Erstes OLG-Urteil zu Alpine-Anleihen: BAWAG blitzte mit Berufung ab

Wien/Wals - In der Causa um Anleihen des Pleite-Baukonzerns Alpine liegt das erste inhaltliche Urteil einer Berufungsinstanz vor. Das OLG Wien ließ die BAWAG mit ihrer Berufung gegen einen erstinstanzlichen Entscheid abblitzen. Die BAWAG-Beraterin hätte die Kläger über das Risiko der Alpine-Anleihe informieren müssen. Der Warnhinweis über ein "höheres Risiko" als im Anlegerprofil angegeben tut nichts zur Sache.

Für den Anwalt der Kläger, Michael Poduschka, nimmt das Oberlandesgericht (OLG) Wien in seinem Urteil "ganz klar eine Aufwertung des einzelnen Bankberaters vor, da dessen Aussagen mehr wiegen als das Kleingedruckte in Auftragsbestätigungen und Vertragsformularen."

Der Prozess drehte sich, wie so viele Verhandlungen zu verlustträchtigen Finanzprodukten, um Irrtum. Die Anleger brachten vor, dass sie den 2010 emittierten Alpine-Bond nicht gezeichnet hätten, wenn sie über die Verlustgefahr ausreichend aufgeklärt worden wären.

Vor Gericht kamen sie damit klar durch: Die Aufklärung hätte durch die BAWAG-Beraterin, bei der die Kläger schon zehn Jahre lang Kunden waren, erfolgen müssen. Laut Erst- und nun auch Oberlandesgericht war es OK, dass sie die Kaufauftragsbestätigung inklusive Warnhinweis nicht gelesen haben.

"Das Wertpapier-Geschäft weist ein höheres Risiko auf, als Ihr Anlageprofil ergeben hat. Das Geschäft wird/wurde von Ihnen trotz Warnung auf eigenes Risiko durchgeführt", hieß es im Kaufauftrag. Dazu das OLG: "Dass die Kläger sich den Kaufauftrag nicht durchlasen, ist durchaus lebensnah, war doch ... schon zehn Jahre lang die Beraterin. Die Kläger durften aufgrund der jahrelangen Betreuung durch die Beraterin davon ausgehen, von dieser die wesentlichen Informationen (wozu jene über das Risiko gehört) mündlich zu erhalten."

Die BAWAG hatte eingewandt, sie halte es für "vollkommen denkunmöglich und lebensfremd", dass ein Wertpapierauftrag über 20.000 Euro unterfertigt wird, "ohne diesen zumindest überblicksartig durchzusehen". Darin irrt die Bank aber laut OLG. "Wird dem Berater vertraut, so leisten viele Menschen einfach die Unterschrift, ohne sich auch nur kurz das Schriftstück anzusehen; sie fragen z. B. nur, wo sie unterfertigen müssen", befand das Gericht (1 R 103/15x).

Auf ein Mitverschulden der Kläger an der Entstehung des Irrtums kommt es dem Berufungsgericht zufolge nicht an. Daher sei es irrelevant, ob die Kläger den Wertpapierauftrag jemals durchlasen. "Hinzu kommt, dass ein 'Entdecken' des Warnhinweises nach Erteilung und Durchführung des Kaufauftrages ohnehin nichts mehr ändern hätte können."

Nach Ansicht der OLG-Richterin war das Verhalten der BAWAG-Beraterin "adäquat ursächlich" für die Kaufentscheidung. Dass die Alpine-Anleihe ein höheres Risiko aufweist als jenes, das die Kläger in ihren Anlegerprofilen erklärten, einzugehen bereit zu sein - da hatten sie "mittleres Risiko" angegeben -, sei eine "ganz zentrale Information". Die Bankangestellte hätte ihren Kunden das sagen müssen.

Das Oberlandesgericht hat die ordentliche Revision nicht zugelassen. Die BAWAG könnte daher lediglich eine außerordentliche Revision einlegen. Eine solche wird vom Obersten Gerichtshof (OGH) nur dann zugelassen, wenn es eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliegt.

Die BAWAG hat noch nicht entschieden, "ob gegen das Urteil vorgegangen wird", wie eine Sprecherin der APA auf Anfrage mitteilte. "Wir haben das Urteil des OLG Wien vorerst zur Kenntnis genommen, es handelt sich dabei um eine Einzelfallentscheidung zur Beratungsleistung. "

Die im Sommer 2013 spektakulär in die Pleite geschlitterte Salzburger Baufirma Alpine hat in den Jahren 2010 bis 2012 drei Anleihen in Höhe von insgesamt 290 Mio. Euro begeben. Der Bond wurde von österreichischen Banken in großem Stil auch an Kleinanleger vertrieben. Zum Zeitpunkt der Emissionen war der Baukonzern bereits in finanzieller Schieflage, wie sich später herausstellte. Rund 7.000 Privatanleger schauen nun durch die Finger. Es laufen zahlreiche Klagen gegen Banken. Zum einen richten sich diese gegen Geldhäuser, die die Papiere nur verkauft haben, zum anderen gegen Banken, die die Emission begleitet haben und teils gleichzeitig an Kunden vertrieben haben. Der Vorwurf: Die Geldhäuser hätten über die kritische Lage des Baukonzerns Bescheid wissen müssen. Daneben läuft im Fall Alpine seit längerem auch ein Strafverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen mehr als zwei Dutzend Personen u. a. wegen schweren Betrugs, Bilanzfälschung, Untreue und Bestechung von Amtsträgern.

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