"Ich spare mir die Beschäftigung mit Geld"
In seinem neuen Roman thematisiert Bestsellerautor Daniel Glattauer die Doppelmoral unserer privilegierten Gesellschaft. Hier erklärt er, was Wohlstand für ihn bedeutet.
Daniel Glattauer, Bestsellerautor
trend:
Nach der Uraufführung ihrer Bankengroteske über die Fallnetze der Finanzwelt, "Die Liebe Geld", bei den Kammerspielen 2020 hieß es in einer Kritik: "Der Antiheld könnte Glattauers Alter Ego sein: ein schüchterner Sparer." Haben Sie eine gute Hand fürs Geld?
Daniel Glattauer:
Ja, ich bin in gewisser Weise ein Sparer -ich spare mir die Beschäftigung mit Geld. Deshalb leiste ich mir nur Dinge, die ich mir leisten kann. So geht sich's immer aus.
Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem?
Dass die "Tüchtigen" belohnt werden. Aber nicht die tüchtigen Arbeiter, sondern die tüchtigen Millionäre.
Warum heißt es hierzulande immer noch: Über Geld spricht man nicht?
Das haben die tüchtigen Millionäre erfunden.
Was haben Sie denn von zu Hause aus im Umgang mit Geld mitbekommen?
Jeder noch so geringe Kauf ist Luxus. Auf der Eskimo-Eiskarte hieß das: Himbeerlutscher um einen Schilling. Die Cornettos waren außer Reichweite wie aus einer anderen Welt.
In Ihrem neuen Roman zeichnen Sie ein sehr aktuelles Sittenbild der privilegierten Gesellschaft bis hin zum exklusiven Urlaub in der Toskana-Villa. Was bedeutet Wohlstand für Sie?:
Wohlstand heißt für mich, Lebensglück mit anderen Menschen zu teilen.
Sie sind ein seit vielen Jahren erfolgreicher Autor. Ist eine gewisse Absicherung dennoch Thema in Ihrem Leben? Und wie sieht Ihre Anlagestrategie aus?
Über meine Anlagestrategie müssen Sie mit meiner Bankbetreuerin reden. Die kennt sich da aus. Sie sagt, ich bin gut abgesichert. Das beruhigt mich. Ich hoffe, die Bank ist nicht minder gut abgesichert.
Immobilien, Gold, Kunst -was halten Sie in inflationären Zeiten für ein sinnvolles Investment?
Kunst gefällt mir am besten, da investiert man nämlich in sich selbst, und das ist immer sinnvoll. Immobilien sind höchstens lukrativ.
Alles ist teurer geworden. Wo sparen Sie derzeit?
Ich versuche, alles Überflüssige aus meinem Leben wegzubekommen. Das ist gar keine leichte Übung.
Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Jetzt denke ich schon fünf Minuten darüber nach. Habe ich mir nie etwas Verrücktes geleistet? Das sollte ich dringend nachholen.
Was halten Sie für Ihren ganz persönlichen kleinen Reichtum? Was macht ihr Leben besser?
Musik. Vorausgesetzt, ich kann sie selber wählen. Was Schöneres und ähnlich Bereicherndes gibt es für mich nicht.
Tolle Hotels, gutes Essen? Guilty Pleasures? Was investieren Sie in sich selbst?
Ja, gutes Essen ist schon was Feines. Und guter Wein dazu. Guilty Pleasure: Ich schau mir manchmal Schrottserien an wie zum Beispiel "Yellowstone".
Was würden Sie als Autor auch für viel Geld nicht machen?
Ich würde fast alles nicht machen. Zum Beispiel Werbung.
Geld ist nie nur reines Transaktionsmittel, sondern immer auch emotional aufgeladen. Haben Frauen ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer?
Ich kann nur von meiner Frau sprechen. Geld interessiert uns beide nicht. Aber wenn wir kleine schöne Dinge sehen, dann gibt es eine von uns beiden, die diese Dinge durchaus auch haben will, das ist ihr ein emotionales Bedürfnis.
Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben?
Das erste große Ding war eine Art "Fahrzeug". Ein uralter VW 1.600. Ich glaube, 3.000 Schilling hat der gekostet. Gefahren ist er selten. Aber meine Freunde haben damals gerne Autos repariert.
Und wofür würden Sie Ihren letzten Cent ausgeben?
Den würde ich mir behalten - für schlechte Zeiten.
Der Autor
Daniel Glattauer, 62, hat Pädagogik studiert, war Journalist und hat parallel dazu begonnen, Romane zu schreiben. Der Durchbruch gelang ihm dann 2006 mit dem E-Mail-Roman "Gut gegen Nordwind".
Mittlerweile werden seine Werke in 35 Sprachen übersetzt und sind auch am Theater und als Film erfolgreich. Nach längerer Pause hat der Autor, der zwischen Wien, seinem Haus im Waldviertel und dem Weingarten im Weinviertel pendelt, gerade seinen neuen Roman "Die spürst Du nicht" (Zsolnay Verlag) vorgelegt. Am Beginn steht ein exklusiver Familienurlaub, den sich die Binders und die Strobl-Marineks in einer Villa in der Toskana gönnen.

Das Interview ist der trend. edition+ Ausgabe vom März 2023 entnommen.