Budget 2021: Blümels teure Antwort auf die Krise
Finanzminister Gernot Blümel hat das Budget für 2021 vorgelegt. Die Krisenkosten liegen demnach am "oberen Ende der Expertenschätzungen". Die Steuerreform 2022 soll planmäßig kommen, Details dazu fehlen jedoch in Blümels Vorlage zum Staatshaushalt.
Finanzminister Gernot Blümel präsentiert das Budget 2021
Finanzminister Gernot Blümel hat das Budget 2021 vorgelegt. Wie bereits vorab berichtet muss er tief in die Taschen greifen und das Staatskonto kräftig überziehen.
Das Defizit wird im nächsten Jahr bei 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen, nach einem Defizit von 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020. Die Corona-Krise reißt somit ein 21-Milliarden-Euro-Loch in den Staatshaushalt. "Die budgetäre Antwort auf die Covid-Krise ist teuer, aber wir können sie uns leisten", beruhigt der Finanzminister.
Staatsschulden steigen
Das Maastricht-Kriterium von maximal drei Prozent Budgetdefizit ist damit einmal in weiter Ferne und dürfte auch 2022 noch nicht erreicht werden. Blümel kalkuliert in dem Jahr noch mit einem Defizit von 3,5 Prozent. Die Drei-Prozent-Grenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (-1,9 Prozent) wieder unterschritten.
Die Staatsschulden werden Corona-bedingt schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent des BIP steigen, 2021 auf 84,8 steigen, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und bis zum Ende der Legislaturperiode nur unwesentlich auf 82,9 Prozent sinken.
Bedenken wegen der steigenden Staatsschulden räumt der Finanzminister dabei allerdings aus. Blümel verweist auf die anhaltend niedrigen Zinsen. Außerdem werde der Schuldenabbau nach der Corona-Krise schneller gehen als nach der Finanzkrise: "Wir gehen davon aus, dass wir nach dieser Krise nicht wieder zehn Jahre brauchen, um von den Schulden herunterzukommen."
Neue Steuern brauche es dafür nicht, meinte Blümel: "Man kann es mit einer soliden Haushaltspolitik machen, mit einem guten standortpolitischen Mix, der zu Wachstum führt." Initiativen dazu setzt Blümel mit dem neuen Budget.
50 Milliarden für Corona
Für die Bewältigung der Coronakrise stehen heuer und im kommenden Jahr 50 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind allerdings Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen im Milliardenhöhe rechnet: Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Milliarden Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Milliarden Euro) zu 30 Prozent schlagend werden.
Grundlage des Budgets ist die jüngste WIFO-Prognose, die nach einer historischen Rezession (- 6,8 Prozent) für kommendes Jahr wieder ein Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent sieht. Die größte Unsicherheit dabei ist die weitere Entwicklung der Pandemie und des Wintertourismus. Die Abhängigkeit vom Tourismus ist, betont Blümel, in Österreich so stark wie in wenigen anderen EU-Ländern. Daher müsse die Regierung möglichst alles tun, um die Infektionszahlen runter und die Reisewarnungen wegzubekommen, so Blümel. Gerüchte über einen weiteren Lockdown wies der Finanzminister zurück: "Es ist kein Lockdown geplant, das ist ein Faktum".
Steuerreform 2022
An der von der ÖVP und den Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel festhalten, ebenso an der Abschaffung der "kalten Progression". "Beides ist ein Thema. Ich hoffe, dass wir es so hinbekommen, wir wie es geplant haben", betonte Blümel vor Journalisten. Im Budget ist beides aber ebenso wenig abgebildet, wie der für 2021 angekündigte Einstieg in die Ökologisierung des Steuersystems. "Die Verhandlungen laufen noch", so Blümel.
Durch die Coronakrise hätten sich einige im Regierungsprogramm vorgesehen Maßnahmen etwas verzögert, dafür habe man die erste Etappe der Steuerreform - die Senkung des Eingangssteuersatzes - vorgezogen. "Die weitere Senkung der Einkommensteuer-Stufen ist im Regierungsprogramm drinnen, wird kommen, ist aber noch nicht beschlossen und daher nicht budgetiert." Und die erste Etappe der Ökosteuerreform könnte aus Blümels Sicht auch aufkommensneutral ausfallen.
Sonderbudget für den Arbeitsmarkt
Oberste Priorität hat kommt aktuell dem Arbeitsmarkt zu. Für die Bereiche Arbeit und Beschäftigung sind daher für 2020 und 2021 in Summe 29 Milliarden Euro reserviert. Damit sollen zigtausende Arbeitsplätze gesichert und Perspektiven für die Zeit nach der Krise geschaffen werden.
Gegenüber dem Budgetplan vor "Corona" um 2,7 Milliarden Euro aufgestockt wird das Arbeitsmarktbudget. Bis zum Jahr 2022 sind nun insgesamt 700 Millionen Euro für Qualifikationsmaßnahmen ("Arbeitsstiftung") vorgesehen. Allein für die Corona-Kurzarbeit werden, nach 6,8 Milliarden Euro im Jahr 2020, für das Jahr 2021 weitere 1,5 Milliarden Euro eingeplant. Damit befinde man sich zwar am "oberen Ende der Expertenschätzungen", räumte Blümel ein, aber: "Alles andere wäre aus budgetärer Sicht nicht sehr sachlich."
Die für 2021 erwartete Pleitewelle hofft Blümel durch den bereits beschlossenen "Verlustrücktrag" abwenden zu können. Der könnte aus seiner Sicht dazu führen, dass vielen Unternehmen die wegen der Coronakrise gestundeten Steuern gänzlich erlassen werden, wenn sie die entsprechenden Verluste gegenrechnen. "Wir hoffen, dadurch einen Großteil der Insolvenzen und der Pleiten verhindern zu können." Beim Fixkostenzuschuss will Blümel weiter mit der EU-Kommission verhandeln, um eine höhere Fördersumme (aktuell maximal drei Millionen Euro) oder eine höhere Deckelung auch für größere Unternehmen (aktuell 70 Prozent) zu erreichen.
Budget-Aufstockungen
Mehr Geld gibt es für die Ressorts Verteidigung, Verkehr- und Umwelt sowie Bildung. Im Ressort von Bildungsminister Heinz Faßmann sind unter anderem zusätzlich knapp 1,2 Milliarden Euro für die Universitäten von 2022 bis 2024 vorgesehen. Das Budget für Vizekanzler Werner Kogler steigt ebenfalls stark - vor allem dank des 365 Millionen Euro NPO-Fonds.
Großzügig bedacht wird das Ressort von Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore-Gewessler. "Mit dem neuen ÖBB-Rahmenplan bringen wir das größte Bahnpaket auf Schiene, das die Republik je gesehen hat. Mehr als 17 Milliarden Euro für Bahnprojekte im ganzen Land sind eine Ansage im Kampf gegen die Klimakrise", zeigte sich Gewessler nach dem Beschluss im Ministerrat erfreut. Mehr Geld gibt es auch im Budgetkapitel Klima, Umwelt und Energie. Für die Sanierungsoffensive und "Raus aus Öl" werden 350 Millionen Euro bereitgestellt, 110 Millionen für Umweltförderung und 61,5 Millionen für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Polizei, Bundesheer und Justiz erhalten auch mehr Geld. Das Innenministerium bekommt neun Millionen Euro für Infrastruktur und 21 Millionen für den Ausbau der Cybersicherheit. Die Justiz kann 61,4 Millionen in die dringend benötigte Personalaufstockung sowie für das Maßnahmenpaket gegen Hass im Netz investieren. Das Bundesheer erhält Mittel für Investitionen in den Bereichen ABC-Abwehr, Sanitätsdienst, Terrorbekämpfung und Katastrophenschutz (je 25 Millionen Euro pro Bereich und Jahr). Weitere 70 Millionen sind zur Stärkung der Miliz vorgesehen.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober erhält zudem ein Snonderbudget von 120 Millionen Euro für den Ankauf eines Corona-Impfstoffes.
WIFO-Chef Badelt: "Vieles nicht ausgegoren"
WIFO-Chef Christoph Badelt analysierte das auf der Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts basierende Budget kurz. Es bilde seiner Einschätzung nach die von der Regierung ergriffenen Covid-Maßnahmen gut ab. Badelt kritisierte jedoch, dass weder das Budget noch der neue Finanzrahmen darüber hinaus gehenden Schwerpunkte erkennen lassen. So seien 2021 etwa 90 Millionen zusätzlich für die Pflege budgetiert, aber keine grundlegende Pflegereform, die unzweifelhaft kommen müsse.
Das hohe Defizit überrascht den Ökonomen nicht. Er befindet dieses angesichts der Krisensituation auch "für gut und notwendig". Dass die Steuerreform noch nicht im Budget eingepreist ist lässt Badelt den Schluss ziehen, "dass es keine entsprechenden Beschlüsse gibt." Bei der geplanten Steuerreform wurde zwar der erste Schritt mit der Absenkung des Eingangssteuersatzes gesetzt, aber es sei nicht ersichtlich, wie es weitergehe. Badelt: "Vieles scheine noch nicht ausgegoren zu sein. Das ist bemerkenswert."
"Das kann daran liegen, dass die Energie gefehlt hat." Vielleicht sei die Politik durch die Bekämpfung der Pandemie überlastet gewesen, "es wäre aber interessant zu wissen, wie es weiter geht". "Was sind die Pläne für die Steuerreform, im Pflegebereich, beim Klimaschutz? Wir Ökonomen sagen, das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Beim vorliegenden Budget sieht man, wie die Politik mit der Krise umgeht, aber nicht was darüber hinaus geplant ist."
Vieles scheint noch nicht ausgegoren zu sein. Das ist bemerkenswert.
Christoph Badelt
Leiter Institut für Wirtschaftsforschung
So sei auch nicht erkennbar, wie man die bis 2023 vorgesehene Absenkung des Defizits auf unter drei Prozent erreichen wolle, wenn gleichzeitig andere Vorhaben, wie zum Beispiel eine ökosoziale Abgabenreform, mehr Geld für Pflege und Umweltschutz, etc. umgesetzt werden sollen. Auch die anstehenden Themen im Finanzausgleich sind noch offen. "Über die politischen Diskussionen in der Postcorona-Zeit sagt das Budget nichts. Irgendwann wird man aber mehr sehen müssen", mahnt der Wifo-Chef.
Und er nennt ein weiteres Beispiel: So habe man höhere Beiträge für die Pensionsversicherung eingepreist, um die kurzfristigen Ausfälle zu ersetzen. Der Finanzrahmen sage aber nichts darüber aus, wie es danach aussehen soll. "Hofft man, dass es sich von selbst erholt oder will man Maßnahmen setzen? Diese Frage ist völlig offen", so Badelt.
Der Finanzminister habe sich auf Covid konzentriert und das ordentlich dargestellt. Es sei gut, dass man sieht, wie mit der Coronakrise umgegangen werde, "aber es ist nicht mehr und nicht weniger", zeichnete Badelt ein "ambivalentes Bild". Dass es für die Hochschulen, Justiz und Militär mehr Geld geben wird, "sind notwendige Dinge, aber irgendwann muss man das Gesamtbild sehen".