“.


Gegenangriff der Eurofighter: "Faktenfreie Polemik"

INTERVIEW von MARKUS GROLL (November 2017)

Volker Paltzo, der frühere Chef der Eurofighter GmbH, meinte im trend-Interview 2017, es wäre billiger für Österreich, bei den Eurofightern zu bleiben.

Eurofighter-CEO Volker Paltzo wirft dem Bericht der "Soko Luftraum" des Verteidigungsministeriums Schwachstellen vor und stellt ein Veto beim angedachten Weiterverkauf der österreichischen Eurofighter in den Raum.

trend: In der Diskussion über eine Nachfolgeregelung für die Abfangjäger in Österreich hat die Soko „Aktive Luftraumüberwachung“ für einen Ausstieg aus den Eurofightern plädiert. Damit ist ihr Produkt in Österreich wohl Geschichte?
Volker Paltzo: Die Soko hat empfohlen, die gegenwärtig vorhandenen Eurofighter nachzurüsten und durch drei gebrauchte Eurofighter Doppelsitzer zu ergänzen. Als Alternative kommt dann ein Kampfflugzeug mit 15 Einsitzern und drei Doppelsitzern von anderen Herstellern ins Spiel. Der angesprochene Ausstieg betraf nur den Eurofighter der Tranche 1 in seinem aktuell beschränkten Ausrüstungsstand. Wir haben uns deshalb den Bericht der Soko sehr genau angesehen. Leider haben wir feststellen muessen, dass der Bericht zahlreiche, zum Teil eklatante Schwachstellen enthält.
Ein konkretes Beispiel: Die Soko hat uns zu einem Nutzungszeitraum der Eurofighter für die Jahre 2020 bis 2040 befragt. Wir haben hierzu unsere Antworten im Mai 2017 in Wien präsentiert. Dann hat aber die Soko quasi posthum einen Zeitraum von 2040 bis 2049 analysiert, für den von uns natürlich keine Aussagen vorlagen. Das war keine besonders vertrauensbildende Maßnahme. Zweitens, haben wir den Eindruck, dass der Bericht nicht wirklich ergebnisoffen war, sondern in seiner Schlussfolgerung lediglich eine politische Vorgabe des Ministers schriftlich zu bestätigen hatte.

trend: Sind politische Vorgaben nicht selbstverständlich?
Paltzo: Welchen Wert hat ein Bericht von Fachleuten, dessen Ergebnis politisch determiniert ist? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: es ist ganz allein Österreichs Sache, darüber zu entscheiden. Aber wir haben auch gehört, dass Fachleute aus ökonomischen und militärischen Gründen zu ganz anderen Schlussfolgerungen kommen.

trend: Es ist bekannt, dass jemand in der Soko mitgewirkt hat, der eine besondere Nähe zu Saab, Ihrem Hauptkonkurrenten in Österreich, gehabt haben soll.
Paltzo: Der Verteidigungsminister sagt, dieses Mitglied sei nur am Rande beteiligt gewesen. Andere sagen uns aber, dass der Berater regelmäßig bei Sitzungen anwesend und aktiv die zentralen Berechnungen zulasten des Eurofighter mitgestaltet habe. Mehr ist uns dazu nicht bekannt.


Faktenfreie Polemik von Eurofighter-Gegnern.

trend: Eurofighter-Gegner sagen, dass die Flieger in Österreich nach kaum 15 Jahren Betrieb schon wieder schrottreif sind. Das erhöht auch nicht gerade das Vertrauen.
Paltzo: Das ist faktenfreie Polemik. Das haben das Bundesheer und Eurofighter nicht verdient. Die Version der Flugzeuge, die nach Österreich ausgeliefert wurde, entspricht exakt dem, was die Republik bestellt hat. Wir glauben, dass es die beste und billigste Lösung für Österreich wäre, die Eurofighter-Flotte weiter zu betreiben. Ausrüstungsdefizite, die aufgrund früherer Entscheidungen auf österreichischer Seite heute bestehen, können relativ unproblematisch, kostengünstig und kurzfristig behoben werden. Dagegen würde die Beschaffung eines alternativen Abfangjägers dem österreichischen Steuerzahler mindestens zwei bis vier Milliarden Euro zusätzlich kosten – für ein weniger leistungsfähiges Kampfflugzeug.

trend: So teuer würde es wohl nicht, denn Österreich könnte zum Beispiel seine 15 Eurofighter an eine Dritte Partei weiterverkaufen.
Paltzo: Selbstverständlich. Doch nach unserem Vertrag müssten einem Verkauf die vier Kern-Nationen und der Vertragspartner Eurofighter Jagdflugzeug GmbH zustimmen.

trend: Würden Sie dagegen stimmen? So ein Veto wäre im Nachfolgepoker wohl ein Trumpf gegen Österreich.
Paltzo: Die Zukunft des Eurofighter in Österreich entscheidet allein Österreich. Rüstungsexport braucht allerdings Konsens und insofern ist die Klausel absolut Standard. Wir bitten auch darum, den Blick einmal über die 15 österreichischen Eurofighter hinaus zu richten: Wir haben bislang knapp 600 Bestellungen und über 500 Flugzeuge ausgeliefert. Wir haben zu unseren Kunden in Großbritannien, Spanien, Italien, Deutschland, Saudi-Arabien, Oman und Kuwait ein sehr gutes Verhältnis und wissen, dass ihre Luftwaffen den Eurofighter schätzen. Wir regen an, nach den hitzigen politischen Debatten im Wahlkampf, jetzt wieder zu einer Versachlichung zurückzukommen.


Zur Person

Volker Paltzo war von 2016 bis zum 1. Juni 2019 CEO der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH und ist aktuell Managing Direktor des Tornado-Konsortiums Panavia Aircraft GmbH. Die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH mit über 100.000 Mitarbeitern und 4,6 Milliarden Euro Umsatz (2015) stellt u.a. das Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon her. Es befindet sich im Besitz der Airbus Group (Deutschland, Spanien, 46 Prozent), sowie BAE Systems (England, 33 Prozent) und Alenia Aermacchi (Italien, 21 Prozent).

Die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH ist neben der Konzernmutter Airbus ebenfalls Ziel der Anzeige des österreichischen Verteidigungsministeriums wegen angeblicher Täuschungshandlungen beim Verkauf der Flieger, ein Vorwurf, den beide Unternehmen vehement bestreiten.

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