Donald Trump als „Betriebsunfall“ der USA [EFA2020]

Recht unterschiedlich waren die Einschätzungen am Rande des Europäischen Forum Alpbach zur Ausgangssituation vor den US-Wahlen.

Trevor D. Traina, Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Wien

US-Botschafter Trevor D. Traina war als Verteidiger des US-Präsidenten eher etwas einsam.

„Trump ist ein intellektueller, psychologischer und politischer Betriebsunfall, den die Gründerväter der USA nicht vorgesehen haben.“ Der Philosoph und Politikwissenschaftler Michael Werz, Professor am Center for German and European Studies in Washington, sparte bei einer Veranstaltung am Rande des diesjährigen Forum Alpbach nicht mit plakativen Formulierungen, um die derzeitige Lage der USA und ihren Präsidenten zu charakterisieren.

Der in Washington lebende Deutsche hätte live Einblicke in die Situation vor den US-Wahlen geben sollen – doch er ist nun an Covid-19 erkrankt. Per Videoaufzeichnung analysierte Werz, der für einen den Demokraten nahe stehenden Thinktank arbeitet, die Ausgangslage vor den US-Wahlen am 3. November.

In separaten Auftritten vertraten Werz, US-Botschafter Trevor D. Traina und Deutschlands Ex-Vizekanzler und –Außenminister Sigmar Gabriel, die diesjährigen Gäste von Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner, markante Positionen.

Das "verzerrte Bild"

US-Botschafter Traina tat, was ein Statthalter tun muss: Er verteidigte Trump. Dieser sei der erste Präsident seit 40 Jahren, „der keinen Krieg begonnen hat“. Selbst angesichts der Bilder von bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen in Kenosha oder Portland sei das Bild der USA in Europa derzeit insgesamt verzerrt, glaubt Traina: „Für jedes Kenosha oder Portland gibt es hunderte andere Städte, die funktionieren.“

Sigmar Gabriel: "Höchst gefährliches Spiel von Trump."

Dagegen sieht der frühere SPD-Politiker Gabriel, Nachfolger von Friedrich Merz (CDU) als Vorsitzender der „Atlantik-Brücke“ zur Pflege deutsch-amerikanischer Beziehungen, ein höchst gefährliches Spiel Trumps: „Er geht dorthin, wo die Unruhen sind, und vergrößert sie dadurch.“ Wahlentscheidend werde sein, ob die Mittelschicht wählen gehen wird. Auch das Wahlverhalten der Latinos könne die berühmten Swing States entscheiden.

Werz beobachtet in den Vorstädten erste „Absetzbewegungen“, etwa wo weiße Bevölkerungsteile mit Minderheiten Tür an Tür leben. In diesen gemischten Nachbarschaften spielten auch die Kinder miteinander.

Doch die derzeitige Stimmung nach den Corona-Erfahrungen der letzten Monate sei unberechenbar. Werz, pointiert: „Trump schafft ja ein soziologisches Wunder. Er spricht Verschwörungstheoretiker an, die, ganz ähnlich wie die faschistischen Bewegungen der 1920er Jahre, Teil der Elite und der Masse sind, dieser großen, weißen, reaktionären Bewegung. Das ist einem rationalen politischen Diskurs verschlossen.“ Es gebe „inzwischen eine Handvoll republikanischer Abgeordneter, die den irrwitzigen Theorien der QAnon-Bewegung anhängen“.

Rohe Gedanken

Sowohl Werz als auch Traina gingen auf die Rolle der Medien in der Polarisierung der US-Gesellschaft ein. Für den Deutschen ist Trumps Leibsender Fox News „in vielem schlimmer als Russia Today“.

Dagegen sieht Traina auch den Nachrichtenkanal CNN, den Trump seit Jahren massiv attackiert, in der Pflicht. CNN profitiere davon, „wenn es sein Publikum aufstachle“. Trumps eigener Kommunikationsstil ist für seinen Botschafter, positiv formuliert, „neuartig“. Traina: „Früher hat eine Armada von Beratern die Worte eines Präsidenten poliert, bevor sie aus seinem Mund kamen. Heute kann man, vor allem über Twitter, seine rohen Gedanken lesen.“

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