Ein bisschen wie Schalke 04 und Borussia Dortmund, was die Fan-Kultur anbetrifft, betriebswirtschaftlich aber erfolgreich wie Bayern München - so könnte man die Zukunftsstrategie des Wiener Traditionsvereins Sport Klub Rapid Wien auf den Punkt bringen. Der Traditionsverein will zur Premiere im neuen Stadion, das derzeit an der alten Stätte gebaut wird, auch strategisch und wirtschaftlich neu aufgestellt sein. Viel Zeit bleibt nicht: In genau einem Jahr soll die Eröffnungsfeier über die Bühne gehen.
Die Lizenzspielerabteilung, also der Profikader, wird ausgegliedert und bekommt einen eigenen Rechtsmantel. "Rapid wird eine Kapitalgesellschaft", sagt Krammer. Die Wahl wird zwischen den beiden "sinnvollsten Alternativen" GmbH oder Aktiengesellschaft (AG) fallen. "Höchstwahrscheinlich wird es eine Aktiengesellschaft - nicht börsenotiert", betont der Rapid-Präsident ausdrücklich. "Der Bedarf für Börse und Rapid ist ja gedeckt", fügt Krammer hinzu - mit dem Verweis auf das unrühmliche Abenteuer des Klubs, als dieser Anfang der 1990er Jahre an die Börse ging. Und jäh scheiterte.
Bis zur Neueröffnung des Stadions unter dem Namen "Allianz Stadion" im Juli 2016 am Platz des einstigen Gerhard-Hanappi-Stadions in Wien-Hütteldorf soll die Umstrukturierung des Verein abgeschlossen sein. Als zukünftige Vorstandmitglieder der Rapid Wien AG nennt Krammer Christoph Peschek (kaufmännischer Direktor) und Andreas Müller (Sportdirektor). Beide sind bereits in ihren Funktionen tätig.
Und Krammer selbst? "Präsident zu sein für Rapid Wien ist ein Ehrenamt", betont der als Telekom-Manager (tele.ring, One Orange) bekannt gewordene 54-Jährige. Aufgrund der neuen Rechtsform des Klubs werde er weiterhin die Fäden ziehen. Der Präsident des Klubs bleibt in exponierter Position und ist gleichzeitig als Aufsichtsratsvorsitzender Chefaufseher und Wächter der Rapid Wien AG.
Neuer Millionensponsor
Als weitere Überraschung hat der Rapid-Präsident am 22. Juni zur Mitgliederversammlung mit der Einkaufsgemeinschaft Lyoness ein neuen, finanzstarken zusätzlichen Sponsor präsentiert. Der neue Sponsor wird dem Traditionsklub in den kommenden fünf Jahren jeweils 1,8 Millionen Euro überweisen - in Summe also neun Millionen Euro. "Das wird uns neuen Spielraum für die Zukunft bringen", freut sich Krammer im Gespräch mit FORMAT.

Lyoness ist neuer Groß- und Trikotsponsor des SK Rapid Wien.
Den Namen des Sponsors haben als erste die Mitglieder erfahren: Die Einkaufsgemeinschaft Lyoness wird als neuer "Premium-Partner" Top-Sponsor von Rapid. Das Unternehmen wurde 2003 vom Österreicher Hubert Freidl in der Schweiz als Aktiengesellschaft gegründet. Lyoness ist in 47 Ländern tätig und gibt seinen Mitgliedern eine Art "Geld-zurück-Garantie" für getätigte 'Einkäufe. Lyoness ist als Vermittler zwischen Handel und Konsumenten tätig.
Lyoness erhält für den Einsatz ein umfangreiches Kommunikationspaket beim SK Rapid Wien. Neben der Trikotwerbung wird es ab Herbst eine Lyoness Cashback Card für Mitglieder des SK Rapid geben. " Neben Cashback und Shopping Points für die Kunden aus der Rapid-Familie kommen ein Prozent der damit getätigten Einkäufe bei Lyoness Partnerunternehmen der Jugendförderung des Vereins zugute.
Die Lyoness Unternehmensgruppe teilt ihre Geschäftsbereiche auf zwei Marken auf: Die Marke Lyoness umfasst Shopping Community und Loyalty-Programm. Ihre Zielgruppen sind Konsumenten, die beim Einkaufen Geld sparen (Cashback), und Händler, die ein branchen- und länderübergreifendes Kundenbindungsprogramm nutzen möchten. Die Marke Lyconet umfasst alle Network-Marketing-Aktivitäten der Unternehmensgruppe. Lyoness ist derzeit in 46 Märkten, laut Angaben des Unternehmens werden dessen Dienstleistungen aktuell von rund fünf Millionen Mitgliedern bei etwa 50.000 Partnerunternehmen genutzt.
In Österreich gibt Lyoness nicht nur Geld aus. In Graz, wo Lyoness Austria zuhause ist, wird nun gespart. Lyoness Aufsichtsratschef Andreas Werner erklärte im Rahmen der Präsentation des Sponsorvertrags mit Rapid, dass in Graz 95 der 300 Mitarbeiter abgebaut werden. Der Schnitt wurde als "zukunftsorientierte Maßnahme im Zuge der Expansion" bezeichnet. 95 Mitarbeiter wurden bereits im Rahmen des Frühwarnsystems beim AMS zur Kündigung angemeldet.
Lyoness stellt gerade sein Geschäftsmodell um. "Es werden bestimmte Funktionen künftig in den Ländergesellschaften übernommen", sagt Werner. Der Vorwurf, hinter dem Geschäftsmodell bei Lyoness würde sich ein "Pyramidenspiel" verbergen, weist der Lyoness-Manager von sich. "Es gibt bestimmte Kreise, die uns das immer wieder andichten wollen", sagt Werner dem FORMAT. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat bereits im Jahr 2012 in den Vertragsbedingungen 61 Klauseln gefunden, die gegen Gesetze verstoßen. Eine Klage wegen gesetzwidriger Klauseln in den AGB von Lyoness wurde eingereicht. Ein Urteil steht noch aus. Die Gerichte werden voraussichtlich erst 2016 ein Urteil sprechen.
Mitglieder-Werbetour
Auch bei der Mitgliederwerbung von Rapid Wien will Krammer weiter offensiv bleiben. Seit seinem Amtsantritt vor 18 Monaten hat der Verein die Zahl seiner Mitglieder bereits von 7500 auf 11.000 erhöht. Bis zur Eröffnung des neuen Stadions im Sommer 2016 sollen es 14.000 bis 15.000 sein.
Höhere Einnahmen verspricht sich Krammer im neuen Stadion außerdem von den 40 VIP-Lounges sowie mit den rund 2500 Business-VIP-Sitzen des insgesamt 24.500 Sitzplätze fassenden Stadions. "Die Nachfrage nach den Logen ist hervorragend, wir haben bereits mehr Bestellungen als wir tatsächlich anbieten können", sagt Krammer. Die Vermietung soll aber erst im Herbst erfolgen. Bis Weihnachten soll die Logenvergaben unter Dach und Fach sein.
Kongresse, Hochzeiten und Geschäfte
Ebenso wird die neue Fußball-Arena als Ganztagesbetrieb auch unter der Woche genutzt werden. Die Räume in der neuen Sportarena sollen unter der Woche vermietet werden. So können Veranstaltungen, etwa Kongresse für bis zu 2000 Personen abgehalten werden. Eine Novität ist auch die Kapelle im Stadion, die als Wedding Chapel gemietet werden kann. Im Oktober 2016 ist, wie der Präsident verrät, bereits die erste Hochzeit in dem Grün-Weißen Sacrarium gebucht.
Rapid Wien wird in der kommenden Saison einen Umsatz von 22 Millionen Euro erzielen. Mit der Teilnahme in der UEFA Euroleague, für die man sich mit den Vizemeistertitel qualifiziert hat, kommt der Klub über 30 Millionen Euro. "Wir wollen natürlich gerne bis im Frühjahr dabei, das würde sich freilich auch hervorragend auf die Zahlen niederschlagen", so Krammer. In den kommenden Jahren soll der Cashflow pro Jahr um drei Millionen Euro gesteigert werden.
Neben den Spieltagserlösen, Dauerkarten und Einzeltickets sowie Einnahmen aus Merchandising und Vermietung der Geschäftsräume im Stadion, ist die Teilnahme am internationalen Geschäft geradezu eine Notwendigkeit, um auch die Kredite des Stadionneubaus zu bedienen. Der Bau kostet Rapid immerhin 47,5 Millionen Euro, mit einer eingerechneten Reserve liegt das Gesamtbudget für das Projekt bei rund 53 Millionen Euro.
Krammer ist überzeugt, dass Rapid die Zukunft sportlich als auch finanziell stemmen wird: "Ein Stadionneubau hat bei soliden Finanzen und Budgetplanung einem Klub immer einen Schub gebracht. Und Rapid hat ein unglaubliches Potenzial - bei Fans und auch bei der Marke." Für das Geschäftliche will Krammer, der schon als Kind Rapdler war, die entsprechende Steilvorlage geben.
Rosen für schwäbischen Rapidler
Sportlich hat man sich für die kommende Saison bereits verstärkt. Zuletzt wurden unter Sportdirektor Andreas Müller auch die Scouting-Aktivitäten intensiviert. Dem Ex-Schalker und Ex-Stuttgarter Profifußballer streut Krammer Rosen: "Andreas Müller ist ein absoluter Vollprofi und passt auch zur DNA von Rapid Wien." Der 52-jährige Müller, ein gebürtiger Schwabe, wisse auch mit begrenzten Budgets sparsam zu hantieren.
Zur neuen Saison 2015/16 seien die Verpflichtungen bereits abgeschlossen. Ein Spieler vom Kaliber wie der fast 32jährige ÖFB-Nationalspieler Marc Janko, der zur Zeit wieder ohne Verein ist, dürfte bei den Hütteldorfern kein Thema sein. Er dürfte nicht in das Gehaltsschema von Rapid passen, was Krammer so jedoch nicht bestätigen wollte.
Und dennoch: Der sportliche Erfolg muss sich freilich auch einstellen. "Wir sind auf einem guten Weg und haben als Vize-Meister respektables Ergebnis erzielt", sagt Krammer. "Wir wollen unsere Devise treu bleiben und mit jungen Spielern und Nachwuchstalenten aus den eigenen Reihen eine schlagkräftige Truppe aufbauen, die regelmäßig im internationalen Wettbewerben spielt."