Lars Kornetka, das "magische Auge" von Bayern München
Er gilt als Koryphäe in der Fußball-Szene und wechselte, wie sollte es anders sein, zu Bayern München. Doch Lars Kornetka ist kein Ballzauberer wie Mario Götze, kein Trainer-Ass wie Pep Guardiola. Kornetka, der Mann mit dem "magischen Auge", seziert als Video-Analytiker die Gegner des Champions-League-Siegers damit die Hauptdarsteller ihre Kontrahenten auf der großen Bühne auseinandernehmen können.

Video-Analytiker wie Kornetka sind die "Schattenmänner" der Bundesligavereine, jeder Klub leistet sich mindestens einen von ihnen, Bayern sogar drei. In der Öffentlichkeit sagen sie so gut wie nichts, intern umso mehr: Kornetka und Co. sind die rechte Hand der Trainer - sie werden mittlerweile gehandelt wie Top-Spieler.
"Wir freuen uns", sagte Horst Heldt sarkastisch, "dass wir den Bayern und Matthias Sammer behilflich sein können." Der Manager von Schalke 04 klingt frustriert, weil er Kornetka (35) ablösefrei ziehen lassen musste. "Er filmt die Spiele und erstellt detaillierte Analysen", schrieb der FCB lapidar nach der Verpflichtung. Klingt simpel, ist es aber nicht.
Die Vorgehensweise der Taktik-Experten ist hochkomplex und im Einzelnen kaum zu skizzieren. Sie lösen jede Schraube des eigenen und gegnerischen Spielgerüsts, um anschließend eigene Werke zu konstruieren, die selbst kleinste Mängel in der ursprünglichen Statik entlarven. Aktuelle Erkenntnisse werden auf Wunsch des Trainers bereits in der Halbzeitpause präsentiert, Beamer gehören mittlerweile zur Standardausrüstung einer Bundesliga-Kabine. Umfangreichere, aufbereitete Dossiers gibt es in der Vor- und Nachbereitung.
Die Rohdaten dafür entspringen einerseits eigenen Videoaufnahmen, aber auch Spezialkameras, die in allen 36 Bundesliga-Stadion unter den Dächern hängen. Das Trackingsystem "Vis Track" der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Kooperation mit dem Daten-Dienstleister Impire zeichnet quasi alles auf: Pässe, Zweikämpfe, Laufwege, Ballkontakte, Abstände der Spieler zueinander.
Drei Video-Spezialisten
Da all dies für Bayerns neuen Trainer Guardiola "sehr wichtig" ist, wie er kürzlich betonte, arbeitet der Rekordmeister künftig mit drei Video-Spezialisten: Der bisherige Chef-Analyst Michael Niemeyer sowie die Neuzugänge Kornetka und Carles Planchart, der Guardiola bereits beim FC Barcelona zur Seite stand. "Ich benutze die Videoanalyse, um den Spielern erklären zu können, was mein Plan ist", sagt Guardiola. All das, was er vermitteln will, bekomme er "so leichter in ihre Köpfe".
In der Bundesliga hievten 1899 Hoffenheim (damals mit Kornetka), der 1. FC Köln und die Bayern (unter Jürgen Klinsmann) die Video-Analyse auf ein neues Niveau. Es entstanden ganze Labore. Bewegte Bilder in der Halbzeit soll es allerdings erstmals 2008 unter Jürgen Klopp bei Borussia Dortmund gegeben haben.
"Grau is' alle Theorie", sagte einmal Trainerlegende Alfred Preißler. Also, wie wichtig sind die Analysen? "Wir können zwar keine Tore schießen, aber diese zwei, drei Prozent Informationsvorsprung können auf dem Niveau entscheidend sein", sagt Professor Jürgen Buschmann, der mit seinem Scouting-Team an der Sporthochschule Köln die Gegner der deutschen Nationalmannschaft bei jedem großen Turnier analysiert. Mit dem legendären Satz "Entscheidend ist auf'm Platz" wird Preißler aber immer Recht behalten.