Unterschiedliche Sichtweisen zu Inflation und Zinsen in EZB
Unterschiedliche Sichtweisen zu Inflation und Zinsen in EZB
Im obersten Führungszirkel der Europäischen Zentralbank (EZB) herrschen unterschiedliche Sichtweisen zur Inflationsdynamik und den daraus folgenden geldpolitischen Schritten. EZB-Chefökonom Philip Lane riet zwar, die Lohnentwicklung im Euro-Raum als voraussichtlich wichtigem Inflationstreiber in den nächsten Jahren im Auge zu behalten. Eine grundsätzliche Änderung der Lohndynamik sei aber nicht zu sehen, schrieb er in einem Blogbeitrag.
Dagegen hatte seine Direktoriumskollegin Schnabel in einer Rede am Donnerstag davor gewarnt, sich bei dem Thema zurückzulehnen. Aktuell sei das Lohnwachstum bereits recht schnell. Die EZB müsse eine Lohn-Preis-Spirale bereits im Vorfeld verhindern. Sie könne nicht warten, bis diese bereits eingetreten sei und dann erst reagieren.
Schon am Montag hatte EZB-Chefvolkswirt Lane in einem Interview erläutert, es gebe immer weniger Argumente für einen erneuten sehr großen Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte im Dezember. Die Plattform dafür sei nicht mehr vorhanden. Je mehr die EZB bereits getan habe, desto weniger müsse sie noch unternehmen. Ganz anders dagegen argumentierte Schnabel: Vorliegende Daten deuteten darauf hin, dass der Spielraum für eine Verlangsamung der Zinserhöhungen begrenzt bleibe.
Damit tritt wenige Wochen vor der letzten Zinssitzung des Jahres die unterschiedlichen Einschätzungen der Währungshüter offen zu Tage. Die EZB hatte nach ihrer Oktober-Sitzung für das Treffen am 15. Dezember weitere Zinsanhebungen in Aussicht gestellt.