Der Zorn auf Europa

FPÖ-Chef Strache treibt die Regierung mit seinen Parolen gegen die Euro-Pleitestaaten vor sich her. SPÖ und ÖVP haben dagegen keine Waffe – außer Maria Fekter.

Der heftigste Konter kommt von Finanzministerin Maria Fekter persönlich: „Eines ist klar: Wenn der IWF aus der Griechenland-Hilfe aussteigt, weil er zur Überzeugung kommt, dass die Fortschritte im Land nicht ausreichend sind, dann zahlt auch Österreich nicht mehr.“ Das sagt Fekter im FORMAT-Interview und sorgt damit für einen politischen Paukenschlag. Kein Geld mehr vom österreichischen Steuerzahler für die „Pleite-Griechen“, wenn keine Reformen gesetzt werden.

Das ist neu aus dem Mund einer Finanzministerin in der Eurozone und könnte eine politische Kehrtwende nach den Ereignissen der vergangenen Monate bedeuten, in denen die Bundesregierung solidarisch und im Verein mit den anderen Eurostaaten Hilfsgelder nach Griechenland überwiesen hat. Und nur für Feinspitze ist da noch ein Unterschied zu Heinz-Christian Strache, dem Gottseibeiuns der Innenpolitik, zu erkennen.

Auch der FPÖ-Chef tourt derzeit landauf, landab und wettert gegen die Europäische Union, die Pleitestaaten Griechenland, Portugal und Irland und schimpft auf ein Fass ohne Boden, in das das österreichische Steuergeld fließt.

Damit trifft der Umfragekaiser der vergangenen Monate den Geschmack der Bevölkerung. Die weiß er mit dieser Haltung nämlich zunehmend hinter sich. In allen Umfragen lehnen die Österreicher weitere Hilfszahlungen nach Griechenland, die derzeit 2,3 Milliarden Euro an direkten Zahlungen umfassen, ab. Wie überhaupt die ohnehin EU-skeptische Stimmung im Land nun endgültig zu kippen scheint. In einer IMAS-Umfrage aus dem ersten Quartal stimmen 71 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass „die österreichischen Interessen in der EU viel zu kurz kommen“. Die Aussage, „Die EU hat für uns trotz aller Kritik mehr Vorteile als Nachteile“, halten gar nur 22 Prozent für richtig. Für den Rest überwiegen die Nachteile.

Das sind alarmierende Zahlen für die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, die nun als Regierungschefs und Minister gemeinsam mit ihren 26 Kollegen aus den anderen EU-Staaten die solidarische Hilfsaktion für die Griechen den Menschen erklären müssen.

Es ist kompliziert als Regierungsansage

Einig sind sich dabei alle – Fekter ebenso wie ihr Finanzstaatssekretär Andreas Schieder von der SPÖ – in einem: Es sei komplizierter, die Notwendigkeit der Griechenland-Hilfe für die heimische Wirtschaft und den Wohlstand im Lande zu erklären, als die Situation in wenigen Schlagworten wie „Unser Geld für unsre Leut!“ oder „Euro-Schirm ist Milliarden-Grab“ populistisch zu plakatieren. Politikwissenschaftler Peter Filzmaier rät der Regierung allerdings zu mehr Ehrlichkeit im Umgang mit Europa: „Die perfekte Antwort auf die FPÖ-Plakate gibt es nicht. Es wäre aber schon sinnvoll, wenn die Regierungsparteien die Versäumnisse bei der europäischen politischen Bildung in den vergangenen Jahren aufholen.“ EU-Politik könne man nicht in geheimer Tarnkappen-Mission, losgelöst von der Innenpolitik, betreiben, nach dem Motto „Nur nicht darüber reden“, sagt Filzmaier.

Die ehemalige Pressesprecherin von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel, die Kommunikationsberaterin Heidi Glück, pflichtet dem Politikwissenschaftler bei: „Es braucht mehr Mut zur Wahrheit und keine billigen Slogans. Man darf kein politisches Kleingeld auf Kosten der EU sammeln.“ Das ist tatsächlich keine Antwort auf die FPÖ, die das seit vielen Jahren besser und mit mehr Glaubwürdigkeit macht.

Regierung mit Zwei-Marken-Strategie

Stattdessen versuchen es SPÖ und ÖVP derzeit mit einer wenig erfolgreichen Zwei-Marken-Strategie. SPÖ-Politiker wie Schieder, Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter und AK-Präsident Herbert Tumpel verweisen auf den Kampf der Sozialdemokratie in Europa, den Finanzsektor über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in die Pflicht zu nehmen. Tumpel geht sogar einen Schritt weiter und stellt der ÖVP die Rute ins Fenster: „Wenn alles bis 2013 nicht reicht und keine Finanztransaktionssteuer kommt, muss man eben nochmals in Österreich nachlegen, die Bankenabgabe erhöhen und Vermögenssteuern, die die Profiteure der Krise treffen, einführen.“ Außerdem habe die FPÖ ohnedies keine Antworten für die Wirtschaft, das würden die 20 Milliarden Euro bei der Hypo in Kärnten beweisen.

Die ÖVP gibt sich hingegen als Hüterin des Steuergeldes in der Person von Maria Fekter. Auf der einen Seite verteidigt sie die Hilfsgelder an Griechenland und verspricht, entschlossen dafür zu kämpfen, dass die Griechen ihre Schulden tilgen. Auf der anderen Seite macht sie weitere Zahlungen vom IWF abhängig. Damit macht sich Fekter – wie in diesem Magazin schon vor drei Wochen beschrieben – zur Kämpferin für den Steuerzahler. Und ist die einzige Waffe der ÖVP im Kampf gegen Strache.

Finanzministerin Maria Fekter im FORMAT-Interview

– Markus Pühringer

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