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Verzetnitsch löste 1987 nach über 20 Jahren Anton Benya an der Spitze des Gewerkschaftsbundes ab. Mit dem damals erst 42-Jährigen wurde damit ein Generationenwechsel vollzogen.
Verzetnitsch galt im ÖGB lange als eher schwacher Präsident, der nur auf seinen Posten kam, weil sich die großen Player in der Gewerkschaft gegenseitig blockierten. Erst mit den auch auf der Straße ausgetragenen Protesten gegen die Sozialpolitik von Schwarz-Blau Anfang des neuen Jahrtausends erlangte der Gewerkschaftschef, der bis dahin das Image des Zauderers hatte, neues Gewicht. International hatte er sich längst ein neues Spielfeld geschaffen, diente er doch ein Jahrzehnt lang als Präsident des internationalen Gewerkschaftsbunds.
Zu Ende ging seine Karriere unrühmlich, als der BAWAG-Skandal aufflog. Mit seinem Wissen aber ohne jenes der Gremien wurden Haftungen zur Rettung der Bank übernommen und damit der legendäre Streikfonds des Gewerkschaftsbunds aufs Spiel gesetzt. Als die Sache hoch ging und der ÖGB ins nicht nur finanzielle Chaos stürzte, musste Verzetnisch eher unfreiwillig den Hut nehmen. Sein Nachfolger Rudolf Hundstorfer entließ ihn sogar aus dem ÖGB. Verzetnitsch ging dagegen vor Gericht, scheiterte aber.
Die politische Karriere des gelernten Installateurs war damit nach fast 20 Jahren im Präsidentenamt und ebenso langer Zeit im Nationalrat zu Ende. Einer Schuld war sich Verzetntisch, der schon davor wegen seines Penthouses in der Wiener Innenstadt immer wieder einmal in der Kritik gestanden war, nicht bewusst. Auch wenn die Gewerkschafter nie mehr mit ihm warm wurden, ließ er keine größere Veranstaltung des ÖGB aus, zuletzt sah man ihn in den hinteren Reihen beim Bundeskongress im vergangenen Jahr.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian würdigte Verzetnitsch am Donnerstag als "überzeugten Gewerkschafter". Er habe stets das Gemeinsame über das Trennende gestellt und in schwierigen Zeiten die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und den Erhalt der Demokratie in Österreich verteidigt. SPÖ-Chef Andreas Babler betonte Verzetnitschs Bemühen, stets eine vermittelnde und einigende Funktion zu übernehmen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sah einen "aufrechten Gewerkschafter", der immer für die Menschen da gewesen sei.
Seitens der Wirtschaftskammer erklärten Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf: "Mit ihm gemeinsam konnte die Sozialpartnerschaft bessere Chancen und Perspektiven für die Menschen entwickeln." Verzetnitschs langjähriger Weggefährte, der ehemalige Kammerchef Christoph Leitl, nannte ihn "einen Gewerkschafter im besten Sinne, der sich durch Handschlagqualität und Loyalität ausgezeichnet hat". Ähnlich auch die Industriellenvereinigung (IV): Verzetnitsch habe sich "nicht nur als kompetenter Verhandler und unermüdlicher Vertreter für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch als stets verlässlicher Gesprächspartner für die heimische Wirtschaft erwiesen", so IV-Präsident Georg Knill und IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.
Das Nationalratspräsidium anerkannte in einer gemeinsamen Aussendung "sein lebenslanges Engagement für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern". Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nannte Verzetnitschs Arbeit "visionär".
Die Vorsitzende der Christgewerkschafter Romana Deckenbacher würdigte seine Menschlichkeit und seinen unermüdlichen Einsatz für eine gerechtere Welt. ÖVP-Klubobmann und Sozialsprecher August Wöginger unterstrich, dass Verzetnitsch als Sozialpolitiker, der für seine Sachlichkeit und ergebnisorientierte Arbeit geschätzt worden sei, in Erinnerung bleibe. Der Grüne Arbeits- und Sozialsprecher Markus Koza wiederum hob auch Verzetnitschs Tätigkeit als Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes hervor - in dieser Funktion habe er sich nicht nur für eine abgestimmte Lohnpolitik europäischer Gewerkschaften, sondern auch für eine starke europäische Sozialunion eingesetzt.