"Ein Finanzminister Kogler wäre für Österreich mit Sicherheit gescheiter"

"Ein Finanzminister Kogler wäre für Österreich mit Sicherheit gescheiter"

FORMAT: Sitzt mir der neue Finanzminister einer künftigen Koalitionsregierung mit Beteiligung der Grünen gegenüber?

Werner Kogler: Das wäre für die Republik Österreich mit Sicherheit gescheiter, als wenn Maria Fekter das macht. Ein Finanzministerium in sauberen Händen ist besser als ein Finanzministerium in schwarzen Händen.

Ein Finanzressort also in grünen Händen?

Kogler: Wir haben mehrere Leute, die man dafür nehmen könnte. Eva Glawischnig, Alexander van der Bellen, Bruno Rossmann oder eben auch Werner Kogler.

Welche Ressorts sollen an die Grünen gehen, wenn Sie es nach der Wahl in die Regierung schaffen?

Kogler: Klar ist, dass wir Umwelt und Landwirtschaft trennen müssen. Ein Umwelt- und Energieressort könnte dann eines der Kernministerien für eine große Wirtschaftswende werden. Ich glaube, das sehen in Wahrheit auch viele in der ÖVP so. Und das wäre dann selbstverständlich ein Ressort für die Grünen. Da müsste der klassische Naturschutz ebenso drin sein wie die gesamte Energiewirtschaft.

Ein Ressort reicht Ihnen?

Kogler: Wirtschaft oder Finanzen wären durchaus ebenfalls interessant. Wobei ich anmerken möchte, dass es mit Wirtschaftsminister Mitterlehner gute Zusammenarbeit gibt.

Kommen die Grünen realistischerweise überhaupt in die Regierung? ÖVP-Generalsekretär Rauch hat Ihnen bereits kaum erfüllbare Koalitionsbedingungen gestellt.

Kogler: Realistisch ist, was die Mehrheiten nach der Wahl ergeben. Jetzt schauen wir einmal, dass die aktuelle Lähmungskoalition ihre Mehrheit verliert. Dann kommt Dynamik in die Sache. Dann reden wir auch über Bedingungen und führen gegebenenfalls Koalitionsverhandlungen.

Trotzdem: Umgekehrt ist es grüne Bedingung, parlamentarischen Minderheiten das Recht zu geben, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Das geht bereits seit Jahren nicht durch, ist es also jetzt realistisch?

Kogler: Wir haben dazu schon die Unterschriften der Herren Cap und Kopf, nur sind die leider offensichtlich nicht so viel wert. Wir werden uns das eben zu erkämpfen haben. Sind wir in der Regierung, werden wir den U-Ausschuss durchsetzen. Dazu forcieren wir das Anti-Korruptions-Volksbegehren.

Würden Sie in eine Koalition mit SPÖ und ÖVP gehen, wenn Rot und Schwarz Ihnen das anbieten, obwohl sie auch ohne die Grünen eine Mehrheit schaffen?

Kogler: Nein. Ich sage das in aller Deutlichkeit. Das ist mit Glawischnig abgesprochen.

Unter Umständen könnte sich sogar eine Koalition mit Schwarz oder Rot und dem Team Stronach ausgehen. Bleibt es bei Glawischnigs Nein zu dieser Variante?

Kogler: Man weiß ja nicht, welche Abgeordneten sich im Team Stronach nach der Wahl tummeln werden. Was Stronach derzeit mit seinen Leuten macht, ist völlig unfundiertes Voodoo. Diese Anhimmelung halbjährlich im Land einschwebender Sektenführer geht überhaupt nicht. Wissen, ob das so bleibt, kann man derzeit aber andererseits nicht. Große Hoffnung auf Änderung habe ich jedoch nicht.

Das klingt nicht nach Glawischnigs kategorischem Nein, sondern mehr nach einem Nein "aus derzeitiger Sicht“.

Kogler: Derzeit ist eine Koalition mit Stronach ähnlich ausgeschlossen wie eine mit der FPÖ. Aber ich kann nicht hundertprozentig ausschließen, dass sich beim Team Stronach etwas ändert. Ausschließen kann ich, dass wir mit einer derart europa- und wirtschaftsfeindlichen Partei, wie es das Team Stronach derzeit ist, auch nur irgendwie koalieren würden.

Sind die Neos vernünftigere Grüne, ohne Fundi-Faktor und mit mehr Zug zur Macht?

Kogler: Die sind eine Bereicherung. Das ist schon in Ordnung, wenn dort auch Stimmen anfallen. Wenn dann bei uns vielleicht ein halbes Prozent weniger herauskommt, werden wir das aushalten. Ich kenne jedenfalls keine Massenbewegungen zu den Neos, sehe dafür aber einen enormen Zug zu den Grünen.

Entscheidende Stimmen könnten sie die Grünen aber schon kosten.

Kogler: Ich kann nicht sagen, ob und wie sehr das bei uns knabbert. Man wird sich vor der Wahlurne halt überlegen müssen, ob eine Stimme für die Neos nicht eine Stimme ist, die dann fehlt, um die rot-schwarze Mehrheit zu brechen.

Sind jene 15 Prozent aus Umfragen, bei denen die Grünen derzeit stehen, nicht wenig angesichts all dessen, was in der Innenpolitik in den letzten Jahren so passiert ist?

Kogler: Das würde ich nicht sagen. Aber 20 Prozent wären besser, keine Frage. Warten wir einfach ab, was kommt.

Zur Person: Der 1961 im oststeirischen Hartberg geborene Werner Kogler ist studierter Volkswirt und "passiver Hobbyfußballer“ - jahrelang verstärkte er als Kicker den FC Nationalrat. Im Parlament sitzt der grüne Vize-Parteichef und Finanzsprecher (dazu Budget- und Rechnungshofsprecher) seit 1999 und gilt über die Parteigrenzen hinweg als einer der sachkundigsten Nationalratsabgeordneten. Für Aufsehen sorgte Kogler dort zuletzt 2010 mit einer knapp 13-stündigen Filibusterrede.

Dem Autor auf Twitter folgen:

Revidiertes Ergebnis der Wahl zum SPÖ-Parteivorsitz: Andreas Babler siegt, Hans Peter Doskozil verabschiedet sich aus der Bundespolitik.
SPÖ-Wahl: Panne bei Auszählung, Babler ist neuer Parteichef

Eine peinlich Panne macht die Wahl des SPÖ-Parteichefs vom 3. Juni zur …

Links der Mitte, rechts der Mitte: Mit der Entscheidung um den neuen SPÖ-Bundesparteivorsitz werden auch die Karten im Koalitionspoker neu gemischt.
Alles Ampel oder was? [Politik Backstage]

Am SPÖ-Parteitag werden auch die Karten für den Koalitions-Pokertisch neu …

Roter Dauer-Showdown [Politik Backstage]

Pamela Rendi-Wagner ist Parteigeschichte. Das finale Ringen zwischen Hans …

Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Wien
Martin Selmayr zu EU-Fiskalregeln: Auf das Wofür kommt’s an

Während der Pandemie wurden die EU-Fiskalregeln ausgesetzt, jetzt stehen …