Caritas-Präsident Landau: "Arbeitslosen-Politik ist zum Schämen"

Caritas-Präsident Michael Landau kritisiert die Arbeitslosen-Politik der Regierung und appelliert an die politisch Verantwortlichen, erwerbslose Menschen in der Öffentlichkeit nicht weiter zu diffamieren.

Caritas-Präsident Michael Landau

Caritas-Präsident Michael Landau findet die Kälte der Regierung gegenüber Arbeitslosen beschämend.

"Die Art und Weise wie in den vergangenen Wochen und Monaten in der Politik vielfach von arbeitslosen Menschen gesprochen wurde, ist zum Schämen", erklärte Caritas-Präsident Michael Landau im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz von Caritas, AMS und WIFO.

"Durchschummler" seien jene in der Politik, die strukturellen Probleme leugnen und die Schuld allein den Betroffenen zuschreiben wollen. Landau geht es geht darum, möglichst allen Menschen zu ihrem Menschenrecht auf Arbeit zu verhelfen.

Der Caritas-Präsident forderte erneut eine rechtskonforme Regelung bei der Mindestsicherung. Zudem warnte er vor einem Hartz-IV-Modell durch die Hintertüre: "Das Ende der Notstandshilfe würde ohne eine entsprechende Alternative mehr Armut, mehr Ungerechtigkeit, weniger Zukunftschancen und einen wachsenden Niedriglohnsektor zur Folge haben." Anstatt dabei und bei der Integration zu sparen, sollten die politisch Verantwortlichen nochmals eine Nachdenkpause einlegen. "Als Caritas warnen wir vor der Schaffung eines Hartz-IV-Modells in Österreich", sagte er.

WIFO-Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer betonte, dass trotz des Wirtschaftsaufschwungs und einer Entspannung am Arbeitsmarkt die Arbeitslosigkeit weiterhin hoch sei. Es bleibe daher Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik, einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Die Beratung und Vermittlung durch das AMS spielten dabei eine große Rolle.

Wiens AMS-Chefin Petra Draxl verwies in ihrem Statement auf die Wichtigkeit niederschwelliger Jobprojekte: "Je länger Arbeitslosigkeit anhält, desto schwieriger wird es für die Betroffenen, wieder auf dem Jobmarkt Fuß zu fassen."

Europaweit steigende Langzeitarbeitslosigkeit

Die ÖVP/FPÖ-Bundesregierung beabsichtigt unter anderem die Notstandshilfe für Langzeitarbeitslose zu streichen und die Betroffenen in die Mindestsicherung abzuschieben. Nach AMS-Definition sind das Menschen, die über ein Jahr durchgehend und ohne längere Unterbrechung, also auch nicht durch Schulungen, arbeitslos vorgemerkt sind. Davon betroffen sind vor allem ältere Arbeitskräfte, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Geringqualifizierte.

Europas Langzeitsarbeitslosigkeit wird von europäischen Statistikamt EUROSTAT ermittelt. Für europäische Vergleiche wird als
langzeitarbeitslos gezählt, wer bei der Arbeitskräfteerhebung, die in Form einer Befragung in Österreich von der Statistik Austria durchgeführt wird, angibt, arbeitslos zu sein und bereits länger als ein Jahr nach einer Arbeitsstelle zu suchen.

Die Langzeitarbeitslosigkeit bereitet den politischen Entscheidungsträgern besondere Sorgen. Neben ihren finanziellen und sozialen Auswirkungen auf das persönliche Leben beeinträchtigt sie den sozialen Zusammenhalt und kann letztlich auch das Wirtschaftswachstum bremsen.

Auf EU-Ebene war gut die Hälfte (53,6 %) der Arbeitslosen weniger als ein Jahr arbeitslos, was bedeutet, dass 46,4 Prozent aller Arbeitslosen der problematischen Gruppe der Langzeitarbeitslosen zuzurechnen ist. Hinter diesem Durchschnittswert verbergen sich aber große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. In Schweden, Dänemark, Finnland und Großbritannien ist der Anteil am geringsten, in Griechenland liegt er bei 72 Prozent, in der Slowakei, in Bulgarien und Italien jeweils bei rund 60 Prozent der Arbeitslosen.

Langzeitarbeitslose; Anteil nach Merkmalen (Basis: Ende November 2015) Für eine vergrößerte Darstellung auf die Abbildung klicken.

Langzeitarbeitslose; Anteil nach Merkmalen (Basis: Ende November 2015) Für eine vergrößerte Darstellung auf die Abbildung klicken.

Ein vom AMS im Jahr 2015 erstelter Vergleich nach ausgewählten persönlichen Merkmalen zeigt, dass der Anteil der Langzeitbeschäftigungslosen unter Männern (34,2%) etwas höher ist als unter Frauen (28,4%). Er deutet zudem auf ein vergleichsweise hohes Risiko einer dauerhaften Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt für Menschen mit integrationshemmenden Merkmalen wie einem höheren Erwerbsalter, einer gesundheitlichen Einschränkung und einem niedrigen Ausbildungsniveau hin.

Ein zentrales Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik, Langzeitarbeitslosen die Rückkehr in Beschäftigung zu erleichtern, ist die Eingliederungsbeihilfe: ein Zuschuss zu den Lohnkosten, der Arbeitgebern ausbezahlt wird, wenn sie vorgemerkte arbeitslose Personen ab 45 Jahren, langzeitarbeitslose oder akut von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohte Personen einstellen. Arbeitslose Personen mit geringer Aussicht auf eine direkte Wiedereingliederung in den regulären Arbeitsmarkt erhalten in sozialökonomischen Betrieben und gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten einen Transitarbeitsplatz und dazu oft Qualifizierung und sozialpädagogische Betreuung mit dem Ziel, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern.

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