Grasser-Prozess - Erklärungsnot bei Extra-Honorar von 200.000 Euro
Wien/Linz (APA) - Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und Andere ist heute der angeklagte Ex-Manager der Raiffeisen Leasing bei der Einvernahme ins Schwimmen gekommen, als er versuchte, das 200.000 Euro hohe Extra-Honorar für die Porr Solutions zu erklären. Laut Anklage war es Schmiergeld für Grasser, damit er der Einmietung der Finanz in den Linzer Büroturm zustimme.
Grasser und die anderen Beschuldigten bestreiten, dass rund um den für die Errichter des Projekts lukrativen Mietvertrag Schmiergeld geflossen sei. Errichtet wurde der Büroturm "Terminal Tower" beim Linzer Bahnhof von einem Konsortium aus dem Baukonzern Porr, der Raiffeisenlandesbank OÖ (RLB OÖ) und der Raiffeisen Leasing.
Aus der gemeinsamen Projektgesellschaft wurden 200.000 Euro an die Porr Solutions, eine Porr-Tochtergesellschaft, überwiesen. Der angeklagte damalige Projektmanager der Raiffeisen Leasing, dessen Namen die APA aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht nennt, machte heute in der Befragung durch Richterin Marion Hohenecker widersprüchliche Angaben. Ginge es nach ihm, würde die Rechnung heute immer noch unbezahlt am Tisch liegen, meinte er. Kurz darauf sagte er allerdings, er sei von der Leistung hinter der Rechnung "überzeugt" worden, daraufhin habe er sie zur Zahlung freigegeben - was die Richterin sichtlich entnervte: "Jetzt müssen Sie sich irgendwann entscheiden", meinte sie zum Angeklagten.
Die Gegenleistung der Porr Solutions für die 200.000 Euro sei die "Strukturierung der Finanzierung" gewesen, so der Angeklagte. Die Porr habe nämlich mit der RLB OÖ verhandelt und bessere Finanzierungsbedingungen für das Projekt herausgeholt. Allerdings war die RLB OÖ ja selber einer drei Projektpartner und es war bereits zu Beginn vereinbart worden, dass die RLB OÖ die Finanzierung des Projekts übernehme, hielt die Richterin dem Angeklagten vor. Wie hätte dann ein Porr Solutions-Manager bei der RLB OÖ günstigere Konditionen erreichen sollen? Mit welchen Konkurrenzangeboten hätte er die RLB OÖ, die ja selber Projektpartner war, irgendwie unter Druck setzen können? Diese Fragen blieben letztlich offen, auch wenn sich der Angeklagte sichtlich bemühte, alles zu erklären.
Er habe sich das erst "im Nachhinein zusammengereimt", meinte der Angeklagte einmal. Denn der Baukonzern Porr hatte als Generalunternehmer schon "viel Geld" aus dem Generalunternehmer-Zuschlag erhalten, wo für ihn zunächst klar gewesen sei, dass davon Honorare zum Großteil gedeckt seien. Im Nachhinein sei ihm dann klar geworden, dass für Mehrleistungen auch entsprechend zu zahlen gewesen sei.
Diese Mehrleistung der Porr Solutions habe - laut Berechnungen eines andern Angeklagten - dem Projekt einen Mehrertrag von 40.000 bis 90.000 Euro gebracht, hielt die Richterin dem Angeklagten vor. Wenn das Projekt noch länger behalten worden wäre, hätte man noch mehr Gewinn aus der "Optimierung der Finanzierung" gezogen, konterte der Angeklagte. Allerdings sei es dann bald an die RLB OÖ verkauft worden. Außerdem sei bei einem Gesamt-Finanzierungsvolumen von "52, 53 Millionen Euro" der Betrag von 200.000 Euro kaum ins Gewicht gefallen.