Dopingsünder Erik Zabel verliert Posten
Durch Lügen und Leugnen versuchte Erik Zabel, sein auf Betrug aufgebautes "Traumleben" im Radsport-Zirkus zu schützen, nach seinem neuerlichen Doping-Geständnis ist für den einstigen Vorzeige-Profi dort aber vermutlich kein Platz mehr.

Den Posten als Sportdirektor von zwei der wichtigsten deutschen Radrennen ist der 43-Jährige bereits los, weitere Partner könnten bald Abstand von ihm nehmen. Die ARD prüft sogar juristische Schritte gegen den Ex-Sprintstar.
"Wir haben uns am Wochenende in einem ausführlichen Gespräch mit Erik Zabel über dessen Zukunft als Sportdirektor unserer beider Veranstaltungen ausgetauscht. Darin hat er angeboten, seinen Posten niederzulegen. Wir sind diesem Angebot nachgekommen", sagte Frank Bertling, Geschäftsführer der für die Planung der Hamburg Cyclassics am und des ProRace Berlin zuständigen Organisation Upsolut Event.
Der Koblenzer Radhersteller Canyon, für den ausgerechnet Zabel als Gesicht der Initiative "Young Heroes" Nachwuchsfahrer unterstützt und motivieren soll, prüft, ob eine weitere Zusammenarbeit noch beabsichtigt ist. Das umstrittene russische Profiteam Katjuscha, für das Zabel unter anderem als Sprinttrainer tätig ist, ließ eine SID-Anfrage zunächst unbeantwortet.
Auch aus anderen Gründen könnte die Beichte Zabel teuer zu stehen kommen. Wie im Fall Jan Ullrich prüft die ARD nun auch gegen ihn juristische Schritte. Das bestätigte Sportkoordinator Axel Balkausky nach der Doping-Beichte des früheren Top-Sprinters am Montag dem SID.
"Ja, die ARD hatte damals auch eine Vereinbarung mit Erik Zabel. Auch diese prüfen wir ebenso wie die damalige Vereinbarung mit Jan Ullrich derzeit juristisch", sagte Balkausky. Es geht um die Frage, ob Sponsorengelder zurückverlangt werden können. Um welche Summe es sich handelt, teilte die ARD "aus Gründen der Vertraulichkeit" nicht mit.
In die Ecke gedrängt, hatte Zabel sechs Jahre nach seiner schauspielerischen Glanzleistung bei der ersten bruchstückhaften Beichte nachgelegt. "Epo, Cortison, dann sogar Blutdoping" gab der sechsmalige Gewinner des Grünen Trikots bei der Tour de France in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung zu: "Es ist doch eine ganze Menge."
Er, so sagte Zabel vier Tage nach seiner Entlarvung als Epo-Betrüger bei der Tour 1998, habe sich 1996 bewusst entschlossen, mit dem Dopen zu beginnen. Zunächst benutzte er das Blutdoping-Mittel Epo. Als die Nachweismethoden besser wurden, sei er wie etliche andere Fahrer umgeschwenkt - auf Eigenbluttransfusionen. "2003 habe ich vor der Tour de France eine Re-Infusion bekommen", sagte Zabel, der bei seinem tränenreichen Geständnis 2007 behauptet hatte, lediglich einmal in seiner Karriere kurz mit Epo experimentiert zu haben.
Zabels Offenbarungen erscheinen allerdings streckenweise wieder nur als die halbe Wahrheit. Fragwürdig ist vor allem seine Aussage, dass er sich bei seinen Betrügereien keines Systems bedient haben will: "Ich hatte nie einen strukturierten Dopingplan, nie dafür irgendwelche Experten um mich rum, und habe mich deshalb auch nie als Superdoper angesehen. Ich hatte nur Empfehlungen."
Der Heidelberger Molekularbiologe Werner Franke hat seine Zweifel. "Ich bin mir sicher, dass er über Dinge nicht geredet und nicht alles erzählt hat. Die haben ja alles genommen, was sie kriegen konnten", sagte Franke, der Zabels Geständnis von 2007 als "mieses Kabarett" bezeichnete.
Für sein viel zu spätes Geständnis erhielt Zabel dennoch auch reichlich Zuspruch. "Dass Erik Zabel reinen Tisch gemacht ist, ist sogar zu diesem außerordentlich späten Zeitpunkt zu begrüßen. Daran könnten sich andere auch orientieren", sagte Präsident Rudolf Scharping vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR).
Gleichzeitig kritisierte der SPD-Politiker: "Der Zeitpunkt der Offenbarungen und die Tatsache, dass Geständnisse fast immer nur scheibchenweise abgegeben werden, ist eine ungerechte und fortdauernde Belastung derer, die für den Radsport von heute stehen und mit dem Fehlverhalten der Vorgänger-Generation nichts mehr zu tun haben."
Die aktuellen Fahrer um die Top-Sprinter Marcel Kittel und John Degenkolb, deren Erfolge aufgrund der Verfehlungen der Epo-Generation seit jeher kritisch hinterfragt werden, reagierten ernüchtert. "Ich finde, es ist tendenziell ein sehr guter Schritt, der uns auch weiterbringt. Sicher ist es für ihn keine einfache Situation. Aber ich bin schon enttäuscht, dass er es nicht schon 2007 so gemacht hat", sagte Degenkolb, im Vorjahr fünfmaliger Etappensieger der Spanien-Rundfahrt.
Zabel, so erklärte er, will mit seinem Schritt an die Öffentlichkeit eben auch dieser Generation helfen. Auch aus ganz privaten Gründen. Sein Sohn Rick, bei dem Schein-Bekenntnis 2007 als emotionales Instrument benutzt, hat zur kommenden Saison seinen ersten Profivertrag unterschrieben. Für den 19-Jährigen der Start in sein Traumleben.