Corona: Österreich geht in den zweiten Lockdown
Österreich geht im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie in den zweiten Lockdown. Vom 3. bis zum 30. November wird es massive Freiheitseinschränkungen geben. Details hat die Bundesregierung in einer TV-Konferenz erklärt. Sie ruft zu Solidarität und Zusammenhalt auf.

Der November wird heuer in Österreich wohl trostlos wie selten. Angesichts rasant steigender Corona-Infektionszahlen - am Freitag (30.10.) gab es einen neuen Rekord von 5.627 Neuinfektionen - hat die Bundesregierung beginnend mit Dienstag, 3. November einen zweiten Lockdown beschlossen. "Die zweite Welle der Pandemie steuert ihren Höhepunkt entgegen und Europa ist am schwersten betroffen", sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Europaweit steigen die Infektionszahlen massiv, in den letzten Oktobertagen hat die Entwicklung auch in Österreich ein unkontrollierbares Ausmaß angenommen.
Die Details der Schutzmaßnahmen wurden von der Bundesregierung mit Sozialpartnern, dem Bundespräsidenten, den Landeshauptleuten und den Oppositionsführern abgeklärt, ehe die Regierungsspitze an die Öffentlichkeit getreten ist. Das große Ziel ist, die Infektionskurve wieder abzuflachen.
Die Maßnahmen
Ähnlich wie in Deutschland (siehe die für den November 2020 beschlossenen Maßnahmen) kommt es zu einer Sperre der Gastronomie und der Hotellerie sowie ein Veranstaltungsverbot.
Nächtigungen dürfen nicht mehr für touristische Zwecke angeboten werden und Gastronomiebetriebe dürften nur noch Speisen zum Mitnehmen oder Lieferdienste anbieten. Die Regierung wird 80 Prozent des Einnahmenentfalls - die Bassis dafür sind die Umsätze des Vorjahres - kompensieren. Der November ist im Tourismus allerdings ohnehin ein sehr schwaches Monat. Im Vorjahr entfielen von den 152 Millionen Nächtigungen in Österreich lediglich 5,3 Millionen - also etwa 3,5 Prozent - auf den November.
Es gibt eine Ausgangsbeschränkung zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr, die jedoch mehr ein Besuchsverbot ist. Zur Versorgung anderer Personen, zum Gang mit dem Hund, für die Fahrt zur Arbeit oder auch für eine spätabendliche Laufrunde gibt es kein Verbot. Private Treffen nach 20:00 Uhr sind allerdings untersagt und werden auch sanktioniert. Personen, die sich nach 20:00 Uhr in Parks treffen werden, wie Innenminister Karl Nehammer betont, angezeigt. Ebenso wie Gastronomen, die ihr Lokal öffnen - auch für geschlossene Gruppen.
Veranstaltungen werden ausgesetzt. Theater, Kinos, Museen, Schwimmbäder etc. werden geschlossen.
Mannschaftssport im Amateurbereich ist für den November untersagt. Die Sportanlagen bleiben jedoch für Einzelsport geöffnet.
Die Österreicher sind zudem aufgefordert, nach Möglichkeit von zuhause aus zu arbeiten.
Neues Hilfspaket
Noch bevor die Details zu den Maßnahmen ihre Dauer bekanntgegeben wurden haben Finanzminister Gernot Blümel und Vizekanzler Werner Kogler versichert, dass ein neues Hilfspaket erarbeitet wird, um Schaden vonder Wirtschaft weitgehend abzuwenden. Der Erhalt von Arbeitsplätzen und das Überleben von Unternehmen hat dabei für die Regierung oberste Priorität.
"Wir müssen alles daransetzen, Menschenleben zu retten und gleichzeitig auch wirtschaftliche Existenzen zu sichern", meinte Blümel. Die Disziplin der kommenden Wochen reduziere den langfristigen Schaden für den Standort. Bestimmten Wirtschaftszweigen und Betrieben werde viel mehr als anderen abverlangt, erinnerte Kogler. "Deshalb braucht es auch besondere Unterstützung für diese Branchen", so Kogler, "wir werden rasch und unbürokratisch die Hilfsmaßnahmen ausweiten".
"Wir sind rund um die Uhr in Gesprächen und Verhandlungen mit der EU-Kommission", versicherte Blümel. "Brüssel darf jetzt nicht mit strengen Regeln dringend notwendige Wirtschaftshilfen blockieren", forderte er.
Die telefonische Krankschreibung, die derzeit nur noch bei Corona-Verdacht möglich war, kehrt bis Ende März wieder, nachdem sich am Freitag Dienstgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse darauf verständigt haben.
AMS bereitet sich vor
Das Arbeitsmarktservice (AMS) und das Arbeitsministerium stellen sich angesichts der erwarteten Maßnahmen auf einen erneuten Anstieg der Arbeitslosen- und Kurzarbeitszahlen ein. "Die gesundheitliche Entwicklung wird ausschlaggebend dafür sein, wie gut der Arbeitsmarkt durch den Winter kommt", heißt es dazu aus dem Arbeitsministerium.
Während des ersten Corona-Lockdown im März und April schossen die Arbeitslosenzahlen auf ein Rekordhoch seit 1945. Mitte April waren 588.000 Personen in Österreich ohne Job. Zuletzt gab es 416.000 Arbeitslose und AMS-Schulungsteilnehmer. IHS-Chef Martin Kocher schließt nicht aus, dass die Zahl der Arbeitslosen in Österreich bis Jahresende wieder auf über 500.000 steigt. "Wir werden in die Richtung kommen und möglicherweise knapp drüber", meint der Ökonom.
Noch bis Ende März 2021 läuft die Phase 3 der Corona-Kurzarbeit. Der Rahmen an verrechenbaren Ausfallstunden liegt seitdem bei 20 bis maximal 70 Prozent der Normalarbeitszeit vor Kurzarbeit. Für besonders betroffene Unternehmen - etwa in der Stadthotellerie, Luftfahrt oder Veranstaltungsbranche - kann eine höhere Reduktion der Arbeitszeit bis zu 90 Prozent genehmigt werden.